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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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– das Wort Nase war ihr erstes und letztes Wort; und hätte sich nicht einer ihrer fähigsten Köpfe gleich bei Beginn des Kampfes in eine petitio principii verrannt, so wäre der Streit sofort festgestellt worden.
    Eine Nase, folgerte der Logiker, kann nicht bluten ohne dass sie Blut, – und zwar nicht nur Blut – sondern darin zirkulierendes Blut hat, um jene Erscheinung in einer Folge von Tropfen zu bewirken – (ein Strom ist nur eine raschere Folge der Tropfen, und somit darin einbegriffen, sagte er) – da nun der Tod, fuhr der Logiker fort, nichts anders ist als das Erstarren des Bluts –
    Ich leugne diese Begriffsbestimmung: – der Tod ist die Trennung der Seele vom Körper, sagte sein Gegner. – Dann sind wir über unsere Waffen nicht einig, erwiderte der Logiker. – Dann hat auch der Streit ein Ende, versetzte der Andere.
    Die Verfechter des römischen Rechts waren noch schneidiger, was sie vorbrachten war mehr eine Art Beschluss – als eine Disputation.
    Wenn, sagten sie, eine so ungeheuerliche Nase eine wirkliche Nase gewesen wäre, so hätte man sie nicht in der bürgerlichen Gesellschaft dulden können; – war sie aber falsch, so war der Versuch, die Gesellschaft durch solche unächte Zeichen und Erscheinungen zu täuschen, eine noch stärkere Verletzung ihrer Rechte und hätte um so weniger Gnade verdient.
    Der einzige Einwurf gegen diese Aufstellung war, dass, wenn sie etwas bewies, sie bewies, dass des Fremdlings Nase weder echt noch falsch war.
    Hierdurch ward Raum zur Fortsetzung des Streits gewonnen. Die Anwälte des geistlichen Gerichtshofs stellten den Satz auf, dass nichts im Wege stehe, hierüber ein Decret zu erlassen, da der Fremdling ja ex mero motu zugestanden habe, er sei auf dem Vorgebirge der Nasen gewesen und habe dort eine der schönsten erhalten u. s. w. – Hierauf wurde erwidert, es sei gar nicht möglich, dass es ein Vorgebirg der Nasen gebe, ohne dass die Gelehrten wüssten, wo es läge. Der Commissär des Bischofs von Straßburg griff die Anwälte an und erklärte die Sache in einer Abhandlung über sprichwörtliche Phrasen, worin er zeigte, dass das Vorgebirg der Nasen nur ein allegorischer Ausdruck sei, der nicht mehr heißen solle, als dass die Natur ihm eine lange Nase verliehen habe: zum Beweis dafür führte er mit großer Gelehrsamkeit die hier untenbezeichneten Autoritäten an, welche den Streitpunkt unzweifelhaft entschieden hätten, hätte es sich nicht gezeigt, dass ein Streit in Betreff einiger Freiheiten von Dekanats- und Kapitel-Gütern 19 Jahre früher gleichfalls dadurch entschieden worden war.
    Es geschah nun – ich kann nicht sagen zum Nachteil für die Wahrheit, weil diese dadurch in einer anderen Richtung wieder verstärkt wurde, – dass die zwei Universitäten Straßburgs, – die im Jahr 1538 durch den Ratsherrn Jacobus Sturmius gestiftete Lutherische, – und die durch den Herzog Leopold von Österreich gegründete Katholische, – damals gerade die ganze Tiefe ihrer Gelehrsamkeit (mit Ausnahme desjenigen Teils, der durch die Unterrockschlitze der Äbtissin von Quedlinburg in Anspruch genommen wurde) darauf verwendeten, – sich über Martin Luthers Verdammnis endgültig auszusprechen.
    Die katholischen Theologen hatten es unternommen, a priori zu beweisen, dass Luther in Folge des notwendigen Einflusses der Planeten am 22. Tag des Octobers 1483 – da sich der Mond im zwölften, Jupiter, Mars und Venus im dritten, Sonne, Saturn und Merkur im vierten Hause befanden, – selbstverständlich und unvermeidlich verdammt sein müsse und dass seine Lehren deshalb in direkter Schlussfolge gleichfalls verdammte Lehren sein müssten.
    Aus der Betrachtung seines Horoskops, wobei fünf Planeten zugleich mit dem Scorpion [ 5 ] (wenn mein Vater dies las, pflegte er stets den Kopf zu schütteln) im neunten Hause, das die Araber der Religion zuweisen, im Einklang waren, – ergab sich, dass sich Martin Luther keinen Deut um die Sache kümmerte; – und aus dem in Konjunction mit Mars gebrachten Horoskop wiesen sie gleichfalls klar nach, dass er unter Flüchen und Lästerungen sterben müsse; und dass dann seine Seele mit solchem Mehlthau belastet (und in Schuld getaucht) vor dem Wind in das Meer des höllischen Feuers segeln müsse.
    Der kleine Einwurf, den die lutherischen Doktoren hiegegen erhoben, bestand darin, dass es ganz sicher die Seele eines anderen am 22. October 1483 geborenen Mannes sein müsse, die auf diese Art vor dem Wind dahin zu

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