Laura - Venezianisches Maskenspiel
dass sie nicht nur ahnte, wer sich wirklich hinter der Maske verbarg, sondern die Zuneigung und Leidenschaft ihres ‚Cavalieres’ auch erwidert. Aber vermutlich war das alles nur Betrug gewesen, um ihn in Sicherheit zu wiegen, während ihre Zuneigung einem anderen gehört hatte. Nicht nur ihre Zuneigung, wie er jetzt feststellen musste, sondern offenbar auch ihr Körper. Und indem sie es mit beiden gleichzeitig trieb, hatte sie ihren einfältigen Gatten in Sicherheit gewiegt.
Rasende Eifersucht stieg in ihm hoch. Alles passte so gut zusammen. Die heimlichen Treffen zwischen den beiden, wenn er außer Haus war. Sofia hatte in den letzten Tagen mehrmals eine Bemerkung darüber fallen lassen, dass Ottavio kein seltener Gast im Hause war. Er hatte jedoch angenommen, dass ihre Worte der Bosheit entsprangen. Dann diese unverschämten Blicke, mit denen sein Vetter Laura musterte. Dieses Ständchen, das er ihr gebracht hatte. Es fügte sich nun so logisch eins ins andere.
Natürlich hatte sie gewusst, wer er war! Aber sie hatte sein Spiel mitgespielt und sich wohl köstlich dabei amüsiert. Laura war alles andere als dumm, das hatte er in den letzten Wochen, in denen er sie besser kennengelernt hatte, feststellen können. Aber sie war mehr als das. Sie war durchtrieben. Keinen Deut besser als Nicoletta. Oder all die anderen Ehefrauen, die ihre Männer betrogen. Aber die anderen Männer waren nicht eifersüchtig, sondern trieben es nicht besser. Er war aber nicht wie die anderen - er war in seine Frau verliebt und wollte sie nur für sich alleine.
Das musste er erreichen, ohne sich dabei eine Blöße zu geben.
Sie war etwas unruhiger geworden. Vermutlich fühlte sie die Anwesenheit eines anderen im Zimmer. Er musste gehen, bevor sie erwachte, weil er jetzt nicht die Kraft hatte, mit ihr zu sprechen oder ihr zu erklären, was er in ihrem Zimmer suchte. Nein, er durfte sich nicht bloßstellen, sondern musste ihr und Ottavio gegenüber kühl und gelassen erscheinen, dabei durchblicken lassen, dass er wusste, was los war, um den beiden keinen Grund zu geben, sich über ihn und seine Gutgläubigkeit lustig zu machen. Nichts war lächerlicher als ein eifersüchtiger Ehemann, der eine Szene machte. Er würde sogar spöttisch lächeln, wenn er Laura zur Rede stellte, über allem erhaben erscheinen und über den Dingen stehen. Das sollte dieses ehebrecherische Weib vor seinem Großmut und seiner würdevollen Überlegenheit ganz klein und armselig erscheinen lassen.
Und dann? Am besten war es wohl, sie für längere Zeit von Ottavio zu trennen. Er hatte keine Möglichkeit, diesen aus der Stadt zu weisen, also musste er mit ihr wegfahren. Am besten wohl auf seinen Landsitz, wie er es ohnehin vorgehabt hatte, und sie schlimmstenfalls für die nächsten Jahre dort einsperren. Mochte sie dort heulen und zetern wie zu Beginn ihrer Ehe. Alles war jetzt besser als das. Das Spiel hatte sich verändert, es gefiel ihm nicht mehr, aber er würde es durchstehen und Ottavio aus Lauras Träumen und Gedanken verdrängen.
* * *
Als sich die Tür leise hinter Domenico schloss, öffnete Laura die Augen. Eine Träne perlte unter den Wimpern hervor. Was hatte sie unlängst in einer der Komödien von Goldoni gehört? „Wenn einem die Frau böse ist, genügen ein paar Liebkosungen, und sie ist getröstet …“ Nun, sie war keine von diesen Frauen, die sich von Liebkosungen trösten ließ, nachdem der Mann bis in die frühen Morgenstunden seine Geliebte besucht hatte.
Sie hatte nicht schlafen können, nur über das nachgedacht, was sie gehört hatte. Sie alle hielten sie für eine dumme Gans. Sofia hatte das ganz deutlich ausgesprochen. Domenico hielt sie für dumm, weil er glaubte, ungestraft seine Frau hintergehen und als maskierter Cavaliere schwängern zu können, und Ottavio, der sie hofiert, ihr monatelang seine Liebe beteuert hatte und sich mit Sofia abgab. Neben dem Schmerz und der Kränkung war auch der Wunsch nach Rache hochgestiegen. Sie hatte es ihnen – vor allem Domenico, die anderen waren weitaus unwichtiger – zurückzahlen wollen.
Und die Gelegenheit war schneller gekommen, als sie gedacht hatte. Sie hatte es ihm heimgezahlt. Gründlich. Alles. Sein hinterhältiges Spiel, seine herablassende Art, mit der er sie behandelt hatte und vor allem sein Verhältnis zu dieser Nicoletta. Einen Mann wie Domenico traf man am besten bei seinem Stolz.
Sie drehte sich im Bett um, vergrub das Gesicht im Kissen und weinte.
Mit dem
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