Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
trug ein sattelähnliches Gestell auf dem Rücken – und war dennoch alles andere als ein Pferd. Vielmehr ähnelte es einem Ochsen, obwohl die Beine viel länger und schlanker waren als die eines gewöhnlichen Rindes. Mit dem Schwanz verhielt es sich ähnlich. Die beiden Hörner jedoch schienen direkt aus der mächtigen Stirn zu wachsen. Und unterhalb seines fleischigen Maules hing ein langer Ziegenbart. Dessen Zotteln waren ebenso schwarzweiß gescheckt wie das Fell, das sich über den muskulösen Körper spannte. Grazil wie eine Gazelle trat das Tier vor den Jungen.
Laura staunte. So einen Vierbeiner hatte sie noch nie gesehen.
»Alles in Ordnung, Kraomir?« Sanft kraulte Venik das Fell des seltsamen Wesens. »Die Monster haben dir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt, nicht wahr?« Damit wandte er sich an Laura. »Kraomir fürchtet sich vor den Klauenmorks«, erklärte er. »Was auch nicht weiter verwunderlich ist. Schließlich gehören die Hornbüffel ja zu ihren bevorzugten Beutetieren, nicht wahr?«
»Die… Die Hornbüffel?«, fragte Laura gedehnt.
»Die Klauenmorks verspeisen mit Vorliebe deren Kälber – Kraomir hat Panik bekommen, als die Ungeheuer aufgetaucht sind. Er hat mich abgeworfen und sich zwischen die Bäume geflüchtet, sonst hätten die Monster mich doch niemals erwischt.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, schwang Venik sich in den Sattel. »Los, komm«, rief er dem Mädchen zu. »Oder willst du hier alleine bleiben?«
»Nicht so hastig«, rief Laura ihm zu und nestelte die Wasserflasche vom Sattelknopf. Nachdem sie sie gefüllt und Sturmwind seinen Durst gestillt hatte, kletterte sie auf den Rücken ihres Hengstes. »Wo reiten wir denn hin?«
Der Junge deutete in die Ferne. »Bevor die Ungeheuer mich überrascht haben, habe ich in dieser Richtung Rauch aufsteigen sehen.« Damit schnalzte er mit der Zunge und trieb den Hornbüffel an.
Kraomir preschte davon. Trotz seiner plumpen Gestalt war er erstaunlich schnell, sodass Sturmwind einige Galoppsprünge brauchte, um zu ihm aufzuschließen.
Seite an Seite ritten Laura und Venik dahin. Keiner von ihnen bemerkte das Wesen mit den rot glühenden Augen, das gleich einem grauen Nebelschwaden im Hain gelauert hatte. Nun sank es zu Boden und schien zu zerfließen. Doch es schlängelte sich als zuckendes Gewimmel schemenhafter Tentakel zwischen den Grashalmen dahin und folgte den beiden Reitern.
»Jaaaa!« Mit einer triumphierenden Geste deutete Syrin auf den Sehenden Kristall, der vor ihr auf dem Tisch stand. »Es hat geklappt! Seht doch, mein Gebieter, alles läuft genauso, wie ich es Euch versprochen habe! Dieses Balg vom Menschenstern hat meinen Helfer nicht entdeckt. Er wird sich an Lauras Fersen heften und sie nicht mehr aus den Augen lassen, wo immer sie sich auch hinwenden mag!«
Der Schwarze starrte auf die kindskopfgroße Kugel, in deren Innerem Laura und Venik auf ihren Reittieren zu sehen waren, die über eine grasige Ebene sprengten und von dem in irrwitziger Geschwindigkeit dahinschlängelndem Gewürm verfolgt wurden. Ein böses Lächeln huschte über das Antlitz des Tyrannen. »Ich habe nichts anderes erwartet«, beschied er ihr kühl. »Und nach den Misserfolgen, die du dir geleistet hast, will ich doch sehr hoffen, dass dein Plan aufgeht. Schließlich steht eine Menge auf dem Spiel – auch für dich!«
»Ich weiß, Herr!« Mit der rechten Krallenhand fuhr Syrin über die Kristallkugel. Das Bild in deren Innerem verblasste, bis es schließlich ganz erlosch. »Aber seid getrost – diesmal wird es uns gelingen, Laura zu vernichten. Nicht einmal das Gebot der ›Leeren Hand‹ wird sie retten. Sie bewegt sich jetzt in unserer „Welt, und auf Aventerra ist meine Macht um vieles stärker als auf dem Menschenstern.«
Die Reptilienaugen funkelten giftig gelb. »Was immer Laura auch tun und wie viel Unterstützung sie auch erfahren mag, sie wird Aventerra nicht lebend verlassen!« Die Gestaltwandlerin warf sich in die Brust, sodass das Rad der Zeit, das um ihren Schlangenhals hing, ins Baumeln geriet. Sanft legte sie Borboron die Hand auf die Schulter. »Das schwöre ich Euch bei meinem Leben, mein Gebieter!«
Während der Schwarze Fürst ihre Hand wegwischte wie ein lästiges Insekt, sagte er: »Du hast hoffentlich nicht vergessen, dass ich dich beim Wort nehmen werde, wenn du erneut versagen solltest.«
»Nein, nein, Herr, natürlich nicht.« Unterwürfig senkte die Gestaltwandlerin den Kopf. »Ich hoffe nur…« Sie brach
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