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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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erklärte er sich, weshalb der älteste Sohn in der Regel der grösste Dummkopf in der Familie sei. – Der arme Teufel! pflegte er zu sagen, er musste dem Talent seiner jüngeren Brüder die Bahn brechen. – Hieraus erklärte sich ihm die an Faselnarren und unförmlichen Köpfen gemachte Beobachtung – es konnte ja à priori gar nicht anders sein – wofern nicht . . . ich weiß nicht was. Es erklärte sich hieraus aufs wundervollste der Scharfsinn des asiatischen Genius, die lebhaftere Natur, die durchdringendere Anschauungsweise des Geistes in wärmeren Ländern; da ließ er die matte, alltägliche Erklärung durch den klaren Himmel, den beständigen Sonnenschein u. s. w. nicht gelten – denn durch die letzteren Ursachen konnten ja die Seelenkräfte, wenn sie übertrieben wirkten, ebenso leicht verdünnt und abgeschwächt werden, wie sie in kälteren Ländern durch das zu wenig verdichtet werden konnten; – er führte die Sache vielmehr zu ihrer Quelle zurück; – zeigte, dass die Natur in wärmeren Ländern eine leichtere Steuer auf den schönsten Teil der Schöpfung gelegt – ihm mehr Vergnügen gewährt und weniger Nöten auferlegt habe, so dass der Druck auf den Wirbel bei der Geburt so gering sei, dass dabei die ganze ursprüngliche Organisation des Cerebellum gewahrt bleibe; – ja er glaube, dass dort bei natürlichen Geburten auch nicht eine einzige Faser des Gewebes verrückt oder verletzt werde, – so dass der Geist darin so handeln könne wie es ihm beliebe.
    Nachdem mein Vater einmal so weit gekommen war – warfen die Berichte über den Kaiserschnitt und die großen Genies, welche durch ihn zur Welt gekommen waren, ein weiteres mächtiges Licht auf diese Hypothese! Daran können Sie es sehen! pflegte er zu sagen, hierbei hat das Sensorium keinen Schaden gelitten, – der Kopf wurde nicht gegen das Becken gedrückt, – das Cerebrum nicht gegen das Cerebellum vorgetrieben, weder durch das os pubis aus der einen, noch durch das os coxygis auf der andern Seite; – und was waren die glücklichen Ergebnisse dieser Operation? Nun zuerst Julius Cäsar, der ihr den Namen gab, – Hermes Trismegistus, der so zur Welt kam noch ehe die Operation einen Namen hatte, – Scipio Africanus, Manlius Torquatus, unser Eduard VI. – Der, wenn er nur am Leben geblieben wäre, der Hypothese gewiss alle Ehre gemacht haben würde; – diese Männer und noch manche andere, die eine hohe Stufe in den Annalen des Ruhms einnehmen – kamen von der Seite in die Welt.
    Sechs Wochen lang ging der Schnitt in den Abdomen und Uterus meinem Vater im Kopf herum; – er hatte mit Befriedigung ablesen, dass Einschnitte in das Epigastrium und die Matrix nicht tödlich seien, und der Leib der Mutter somit mit Leichtigkeit geöffnet werden könne, um das Kind durchzulassen. – Er erwähnte die Sache eines Abends gegen meine Mutter – vorerst nur als eine Tatsache; aber als er sah, dass sie schon beim Nennen der Sache todesblass wurde, so hielt er es doch, so sehr die Operation seinen Hoffnungen geschmeichelt haben würde, – für besser, nicht mehr darauf zurückzukommen, – und begnügte sich etwas zu bewundern, was er gleichwohl für zwecklos hielt in Vorschlag zu bringen.
    Dies war also die Hypothese meines Vaters, des Herrn Shandy. Ich habe nur noch beizufügen, dass mein Bruder Bobby derselben so große Ehre machte (mochte er nun der Familie welche machen oder nicht) als irgend einer der angeführten Herren; denn da er nicht nur wie ich bereits gemeldet, getauft wurde als mein Vater sich in Epsom befand, sondern auch zu dieser Zeit zur Welt kam – er überdies das erste Kind meiner Mutter war, – mit dem Kopf voraus geboren wurde – und hernach ein Bursche von merkwürdig schwachen Geisteskräften wurde – so buchstabierte sich mein Vater dies Alles in seinen Gedanken zusammen; und da er mit dem einen Ende kein Glück gehabt hatte, – so war er entschlossen, es diesmal mit dem andern zu probieren.
    Dabei war aber von der Hebammenzunft nichts zu hoffen, die sich nicht so leicht aus dem gewohnten Weg bringen lässt; – deshalb war mein Vater so sehr für einen Mann der Wissenschaft, – mit dem er besser zu fahren hoffte.
    Von allen Männern in der Welt erschien ihm aber Dr. Slop als der geeignetste; denn wenn auch seine neu erfundene Zange eine Waffe, die er erprobt hatte, und seiner Ansicht nach das beste Instrument für die Entbindung war, so hatte er doch in seinem Buch hierüber auch ein Paar Worte zu

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