Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
kann man wohl sagen«, brummte der Schwarze Krieger und deutete auf die Schar der Neugierigen, die noch größer geworden war. »Zumindest habt Ihr für Aufsehen gesorgt.« Damit streckte er Aeolon auffordernd die Hand entgegen. »Gebt das Zeug schon her und dann verschwindet, damit hier endlich wieder Ruhe einkehrt.«
Der Luftflößer jedoch schüttelte den Kopf und verschränkte die Armchen vor der Brust. »Tut mir Leid, Herr«, sagte er bestimmt. »Überreiche meinen Tribut nur dem Schwarzen Fürsten höchstpersönlich! Habe es immer so gehalten – oder auch nicht.«
Als wäre sie schwerelos, schwebte Laura durch die Nacht auf die Turmspitze zu. Drei Dutzend sanft leuchtender Flatterflügler hielten sie an Armen, Beinen, Schultern und am Rücken und flatterten nun mit leisem Flügelschwirren empor. »Ich hoffe, ich bin euch nicht zu schwer«, sagte sie zu Herr Virpo, der es sich nicht hatte nehmen lassen, höchstpersönlich anzupacken. »Woher denn! So ein Persönchen wie Ihr ist für unsere Träger nicht das geringste Problem.«
Alienor erwartete Laura bereits. Als die Flatterflügler sie auf dem Turm abgesetzt hatten, schlössen sich die beiden Mädchen in die Arme.
Nachdem auch Venik auf dem Turm angekommen war, schlichen sich die drei ins Treppenhaus und steuerten auf die Kammer des Fhurhurs im obersten Stockwerk zu. Während Alienor im Flur zurückblieb, um Wache zu stehen, huschten Laura und der Junge völlig geräuschlos in das Gemach des Schwarzmagiers.
Der große Schrank mit den Zaubertränken stand noch immer an derselben Stelle, die Laura von ihrem letzten Besuch her in Erinnerung hatte: an der Wand gegenüber der Tür. Rasch trat sie darauf zu, öffnete ihn und betrachtete die Tiegel, Flaschen, Becher, Schalen, Töpfe, Glaskolben und Phiolen, die darin aufgereiht waren.
»Was suchst du hier eigentlich?«, fragte Venik verwundert.
»Das Gegenmittel, das Papa aus der Todesstarre holen wird«, entgegnete das Mädchen. »Wie ich den Schwarzen Fürsten und seinen Fhurhur kenne, haben sie ihn mit Sicherheit wieder mit dieser grausamen Folter belegt.«
Die Phiole mit der giftgrünen Flüssigkeit stand immer noch auf dem obersten Brett. Zwei Tropfen davon genügten, um das Opfer zu Stein erstarren zu lassen, obwohl es bei vollem Bewusstsein blieb. Das Fläschchen mit dem Gegenmittel hatte bei dem letzten Besuch rechts daneben gestanden. Laura griff schon danach, als sie innehielt. Oder war es die linke Seite gewesen?, kam es ihr plötzlich in den Sinn.
»Was ist?«, wunderte sich der Magier. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nein. Alles in Ordnung.« Damit griff Laura entschlossen nach dem kleinen Behälter und ließ ihn in der Tasche verschwinden.
Als Laura aus der Kammer trat, schaute Alienor sie gespannt an. »Hast du es gefunden?«
»Ja, klar.« Laura nickte. »Und jetzt schnell ins Verlies!« Alienor eilte ihnen voran, während sie die Treppe hinunterhuschten. Sie waren schon fast im Erdgeschoss angekommen, als sie sich zu Laura umdrehte. »Hoffentlich hält dieser wankelmütige Levator sein Versprechen«, sagte sie. »Sonst wird es schwierig, ungesehen über den Burghof zu kommen.«
Die Menge der Neugierigen, die sich um das Luftfloß versammelt hatte, teilte sich, und der Schwarze Fürst kam mit herrischen Schritten auf Aeolon zu.
Dem Luftflößer wurde nun unwohl zu Mute. Borboron zog ein Gesicht, als wolle er ihn auf der Stelle auffressen. Hastig verbeugte sich der Levator. »Seid mir gegrüßt, Herr«, sagte er unterwürfig.
»Du mir auch«, entgegnete der Schwarze Fürst, die Hände auf dem Rücken verschränkt.
Aeolon schwebte zur Ladefläche seines Floßes, ergriff den mitgeführten Korb und hielt ihn dem Tyrannen nach einer Verbeugung entgegen. »Hier, Herr. Der Tribut, der Euch zusteht.«
Borboron rührte sich nicht. »Und dafür stürzt du die ganze Burg in Aufruhr?«, fragte er nur. »Wegen ein paar lausigen Königsfrüchten?«
»Nun…« Der Luftflößer wurde unruhig. »Stehen Euch nun mal zu, die leckeren Früchtchen. Haben es doch so vereinbart – oder nicht?«
»Stimmt – aber du hast den fälligen Tribut doch noch nie in die Dunkle Festung gebracht«, entgegnete der Tyrann lauernd. »Weiter als bis zum Steinernen Forst hast du dich doch bislang nicht herangetraut. Was hat dich veranlasst, es diesmal anders zu machen?«
»Nun…«, antwortete Aeolon mit zitternder Stimme.
»Ja? Ich warte!«
»Ich… Äh… Ich habe…«
Wie eine angreifende Schlange schnellte
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