Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
berichtete sie der Tischrunde mit leuchtenden Augen, bevor sie sich an Laura wandte. »Ich würde gern mit Philipp tanzen. Du hast doch nichts dagegen, oder?«
»Natürlich nicht«, sagte Laura schnell, obwohl sie bei Magdas Worten ein eigenartig flaues Gefühl verspürte. Um nicht länger darüber nachdenken zu müssen, wandte sie sich an Saskia Burwieck, die schräg gegenübersaß und genießerisch eine Portion Spaghetti aß – Nudeln waren ihr Leibgericht, das sie sich selbst während der Diät mit Kaja nicht vorenthielt. Saskia hatte gelesen, dass man sich auch während einer Diät seine Lieblingsspeisen gelegentlich gönnen durfte. Ab und zu war sogar ein Stück Schokolade erlaubt. »Kommt dieser Herr Sephem eigentlich auch zum Fest?«, wollte Laura von der Mitschülerin wissen.
Das Mädchen nickte. »Der Direktor hat ihn höchstpersönlich eingeladen.« Sie erzählte, dass Herr Sephem ein Geschenk mitbringen würde: ein Gemälde des bedeutendsten Malers seines Heimatlandes. »Philetos Sephem ist da drauf, der Baumeister von Ravenstein. Hat angeblich eine Menge Kohle gekostet. Deshalb kriegt es auch einen Ehrenplatz direkt über dem Lehrertisch im Speisesaal, an dem am Sonntag der Direktor und unsere Ehrengäste sitzen werden«, erklärte Saskia wichtigtuerisch.
»Herr Sephem müsste inzwischen doch mit seiner Arbeit hier fertig sein«, sagte Laura verwundert. »So groß ist die Burg schließlich nicht, dass man Wochen braucht, um sie zu untersuchen.«
»Er nimmt es eben sehr genau«, erklärte Saskia und wickelte die Spaghetti mit der Gabel auf. »Er hat sich jeden Winkel mindestens zweimal angeschaut. Aber du hast Recht, Laura. Er ist fertig mit seinen Nachforschungen. Heute Nachmittag waren wir noch einmal auf dem Speicher, bestimmt zum dritten Mal. Aber jetzt ist endlich alles erledigt.«
»Da bist du sicher froh.« Laura lächelte sie an. »Deinen Lohn hast du schon bekommen, nehme ich an.«
»Eben nicht!«, antwortete das dunkelhaarige Mädchen ärgerlich. »Dabei hatte er mir fest versprochen, dass er mich heute bezahlen würde. Doch dann hat er mich auf Sonntag vertröstet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Er war heute sowieso etwas komisch drauf.«
Mit einem Mal wurde Laura hellhörig. »Wieso das denn?«
»Wir waren auf dem Speicher im Ostflügel, wo die alten Theaterkulissen gelagert werden«, erklärte Saskia. »Er hat noch einmal die Stützen vom Dachgebälk untersucht und mich gebeten, die exakte Breite des Raumes nachzumessen. Dabei hab ich das doch schon mindestens drei Mal gemacht!«
»Und weiter?«, fragte Laura, bemüht, ihre Aufregung zu verbergen.
»Als ich mich kurz darauf umdrehte, war er spurlos verschwunden!«, antwortete Saskia mit einem Anflug von Empörung in der Stimme.
»Und wohin?«
Das Mädchen mit den dunklen Haaren hatte aufgegessen und schob den Teller von sich. »Keine Ahnung. Ich habe den ganzen Speicher nach ihm abgesucht, und auch alle anderen Flügel, weil ich gedacht habe, er wäre vielleicht weggegangen und ich hätte das nur nicht gehört.« Saskia trank einen Schluck Orangensaft. »Ich habe ihn nirgendwo gefunden«, erklärte sie. »Als ich in den Ostflügel zurückgekehrt bin, um meine Sachen zu holen, stand er plötzlich wieder da und hat mich gefragt, wo ich gewesen wäre!« Sie klang entrüstet. »Überleg dir das mal: Als ob ich weg gewesen wäre! Dabei ist er einfach abgehauen!«
Die Neonröhren sprangen mit klickenden Geräuschen an und tauchten den Speicher in ein kaltes Licht. Lukas sah seine Schwester fast vorwurfsvoll an. »Ich weiß gar nicht, was du hier oben willst«, murrte er. »Du warst in den letzten Jahren doch schon zigmal hier oben, ohne dass dir etwas aufgefallen ist.«
Der Bruder hatte Recht. Seit über zwei Jahren gehörte Laura der Theatergruppe des Internats an, die Miss Mary Morgain leitete. Deshalb war das Mädchen schon einige Male in diesem Teil des Speichers gewesen, denn hier oben wurden nicht nur die Kulissen und Prospekte aller Aufführungen der vergangenen Jahre aufbewahrt, sondern auch die Requisiten und Kostüme, die sich im Lauf der Zeit angesammelt hatten. Da Miss Mary sehr auf Ordnung bedacht war, waren sie ordentlich in Schränken und Regalen untergebracht, damit sie leicht zu finden waren, wenn sie benötigt wurden. Alles war nach einem System archiviert, das Miss Mary sich ausgedacht hatte und das jederzeit einen Überblick über den aktuellen Bestand ermöglichte.
Warum hatte Tephilos Sephem ausgerechnet
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