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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Schicksal! sprach er und biss sich in die Lippen, als er die Türe schloss, – dass ein Mann eine der schönsten Folgerungsgaben von der Welt besitzt – und zugleich ein Weib mit einem solchen Stück von einem Kopf hat, dass er auch nicht eine einzige Folgerung hineinbringen kann, um seine Seele vom Verderben zu retten!
    Dieser Beweisgrund, der an meiner Mutter völlig verloren ging – hatte aber für ihn mehr Wert als alle anderen Gründe zusammen: Ich will daher versuchen ihm hier sein Recht widerfahren zu lassen und ihn mit all dem Scharfsinn dessen ich fähig bin, auseinander zu setzen.
    Mein Vater stützte sich auf folgende zwei Grundsätze:
    Erstens, eine Unze eigenen Verstandes sei mehr wert als eine Tonne fremden; und
    Zweitens (beiläufig war dies das Fundament des ersten Satzes, obschon es hinten drein kommt), eines jeden Menschen Verstand müsse aus seiner eigenen Seele hervorgehen, nicht aus anderer Leute ihrer.
    Da es nun für meinen Vater eine ausgemachte Sache war, dass alle Seelenkräfte von Hause aus einander gleich seien – und dass der große Unterschied zwischen dem schärfsten und stumpfesten Verstand – nicht von der ursprünglichen Schärfe oder Stumpfheit herrühre, die ein denkendes Wesen mehr oder weniger als ein anderes habe – sondern von der glücklichen oder unglücklichen Organisation des Körpers an derjenigen Stelle herrühre, wo die Seele hauptsächlich ihre Wohnung aufgeschlagen habe – so hatte er es zum Gegenstand seiner Forschung gemacht, eben diese Stelle herauszufinden.
    Auf Grund der besten Darstellungen, die er sich über diese Sache zu verschaffen gewusst hatte, war er nun zu der Überzeugung gelangt, dass jene Stelle sich nicht da befinde, wo Des Cartes sie hinverlegt hat, nämlich auf der Spitze der Zirbeldrüse im Gehirn, die wie jener Philosoph behauptet hatte, ein Kissen von der Grösse einer englischen Erbse für jene bilde; obschon dies eigentlich keine so üble Annahme war, indem so viele Nerven dort ihren Ausgangspunkt haben; und ohne Zweifel wäre auch mein Vater mit jenem großen Philosophen mitten in diesen Irrtum gefallen, wenn mein Onkel Toby nicht gewesen wäre. Dieser aber befreite ihn hiervon, indem er ihm die Geschichte von einem wallonischen Offizier erzählte, dem in der Schlacht bei Landen durch eine Flintenkugel ein Teil des Gehirns weggeschossen und ein weiterer Teil nachher durch einen französischen Wundarzt herausgenommen worden war, und der trotz allem wieder genesen war und seinen Dienst wie vorher versehen hatte.
    Wenn der Tod, sagte sich mein Vater in seinem Selbstraisonnement, nichts weiter ist als die Trennung der Seele von dem Körper – und wenn es wahr ist, dass Leute auch ohne Gehirn herumgehen und ihre Geschäfte besorgen können – so kann die Seele dort ihren Wohnsitz nicht haben. Quod erat demonstrandum!
    Was nun aber jenen sehr dünnen, feinen und sehr wohlriechenden Saft betrifft, den der große Mailänder Arzt Coglionissimo Borri in einem Brief an Bartholinus in den Zellen des am Hinterhaupte liegenden Gehirnteils gefunden zu haben behauptet, und den er ebenfalls für den Hauptsitz der vernünftigen Seele ausgibt (denn der Leser muss wissen, dass es seit dieser letzten, aufgeklärteren Zeiten zwei Seelen gibt, die im Menschen leben, – und wovon die Eine nach dem großen Metheglingius Animus, die Andere Anima heißt), was also die Borri'sche Ansicht anbelangt, – so konnte sich mein Vater derselben niemals anschließen; der Gedanke, dass ein so edles, verfeinertes, stoffloses und erhabenes Ding wie die Anima oder auch der Animus, wie ein Kaulfrosch den ganzen Tag lang Sommer und Winter in einer Pfütze – oder eben in irgend einer Flüssigkeit, ob sie nun so dick oder so dünn sein mochte, wie man wollte, leben und plätschern sollte, das pflegte er zu sagen, sei doch seiner Phantasie zu viel zugemutet; er könne dieser Lehre kaum ein Ohr leihen.
    Am wenigsten bestreitbar erschien ihm daher der Gedanke, dass das Obersensorium oder Hauptquartier der Seele, der Ort, bei welchem alle Rapporte einliefen, und von wo aus alle Befehle ergingen, sich in oder in der Nähe des Cerebellum oder vielmehr um die Medulla oblongata herum sitze, wo sich auch nach der allgemeinen Ansicht holländischer Anatomen alle die winzigen Nerven sämtlicher Organe der sieben Sinne wie die Straßen und Gassen einer Stadt auf einem Marktplatze zusammenfände.
    Bis hierher war nichts besonderes in meines Vaters Ansicht – die besten Philosophen aller

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