Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
ab, als fehle ihr der Mut, die restlichen Worte auszusprechen.
»Ja?« Borboron fasste sie grob unters Kinn. »Nur zu, Syrin – ich tue dir nichts!« Seine Lippen zuckten hämisch. »Jedenfalls jetzt noch nicht.«
Die Gestaltwandlerin schluckte. Trotz der Furcht, die in ihre Augen geschrieben stand, sprach sie weiter. »Ich hoffe, dass Ihr dann endlich erkennt, wer Euch und unserer gemeinsamen Sache von größerem Nutzen ist: dieser erbärmliche Wicht von Fhurhur, der sich einen Schwarzmagier schimpft und Euch zu helfen vorgibt, dabei aber kläglich versagt – oder ich, Eure untertänigste Dienerin.«
Der Schwarze Fürst erwiderte nichts. Das überlegene Grinsen, das um seine blutleeren Lippen spielte, verriet, wie sehr er die erbitterte Rivalität seiner Helfer genoss. Gab es etwas Besseres als Vasallen, die sich im Wetteifer um seine Gunst gegenseitig zu überflügeln suchten und deshalb mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Kreaturen des Lichts zu Felde zogen?
»S o kommen wir doch nicht weiter, Herr Professor.« Mit stechendem Blick musterte Kommissar Bellheim Aurelius Morgenstern, der wie versteinert hinter dem Schreibtisch seines Büros saß. Die grellen Strahlen der Nachmittagssonne schienen ihm direkt ins Gesicht und ließen es noch blasser wirken. »Wie sollen wir dieses Mädchen denn finden, wenn Sie mir nicht alles erzählen, was Sie wissen?«
»Aber das habe ich doch, Herr Kommissar«, erwiderte Aurelius ganz ruhig. »Herr Valiant und ich haben Laura Leander am Nachmittag des einundzwanzigsten Juni zum letzten Mal gesehen und sie seitdem nicht mehr zu Gesicht bekommen.« Er warf dem Sportlehrer, der wie Miss Mary und Lukas auf einem Stuhl an der Wand Platz genommen hatte, einen zustimmungsheischenden Blick zu.
Der Blonde nickte.
Aurelius Morgenstern hob wie zur Entschuldigung die Hände. »Tut mir Leid, Herr Bellheim, aber ich kann Ihnen beim besten Willen keine vernünftige Erklärung für Lauras Verschwinden liefern!«
W ie R echt der P rofessor doch hatte!
Lukas bewunderte den alten Mann, der die Nerven behielt, obwohl ihm längst klar sein musste, dass er sich in einer misslichen Lage befand. Der arme Morgenstern ist einer hungrigen Spinne ins Netz gegangen und muss ohnmächtig mit ansehen, wie sein Jäger unablässig weitere Fäden um ihn spinnt, dachte Lukas.
»Ich verstehe Sie nicht.« Der Kommissar warf dem Direktor einen lauernden Blick zu. »Sie sind doch ein intelligenter Mensch und müssten wissen, wie verdächtig Sie sich damit machen.« Als der Direktor sich jeden Kommentars enthielt, seufzte Bellheim theatralisch und schlug die Augen zur Decke. »Also gut, wie Sie wollen. Dann fasse ich den Stand unserer Ermittlungen noch mal kurz zusammen: Die überwältigende Mehrzahl der Befragten hat übereinstimmend ausgesagt, Laura Leander zuletzt während des gemeinsamen Abendessens am einundzwanzigsten Juni gesehen zu haben. Ihr Bruder Lukas…« – Er schielte in Richtung des Jungen – »… und ihre Zimmergenossin Kaja Löwenstein dagegen erklären, das Mädchen habe sich etwa eine halbe S tunde vor Mitternacht von ihnen verabschiedet und Ravenstein mit unbekanntem Ziel verlassen. Ist das richtig, junger Mann?«
Lukas nickte.
»Was allerdings im Gegensatz zu den Aussagen von Dr. Quintus Schwartz und Frau Rebekka Taxus steht. Die beiden wollen nämlich beobachtet haben, wie Laura kurz vor M itternacht in Begleitung ihres Bruders und ihrer Freundin Katharina Löwenstein das Burggebäude verließ. Was sowohl von Lukas als auch von dieser Kaja bestritten wird. Diese gaben vielmehr zu Protokoll, bei dem Mädchen in ihrer Begleitung habe es sich um…« – Er zog den Notizblock hervor, den er hinter dem Rücken gehalten hatte und warf einen schnellen Blick darauf – »… um eine gewisse Magda Schneider gehandelt, die bei diesem nächtlichen Ausflug die Kleidung von Laura Leander trug. Was Magda in der Tat bestätigt hat. Die Begründung, die sie dafür anführte, war allerdings mehr als merkwürdig.« Er sah die im Büro Versammelten der Reihe nach eindringlich an. »Angeblich hat Lukas Leander sie darum gebeten.« Der Kommissar, der gerade bei Lukas angelangt war, blieb vor ihm stehen. »Warum, Lukas? Warum hast du Magda Schneider die Kleidung deiner Schwester gebracht und sie dazu überredet, sie überzuziehen und mit dir und Kaja einen Spaziergang zum Drudensee zu machen? Und zwar ausgerechnet mitten in der Nacht?«, fragte er mit schneidender
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