Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
»Sie ist bestimmt seit Jahren nicht mehr geöffnet worden. Die Scharniere könnten eingerostet sein. Lass es mich doch mal versuchen. Ich habe schließlich mehr Kraft als du.«
Longolius schob sich an Laura vorbei und machte sich an dem Portal zu schaffen. Er rüttelte und zog daran, bis ein klickendes Geräusch ertönte. »Na, bitte! Es geht doch«, sagte der Verleger mit einem freundlichen Lächeln und trat zurück.
Die Tür stand einen Spaltbreit offen.
Welch ein Glück, dass Maximilian gekommen war! Allein hätte sie die Pforte bestimmt nicht aufgekriegt!
»Danke, vielen Dank«, sagte sie rasch, als sie bemerkte, dass der Mann sich den Mittelfinger der linken Hand rieb. »Was ist denn?«
»Nichts weiter!« Longolius winkte ab. »Ich habe mir nur den Finger aufgeschrammt. Es ist nicht schlimm. Geh nur hinein!« Er deutete auf die Tür.
Rasch ergriff Laura der Türknauf und zog die schwere eiserne Pforte weiter auf. Dahinter lag ein Durchgang, dessen Wände aus grob behauenen Steinen gefügt waren. Zwei Fackeln, ebenfalls von Skeletthänden gehalten, warfen ein schummriges Licht in den Gang, der nach wenigen Metern einen scharfen Knick nach links machte. Dort schien ein Feuer zu lodern, denn Laura sah einen hellen Schein und ihr schlug ungeheure Hitze entgegen. Im nächsten Moment hörte sie ein Zischen, das sie an ihr Erlebnis auf dem Balkon vor Oma Lenas Schlafzimmer erinnerte, und der Schatten einer riesigen dreiköpfigen Schlange erschien an der Wand!
Rygani erwartete sie also schon!
Lauras Puls beschleunigte sich. Ihr Herz klopfte wie ein Riesenhammer in ihrer Brust. Ruhig, nur ruhig!, ermahnte sie sich. Dir kann nichts geschehen, du trägst ja ihren Ring!
Sie wollte gerade den Gang betreten, als ihr dämmerte, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte.
Sie war in eine Falle getappt!
Ungeduldig hielt Lukas nach der Teufelskuppe Ausschau. »Versteh mich bitte nicht falsch«, sprach er Latus noch einmal an, »aber bist du wirklich sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?«
»Aber natürlich, junger Herr!«, gab der Fluglöwe beleidigt zurück. »Wie ich Eurer Schwester schon gesagt habe: Lateris und ich haben hier schon die Lüfte durchmessen, als an Euch noch überhaupt nicht zu denken war.«
»Schon gut«, versuchte der Junge ihn zu beschwichtigen. »Ich wollte euch nicht zu nahe treten. Aber könnte es nicht sein, dass ihr in dem Unwetter die Orientierung verloren habt?«
»Ich darf doch sehr bitten, junger Herr!« Latus klang nun wirklich gekränkt. »So ein bisschen Blitz und Donner können uns doch nichts anhaben. Nicht einmal Mephistopheles konnte uns aufhalten, als er sich hier herumgetrieben hat!«
»Was?« Lukas glaubte sich verhört zu haben. »Mephistopheles war in der Nähe von Ravenstein?«
»Natürlich, junger Herr! Mein Bruder und ich sind ihm auf der Teufelskuppe begegnet.«
So ein Unsinn!, dachte Lukas. Selbst die haben sich von dieser Teufelssage blenden lassen! Doch der Name gab Lukas zu denken…
Mephistopheles! Mephistopheles! Mephistopheles!
Unentwegt geisterte der Name, der für gewöhnlich den Teufel bezeichnete, durch den Kopf des Jungen.
Mephistopheles! Mephistopheles! Mephistopheles!
Auch in Goethes Drama spielte der Teufel unter diesem Namen eine gewichtige Rolle.
Mephistopheles! Mephistopheles! Mephistopheles!
Für den Leibhaftigen gab es zahlreiche andere Namen. Weshalb hatte Goethe dann ausgerechnet diese Bezeichnung gewählt?
Irgendwie kam Lukas dieser Name sehr vertraut vor. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen:
Philetos Sephem und Tephilos Sephem!
Beides waren Anagramme von Mephistopheles!
Laura trat einen Schritt zurück und sah Maximilian Longolius an.
»Was ist denn los?«, fragte er verwundert.
»Sie haben mich hereingelegt – das ist los!«, gab das Mädchen wütend zurück.
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst!«
»Nein?« Laura lachte bitter. »Dann will ich es Ihnen erklären.« Sie hob die linke Hand und deutete auf den Ring, den sie am Mittelfinger trug. »Das hier ist gar nicht der Ring der Feuerschlange, sondern die Kopie, die Lukas und ich aus der Alchimisten-Küche geholt haben! Deshalb konnte ich die Tür nicht öffnen – denn dazu benötigt man den echten Ring. Aber den haben Sie für sich behalten. Kein Wunder, dass Sie das Portal öffnen konnten – und ich nicht!«
»Das ist doch lächerlich.« Ein unwirscher Ausdruck trat in das Gesicht des Mannes. »Weshalb sollte ich so etwas
Weitere Kostenlose Bücher