Laura - Venezianisches Maskenspiel
aufgeregt. „Gar nicht. Er ist ja verreist.“
„Hm. Ja, stimmt.“
Sie presste die Rosen zärtlich an sich. Schon oft hatte sie kleine Geschenke von ihren Verehrern – allen voran natürlich Ottavio – erhalten, der ihr im Sommer von einer der Inseln wunderbare Blumen gebracht hatte. Aber dieser Strauß war ihr besonders kostbar. Es war nach der einzelnen Rose das erste Geschenk ihres Cavalieres. Er verließ mit ihr gemeinsam die Gondel, wich einer bildhübschen Maske aus, die von einem als Teufel verkleideten Mann verfolgt wurde, und schlug einen Weg ein, der zur Rückseite ihres Palazzos führte, wo sich der Hintereingang befand. Die Plätze und engen Straßen waren im Karneval mit bunten Lampions beleuchtet, und es waren unzählige Masken unterwegs, die lachend und singend durch die engen Straßen liefen. Im Grunde kam ganz Venedig zur Karnevalszeit nicht aus dem Feiern heraus. Laura atmete tief diese Atmosphäre von Aufregung, Heiterkeit und Sinnlichkeit ein. Es war ihr erster Karneval, den sie in Venedig verbrachte, und sie genoss ihn jetzt, wo sie ihrem Cavaliere begegnet war, noch viel mehr.
Er begleitete sie bis wenige Schritte vor den Eingang und zog sie dort etwas zur Seite, weg von einem Erhängten der seinen Strick um den Hals trug und einem Faun der auf einer Flöte spielte. „Ich werde Euch schreiben, wann wir uns das nächste Mal sehen, mon amour“, flüsterte er an ihrem Ohr.
Laura lächelte unter ihrer Maske. Offenbar hatte er sich jetzt wieder auf seine Rolle besonnen, während er die ganze Zeit in der Gondel kein einziges französisches Wort gesagt hatte. „Wollt Ihr wieder in dieses Theater?“
„Das ganz gewiss nicht. Wir werden uns an einem Ort treffen, wo wir von niemandem gesehen werden. Ihr gehört mir“, fuhr er fort, während seine Hand im Schutz einer kleinen Nische über ihren Körper wanderte. „Ich will Euch ganz besitzen und ich werde nicht noch einmal auf Euch verzichten, nur weil wir von anderen gestört werden.“
Eine leidenschaftliche Affäre beginnt
D omenico saß in einem einfachen bequemen Rock am Schreibtisch und starrte auf das leere Blatt Papier vor sich. Er dachte an Laura. Wie bezaubernd sie doch ausgesehen hatte im Schein der Fackeln, und wäre da nicht sein kleines Spiel gewesen, mit dem er sie eines Besseren belehren wollte, so hätte er dem Gondoliere wohl nicht Befehl gegeben, noch eine Runde am Canal Grande zu drehen, sondern hätte daheim – in der Einsamkeit ihres Schlafzimmers – versucht, ihre Leidenschaft zu erwecken.
Ihr Benehmen ihrem Ehemann gegenüber musste ihm jedoch zu denken geben. Er hatte an diesem Tag erst um die Mittagszeit den Palazzo betreten und so getan, als wäre er eben von seiner Reise auf die Terraferma zurückgekehrt. Er hatte sich höflich nach ihrem Ergehen erkundigt, nach dem Abend davor, den sie ja angeblich mit Kopfschmerzen auf ihrem Zimmer verbracht hatte. Sie hatte ihn unverschämt angelogen, war jedoch geflissentlich seinen Blicken ausgewichen und hatte ihn – das war ihm nicht entgangen – heimlich beobachtet. Und jedes Mal, wenn sein Blick auf sie gefallen war, hatte sie sich hastig abgewandt und gekichert wie ein dummes Mädchen.
Er runzelte die Stirn. Vielleicht konnte er ihr tatsächlich glauben, dass sie in diesem Jahr keinen Liebhaber gehabt hatte und sein unwürdiger Vetter ebenfalls nicht zum Ziel gekommen war, aber jetzt war sie mehr als geneigt, bis zur letzten Konsequenz nachzugeben. Und sie machte sich darüber hinaus über ihn lustig. Daran war wohl nicht zu zweifeln.
Grimmig stieß er die Feder ins Tintenfass und zog das Papier näher zu sich.
„Na, warte nur, dir werde ich einen Liebhaber geben, der dir das Lachen vergehen lässt!“ Aber er würde den Brief nicht gleich abschicken, nein, das wäre falsch gewesen, sondern sie noch ein wenig warten lassen. Eine Woche. Ja, eine Woche war wohl angemessen, bevor er sie traf und endgültig verführte. Bis dahin hatte er zweifellos auch schon einen für diesen Zweck geeigneten Palazzo gefunden.
Sein Blick fiel auf einen Brief, der neben seiner Schreibmappe lag. Wieder einmal ein parfümierter Bogen, der ihm heute mit Eilboten überbracht worden war. Dieses Mal nicht von Nicoletta, sondern von Sofia. Seine hübsche Geliebte langweilte sich ohne ihn und drohte ihm, nachzukommen. Wenn er den Brief an Laura beendet hatte, dann würde er einen an Sofia schreiben und ihr auf charmante Weise nahelegen, in Paris zu bleiben. Im Moment war es wichtiger,
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