Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
nur das aus ihnen herausliest, was am besten in seine Pläne passt. Borboron mag unser schlimmster Feind sein, aber einen Vorwurf können wir ihm daraus nicht machen.«
»Doch, Herr.« Paravain stampfte kaum merklich mit dem rechten Fuß auf. »Er verbreitet nichts als Lügen. Und er will uns damit schaden.«
Der Hüter des Lichts lächelte milde. »Damit hast du allerdings Recht. Borboron verfolgt seine Interessen rücksichtslos. Aber glaub mir, Paravain – eines Tages wird ihm seine Selbstsucht zum Verhängnis werden.«
»Das hoffe ich doch, Herr«, entgegnete der Weiße Ritter mit finsterem Blick. »Bislang allerdings ist er ungestraft davongekommen. Selbst für seine schlimmsten Teufeleien ist er nicht zur Rechenschaft gezogen worden.«
»Das wird schon noch geschehen, Paravain.« Elysion klopfte ihm besänftigend auf die Schulter. »Und glaub mir – der Tag ist nicht mehr fern.«
Damit wandte sich der Hüter des Lichts wieder der Heilerin zu. »Wie lautet die Botschaft, die die Wissenden Dämpfe dir übermittelt haben?«
»Wenn aus Licht Dunkelheit wird und aus Dunkelheit Licht, wird das Schicksal sich entscheiden. Und nur der wird die Prüfung bestehen, der die wahre Natur der Dinge erkenne – so lautet die Weissagung.«
Elysion nickte. »Und weiter hast du nichts erfahren?«
Morwena blickte ihren Gebieter verwundert an. »Nein, Herr, das war alles.«
Elysion wollte etwas erwidern, hielt sich dann aber zurück. Er wollte die Heilerin und den Ritter nicht beunruhigen. Sie brauchten nicht zu wissen, dass das nur ein Teil der Prophezeiung war. Einst nämlich hatte er ihren vollen Wortlaut gewusst – damals, vor den schrecklichen Ereignissen! Doch dann hatten die Geister, die den Lauf der Welten bestimmten, seine Erinnerung daran gelöscht – zur Strafe, weil er gegen die uralten Gebote verstoßen hatte. Und seitdem quälte ihn die schreckliche Vorstellung, dass ihm durch seine verschwundene Erinnerung etwas entging, was für die Sache des Lichts von entscheidender Bedeutung war. Ja, vielleicht war es sogar lebenswichtig!
Weder Morwena noch Paravain würden ihm helfen können, diese Erinnerung wiederzuerlangen. Es musste eine andere Möglichkeit geben, auch wenn sie sich ihm in all den Jahren, die seit den schrecklichen Ereignissen verstrichen waren, noch nicht offenbart hatte.
Wie von ferne drangen die Worte der Heilerin an sein Ohr. »Habe ich Recht, Herr?«
»Verzeih, Morwena, ich habe nicht richtig zugehört«, gestand Elysion. »Was hast du gefragt?«
»Ob es richtig ist, dass in der Weissagung die Mondfinsternis gemeint ist, die unsere Astronomen für den dreizehnten Tag des dreizehnten Mondes dieses Jahres errechnet haben, wollte ich wissen.«
»Gewiss.« Elysion nickte hastig. »Allerdings – wie die Prüfung aussehen wird, von der in der Botschaft ebenfalls die Rede ist, das kann niemand sagen. Einiges deutet darauf hin, dass damit die entscheidende Schlacht gemeint sein könnte, von der Borboron in ganz Aventerra laut kündet. Jedenfalls rüstet er sich dafür. Und so zuwider mir der Gebrauch von Waffen auch ist, werden wir uns auf diese Auseinandersetzung wohl vorbereiten müssen. Es sei denn, wir wollten kapitulieren.«
»Niemals!«, erklärte Paravain mit Nachdruck. »Niemals werde ich vor dieser Schwarzen Brut das Knie beugen. Eher will ich sterben, als mich dem Ewigen Nichts kampflos zu ergeben!«
»Das erwartet auch niemand von dir, mein Freund.« Der ernsten Lage zum Trotz musste Elysion lächeln. »Lasst uns also die nötigen Vorkehrungen treffen, damit wir für die schicksalhafte Schlacht gerüstet sind. Denn diesmal wird sich entscheiden, wer für lange Zeit die Oberhand gewinnt: wir Krieger des Lichts oder die Mächte der Dunkelheit. Wer diesen Kampf verliert, wird sich von den Folgen der Niederlage nicht so schnell wieder erholen. Und wenn es uns treffen sollte, werden nicht nur wir untergehen, sondern mit uns auch ganz Aventerra – und der Menschenstern.«
N ach dem Ertönen der Glocke wurde es augenblicklich leiser im Speisesaal. Die lebhaften Unterhaltungen verklangen, das Klappern und Klirren der Teller und Bestecke verebbte. Alle Ravensteiner, Schüler wie Lehrer, blickten den Direktor erwartungsvoll an.
Ein zufriedenes Schmunzeln breitete sich auf dem Gesicht von Aurelius Morgenstern aus, das von unzähligen Fältchen gezeichnet war. Seine ungebändigte Haarmähne, die wie bei einem ergrauten Stuwwelpeter nach allen Seiten abstand, schimmerte im Schein der
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