Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
lassen uns doch nicht ohne Grund so lange schmoren. Der Professor weiß doch, dass es die meisten Schüler kaum erwarten können, dem Internat den Rücken zu kehren und in die Ferien zu düsen. Morgenstern ist schließlich kein Unmensch.
Nicht nur unter den Schülern, sondern auch in den vorderen Reihen, die für das Kollegium reserviert waren, war inzwischen Unruhe aufgekommen. Dr. Schneider-Ruff schüttelte ebenso verständnislos den Kopf wie Edelgard Holunder, die neben ihm saß. Sebald Mages flüsterte mit Dschingis Wagner, der nur ratlos die Brauen hochzog.
Lukas drehte sich um und schielte zu Attila Morduk hinüber. Der Hausmeister saß am Steuerpult der Lautsprecheranlage, die er auf Geheiß von Dr. Schwartz eigens für die Abschlussfeier besorgt hatte. Als er den fragenden Blick des Jungen bemerkte, verzog er das runde Gesicht und fuhr sich mit den Pranken über die Glatze. Keine Ahnung, schien er Lukas bedeuten zu wollen, ich weiß auch nicht, wo die bleiben!
W as geht hier vor, verdammt noch mal?
Da wurde die Tür aufgerissen, und zwei Männer betraten die Turnhalle: Kommissar Bellheim und sein Assistent Anton. Während Letzterer am Eingang zurückblieb, als fürchte er, einer aus der Menge der Versammelten könne die Flucht ergreifen, begab sich sein bulliger Chef mit dem militärischen Stoppelhaarschnitt zielstrebig zum Rednerpult. Der Mantel, auf den er trotz der Sommerhitze nicht verzichtet hatte, wehte wie ein unheimlicher schwarzer Schweif hinter ihm her.
Bellheim griff zum Mikrophon und bog es für seine Größe – er maß kaum mehr als einen Meter und sechzig – zurecht. Die schrillen Laute einer Rückkopplung piekten wie akustische Nadelstiche durch den Raum und erschreckten die Ravensteiner. Auch der Kommissar verzog schmerzvoll das Gesicht und warf Attila einen empörten Blick zu. Morduk machte sich hektisch an den Reglern zu schaffen, bis die Misstöne endlich verstummten.
Ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Reihen.
Bellheims Gesicht wirkte jedoch genauso finster wie zuvor. Vorsichtig tippte er mit dem Zeigefinger ans Mikro. »Eins, zwei«, sagte er. »Eins, zwei, Test.« Schließlich richtete er das Wort an die Versammelten. »Ähm…«, begann er. »Für alle, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Bellheim, Wilhelm Bellheim, und ich arbeite bei der Kripo in Hohenstadt. Entschuldigen Sie bitte die Störung, meine Damen und Herren, aber seien Sie versichert, dass ich nicht hier wäre, wenn es sich nicht um eine ernste Angelegenheit handeln würde.«
»Warum kommt er nicht endlich zur Sache, zum Geier?«, flüsterte Magda Schneider, die direkt neben Lukas saß.
Einige der Umsitzenden kicherten.
Nur Lukas war nicht zum Lachen zu Mute.
»Wie einige von Ihnen bestimmt schon wissen«, fuhr der Kommissar auch schon fort, »ist eine Schülerin des Internats seit zwei Tagen spurlos verschwunden.«
Worte der Überraschung waren allenthalben zu hören, sodass der Kommissar die Stimme heben musste, um die wild durcheinander redenden Schüler und Lehrer zu übertönen. »Sie besucht die 7b und heißt… Laura Leander!«
Überrascht starrten die Jungen und Mädchen Lukas an. »Hast du nicht gesagt, Laura wäre krank?«, flüsterte Mr. Cool.
»Genau«, ereiferte sich Hoppel links neben ihm. »Und würde sich in eurem Haus in Hohenstadt auskurieren?«
Lukas senkte den Kopf und schwieg. Natürlich hatte er die Mitschüler, die sich am Tage nach Lauras Verschwinden nach ihr erkundigt hatten, auf diese Weise zu beschwichtigen versucht. Er musste ziemlich überzeugend geklungen haben, denn nicht einer von ihnen hatte seine Aussage in Zweifel gezogen. Auch Lauras Lehrer, die weder zu den Wächtern noch zu den Dunklen zählten und deshalb nicht das Geringste von den fantastischen Geschehnissen auf Burg Ravenstein ahnten, hatten sich mit dieser Erklärung zufrieden gegeben. Kein Wunder also, dass die Mitteilung des Kommissars für sie eine Überraschung bedeutete.
Kaja und Magda dagegen, die zumindest teilweise in das große Geheimnis eingeweiht waren, zogen betroffene Gesichter.
Dr. Schwartz und Pinky Taxus jedoch grinsten triumphierend.
Deshalb also!, ging es Lukas mit einem Mal auf. Deshalb konnten es die beiden gar nicht erwarten, in die Turnhalle zu kommen. Sie wussten, dass Bellheim hier aufkreuzen würde. Das bedeutet…
»Nach unseren Erkenntnissen wurde Laura am späten Nachmittag des einundzwanzigsten Juni zum letzten Mal gesehen«, erklärte der Kommissar. »Seitdem fehlt
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