Laura, Leo, Luca und ich
etwa in Vicenza und Udine, servieren auch noch dampfende Teller von Pasta, die wie Pasta aussieht.
Männer im Restaurant können sich kräftig blamieren, |130| und die Restaurants selbst haben auch manchmal nicht alle Tassen im Schrank. Aber Frauen können ebenfalls schnell ihren Charme an einem gedeckten Tisch verspielen. Es gibt nichts Unangenehmeres als eine Frau, die sich einen Abend lang von Wasser und grünem Salat ernährt. Laura, wie schon erwähnt, isst alles, was nicht sie zuerst isst, und auch in lustvollen Portionen.
Diese Unerschrockenheit empfinde ich als zutiefst erotisch, aber ich gebe zu, ich bin da subjektiv.
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Beim Charmeurcoiffeur
M eine erste Freundin hat mir beigebracht, dass man mittelfristig keine Chance bei einer Frau hat, wenn man länger als zwei Minuten mit dem B H-Verschluss kämpfen muss. Der gesunde Menschenverstand hat mir beigebracht, dass man möglichst keine Baseballkappen tragen sollte, und wenn schon, dann ganz bestimmt nicht verkehrt herum. Nur die Scheu vorm Friseur, die brauchen wir Männer nicht zu lernen: Die ist irgendwie angeboren. Kleine Jungs, die zum ersten Mal beim Friseur sitzen, heulen Rotz und Wasser. Kleine Mädchen haben fast nie Angst vor dem Friseur. Meine Lilli zum Beispiel kann es gar nicht abwarten, zu Alida zu gehen, die ihr hübsche Zöpfe macht. Kleine Jungs dagegen sehen die Scheren und glauben, dass Haare schneiden wehtun muss, die armen Hosenscheißer. Und die Frauen mit ihren Lockenwicklern unter den summenden grauen Trockenhauben wirken wie Wesen aus einer bösen Welt.
Unsere Angst vorm Friseur weicht später, wenn wir aufwachsen, purem Misstrauen. Den Friseursalon mit seiner künstlichen Hitze und dem Gestank nach Haarspray |132| halten wir für eine Art Vorhölle. Kaum ein Mann geht gern zum Friseur. Männer mit hässlichen Frisuren (Gottschalk) leiden möglicherweise nicht unter schlechtem Geschmack, sondern unter Friseur-Paranoia. Frauen dagegen lieben den Friseur, so wie sie auch das Nagelstudio lieben, das für uns einer Folterkammer gleichkommt (Die Instrumente! Die raspelnden Geräusche!). Doch Männer sind trotz ihrer genetischen Anti-Scheren-Prädisposition durchaus lernbereit. Ich habe dank Laura entdeckt: Friseure sind was Wunderbares.
Man muss nur, wie immer und überall im Leben, den Richtigen finden. Meine Erleuchtung hatte ich bei Fernando in Padua, der in einem marmornen Palazzo seinem – in Italien überaus ehrbaren – Beruf nachgeht. Es sind immer so etwa acht Friseurinnen anwesend, denn Fernando ist ein Charmeurcoiffeur. Bevor er loslegt, wäscht mir eine der Friseurinnen die Haare, die nächste führt mich zum Sitz, die dritte bietet mir Kaffee an. Die Friseurinnen sehen sehr hübsch aus und bewegen sich lasziv. 1 Wenn wir in kommunikativer Laune sind, erzählt mir Fernando die Geschichte, dass er einmal extra nach München gefahren ist, um dort den AC Mailand in einem Europapokalspiel zu sehen. Wie viele Friseure gibt es in Deutschland, die sich für Fußball interessieren? Wenn ich meine Ruhe haben möchte, schaue ich mir in der italienischen Klatschpresse Bilder von Michelle Hunziker an, die sich im Bikini fotografieren |133| lässt und beteuert, dies seien ihre letzten erotischen Aufnahmen, fortan wolle sie nun aber endgültig eine ernsthafte Schauspielerin/Moderatorin werden. Unterdessen werden meine Haare zum zweiten Mal gewaschen; dabei wird die Kopfhaut massiert. Ich fühle mich bei all diesen Behandlungen cäsarisch.
Ist Fernando teuer? Nö. In München zahle ich für meinen Allerweltsschnitt bei einem Allerweltsfriseur 32 Euro. Bei Fernando zahle ich etwas mehr als die Hälfte. Und kann mir noch eine Handvoll Fruchtbonbons, die an der Kasse stehen, in die Tasche stecken.
Friseure werden in Filmen immer als exaltiert dargestellt, dabei beweist eine alte deutsche Erzählung, dass Friseure kaltblütiger als Ivan Drago sein können. Die Erzählung geht ungefähr so: Ein Rittersmann auf der Durchreise betritt die örtliche Barbierstube. Er sagt zum Barbier: »Machen wir ein Spiel. Ich zahle dir das Vermögen von fünf Goldstücken, wenn du mich rasierst. Aber beachte: Wenn du meine Haut auch nur einmal schneidest, dann hau ich dich mit meinem Schwert entzwei.« Der Barbier denkt kurz nach, willigt ein, schärft seine Messer und beginnt mit der Rasur. Er arbeitet schnell, sicher und ohne jegliche Nervosität. Am Ende ist der Ritter perfekt rasiert, und der Barbier hat nicht die geringste Schramme hinterlassen.
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