Lauras Liebhaber
konnte nicht anders, als gebannt stehen zu bleiben. Chloe hatte erwähnt, dass er gut aussah, aber irgendwie hatte Laura ihn sich viel älter vorgestellt.
Robert Culper schien um die vierzig zu sein, war groß, schlank, hatte feingliedrige Hände. Seine Haare waren ein bisschen zu lang und nach hinten gestylt; sie wusste nicht, ob er sie mit irgendetwas wie Wachs oder Gel hinten hielt oder ob sie von allein so fielen. Sein Dreitagebart ließ ihn lässig aussehen, doch seine dunklen Augen hatten nichts Lässiges an sich. Sie zogen Laura in seinen Bann, und unbewusst leckte sie sich kurz über die Lippen. All diese kleinen Dinge an ihm bemerkte sie in diesem einen kurzen Augenblick, den sie brauchte, als sie die Tür öffnete, über die Schwelle trat und die Tür wieder hinter sich schloss.
Mr Culper wandte seinen Blick von ihr ab und trat zu seinem Pult, und obwohl er die Antwort schon kannte, fragte er laut und deutlich: »Laura oder Nina?« Lauras Puls dröhnte so laut in ihren Ohren, dass seine Frage im ersten Moment gar keinen Sinn ergab. Sie war noch immer damit beschäftigt, die Peinlichkeit zu verdauen, dass sie zu spät gekommen war, und die Wucht zu verarbeiten, mit der die Anziehungskraft von Mr Culper über sie hereingebrochen war.
»Entschuldigung, wie bitte?«
»Sind Sie Laura Dotfield oder Nina Swanson?«
»Laura Dotfield.«
Ein Lächeln erschien auf dem Gesicht von Mr Culper, und plötzlich bemerkte Laura die feinen Linien um seine Augen, als würde er viel und wahrscheinlich auch gern lachen. Der Student, der ebenfalls vorne stand, sah von Sekunde zu Sekunde erleichterter aus.
»Nun, Laura, damit erlösen Sie wohl unseren armen Michael hier. Sie können sich setzen, Michael.«
Michael beeilte sich, zu dem freien Platz zu kommen, wo eine Jacke über dem Stuhl hing und ein Rucksack auf dem Boden stand.
Laura wollte zu einem der noch freien Tische gehen, als Mr Culper sie erneut ansprach. Seine Stimme hatte einen belustigten Tonfall, der Laura einen leichten Schauer über den Rücken rieseln ließ. Sie wandte sich ihm wieder zu, und sofort war sie erneut im hypnotischen Bann seiner Augen gefangen.
Er wies mit der Hand zu den Tischen. »Sie können Ihre Tasche dort hinstellen und dann hierher zu mir kommen, Laura.«
Lauras Herz begann zu klopfen, schnell und gleichmäßig. Sie setzte sich wie ein Roboter in Bewegung und stellte ihre Tasche hin, dann streifte sie schnell die Jacke, die Mütze und den Schal ab und legte alles achtlos auf den Tisch. Sie war froh, dass sie den Blazer trug, denn im dem Moment, in dem Robert gesagt hatte, dass sie zu ihm kommen sollte, hatten sich ihre Nippel aufgerichtet, und sie war auf eine seltsame Art und Weise erregt worden. So hatte sie noch auf keinen Mann reagiert.
Sie ging nun zu ihm in die Mitte des Kursraumes, die Tische waren in einem Oval aufgestellt. Robert freute sich, wie nichtsahnend sie war und dass sie auf ihn reagiert hatte; der kleine Moment, in dem sie ihre Schultern gestrafft hatte, als ihr Atem sich beschleunigt hatte. Er war sich sicher, sie hatte auf ihn reagiert, eindeutig und nur auf ihn. Sie war schon etwas Besonderes, diese zarte Haut, die Unschuld, die sie ausstrahlte, und diese Augen. Er konnte sich gerade noch so beherrschen, am liebsten hätte er sie direkt gepackt, sie sich primitiv über die Schulter geworfen und sofort zu sich nach Hause gebracht, die Tür hinter ihnen beiden verschlossen. Sie würde phantastisch aussehen in seinem Bett.
Ein Räuspern brachte ihn wieder in die Realität zurück. Laura stand neben ihm, den Kopf leicht gesenkt, ihr war ihr Zuspätkommen offensichtlich unangenehm, und alle Kursteilnehmer starrten die beiden an.
»Nun, Laura, da Sie zu spät gekommen sind, fasse ich für Sie noch einmal kurz die neuen Regeln zusammen. Mich stört es in letzter Zeit sehr, dass die Studenten häufiger zu spät kommen.« Er konnte sehen, wie Lauras Kopf hochzuckte – sie wollte protestieren, dass sie eigentlich sonst nicht zu spät kam und es nicht ihre Schuld war.
Er wusste auch, dass das tatsächlich der Wahrheit entsprach, immerhin hatte Chloe kräftig nachgeholfen. Aber Laura ließ es bleiben.
»Und deswegen habe ich eine neue Regel eingeführt. Wir sind ein Aktzeichenkurs und brauchen dementsprechend Modelle. Ich habe immer welche aufgetrieben und verpflichtet, doch nun wird diese Rolle immer von dem Studenten übernommen, der als Letzter zum Kurs kommt.«
Seine Worte schwangen noch ein wenig in der Luft,
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