Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
erste Quelle derselben war. – In diesem Falle dauerte die Forschung nicht lange.
Jedermann wusste, dass Yorick niemals eine günstige Meinung von der Abhandlung gehegt hatte, welche Phutatorius über Koncubinis retinendis schrieb, da er fürchtete, dieselbe habe nicht wenig Schaden in der Welt angerichtet: – es war demnach unschwer zu erkennen, dass in Yoricks Streich ein mystischer Sinn lag – und dass sein Schnellen der heißen Kastanie in Phutatorius' †††–††† ein sarkastischer Pfeil war, der seinem Buche galt; – dessen Lehren, wie man behauptete, manchen Mann an dem gleichen Fleck verbrannt hatten.
Diese Idee weckte sogar Somnolentius auf, – brachte Agelastes zum Lächeln, – und wenn sich der geneigte Leser den Blick und die Miene eines Mannes vergegenwärtigen kann, der damit beschäftigt ist ein Rätsel herauszubringen, – so hat er einen Begriff von dem Gesicht, das Gastripheres machte; – kurz viele waren der Ansicht, Yorick habe damit einen Meisterstreich von Witz gemacht.
Dies war nun freilich, wie der Leser des Langen und Breiten gehört hat, ebenso grundlos wie die Träume der Philosophie. Yorick war ohne Zweifel, wie Shakespeare von seinem Ahn gesagt, ein Spassvogel, aber seine Scherze waren durch etwas gemäßigt, das ihn von diesem und manchen anderen unfeinen Streichen abhielt, die ihm ganz unverdienter Weise zur Last gelegt wurden. – Es war aber sein ganzes Leben lang sein Missgeschick, dass er tausend Dinge gesagt oder getan haben sollte, die seiner Natur durchaus ferne lagen (ich müsste mich denn in ihm sehr getäuscht haben). Was ich allein an ihm anzusetzen habe, – oder vielmehr, was ich zwar an ihm auszusetzen habe, was ihn mir aber gerade auch wieder wert machte, war jene Eigentümlichkeit seines Wesens, die es nicht litt, dass er die Welt über einen Irrtum aufklärte, auch wenn es in seiner Macht stand. Bei jeder harten Beschuldigung dieser Art handelte er genau so wie in der Geschichte mit seinem dürren Gaul. – Er hätte sie sehr gut zu seiner Ehre erklären können, aber er fühlte sich darüber erhaben; und überdies sah er auf den, welcher ein gemeines für ihn so nachteiliges Gerücht erfand, verbreitete oder glaubte, so tief herab, – dass er es nicht über sich gewinnen konnte, ihn über die Sache aufzuklären; – er überließ es vielmehr stets der Zeit und der Wahrheit, es für ihn zu tun.
Dieser edle Zug hatte aber manche Unannehmlichkeiten für ihn zur Folge; – im gegenwärtigen Fall zog er sich dadurch Phutatorius' Rache zu, der, als Yorick eben mit seiner Kastanie fertig war, sich zum zweiten Male erhob, um ihm dies zu Gemüt zu führen: – er tat es mit einem Lächeln und sagte nur, er werde sich bemühen nicht zu vergessen, welche Erkenntlichkeit er ihm schuldig sei.
Der Leser muss jedoch zwei Dinge wohl merken und sorgfältig von einander trennen und unterscheiden: –
Das Lächeln war für die Gesellschaft;
die Drohung aber für Yorick.
114. Kapitel
Können Sie mir sagen, sagte Phutatorius zu Gastripheres, der ihm zunächst saß, – denn in einer so kuriosen Sache konnte er sich doch nicht an den Wundarzt wenden, – können Sie mir sagen, Gastripheres, wie man das Feuer aus einer Brandwunde am besten herauszieht? – Fragen Sie Eugenius, sagte Gastripheres. – Das, erwiderte Eugenius, wobei er tat, als habe er das Abenteuer nicht bemerkt, das kommt ganz auf den Körperteil an. – Wenn es ein sehr zarter Teil ist, und er lässt sich leicht umwickeln – Das ist beides der Fall, erwiderte Phutatorius und legte während er so sprach die Hand mit einem nachdrücklichen Kopfnicken auf den fraglichen Teil, wobei er zugleich sein rechtes Bein etwas in die Höhe hob, um jenen zu erleichtern und zu lüften. – Wenn dies der Fall ist, sagte Eugenius, dann möchte ich Ihnen raten, Phutatorius, keinen Doktor zu gebrauchen; schicken Sie lieber zu dem nächsten Buchdrucker und kurieren Sie sich einfach mit einem weichen Bogen Papier, der eben von der Presse kommt, – Sie brauchen nichts zu tun als ihn herumzuwickeln. – Das feuchte Papier, bemerkte Yorick, der seinem Freund Eugenius zunächst saß, hat zwar allerdings eine erfrischende Kühle, – aber ich glaube doch, dass es eigentlich nur der Träger ist – und dass das Öl und der Lampenruss, von dem es so stark gesättigt ist, die Hauptsache tut. – Ganz recht, sagte Eugenius, auch ist es bei jeder äußeren Anwendung, wozu ich es empfehle, das sicherste und
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