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Laurins Vermächtnis (German Edition)

Laurins Vermächtnis (German Edition)

Titel: Laurins Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Biegert
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Renault auf, setzte sich auf den Beifahrersitz und knallte die Tür wieder zu. Der blonde Mann riss den Kopf nach oben und starrte Greta an, wie wenn er einen Geist vor sich hätte.
    „Was ...?“
    Dem Mann zitterten die Nasenflügel.
    „Was wollen Sie?“
    Seine Stimme klang zittrig und er wusste es.
    „Ich stelle die Fragen!“, blaffte Greta ihn an.
    Sie spürte, welche Wirkung ihr Überraschungsangriff erzielt hatte und wollte die Situation nutzen, solange der Vorteil noch auf ihrer Seite war.
    „Wer sind Sie und was machen Sie hier?“
    Ganz allmählich gewann der Mann seine Fassung zurück. Doch eine Idee, wie er sich geschmeidig herausreden könnte, hatte er nicht. Er war einfach zu perplex über die Situation: Er hatte Greta Baladier gesucht, und sie hatte ihn gefunden.
    „Ich heiße Jacques Brel.“
    Greta schaute ihn entgeistert an. Das war das Pseudonym, das dieser Miroir-Reporter benutzt hatte. Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam wieder, und sie hatte auch nicht das Gefühl, in einer bedrohlichen Situation zu sein. Der Mann wirkte nicht gefährlich, seine Stimme klang sogar sympathisch. Nur, dass er offenbar die Chuzpe aufbrachte, sie auf den Arm zu nehmen.
    Greta straffte sich, nickte betont förmlich mit dem Kopf und sagte: „Angenehm, Marlene Dietrich.“
    Sie fand, dass das eine ziemlich geistreiche Reaktion war, doch ihre Wirkung hätte sie sich anders vorgestellt.
    „Jacques Brel“ verfiel in schallendes Gelächter. Er konnte gar nicht mehr aufhören; nach einer unverschämt langen Weile wischte er sich sogar ein paar Lachtränen aus den Augenwinkeln.
    „Entschuldigen Sie, ich wollte sie wirklich nicht veralbern.“
    Der Mann griff in die Innentasche seiner Jagd-und-Hund-Jacke, zog seinen Ausweis hervor und reichte ihn Greta. Da stand tatsächlich: „Jacques Brel, geboren am 28. April 1967 in Montpellier“ .
    „Es ist ja eigentlich schön, so zu heißen wie einer der berühmtesten Interpreten der französischen Sprache, aber es führt halt leider auch dauernd zu Missverständnissen.“
    Greta sah ihn mit leeren Augen an. Sie versuchte, sich zu vergegenwärtigen, warum sie eigentlich gerade in diesem Auto saß. Dieses diffuse Gefühl der Bedrohung verblasste zusehends. Es kam ihr eher so vor, als habe sie eben eine nette Zufallsbekanntschaft gemacht.
    „Schuld daran ist meine Großmutter väterlicherseits. Sie bewunderte Jacques Brel und war furchtbar stolz darauf, den gleichen Nachnamen zu tragen wie er. Na ja, und als ich dann auf die Welt kam, lag sie meinen Eltern so lange in den Ohren, bis sie bereit waren, mich „Jacques“ zu nennen. Allerdings – singen kann ich nicht.“
    „Und ich heiße nicht Marlene Dietrich.“
    „Ich weiß, Frau Baladier.“
    Nicht nur das Gefühl der Bedrohung wurde in Greta schlagartig wieder wach; jetzt bekam sie es regelrecht mit der Angst zu tun.
    „Jetzt reicht’s mir aber langsam, wer sind Sie?“ Sie versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen.
    „Seien Sie mir nicht böse. Über kurz oder lang hätte ich sowieso versucht, direkten Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Ich wollte mir nur zuerst ein Bild von den äußeren Umständen machen.“
    „Wovon reden Sie, von welchen äußeren Umständen?“ Greta war am Rande der Hysterie.
    „Kennen Sie den Artikel über Sie und ihre Familiengeschichte, der vor ein paar Monaten im „Miroir“ erschienen ist?“
    „Ja, den kenne ich.“
    „Ich habe den Artikel geschrieben.“
    „Wie bitte?“
    „Ich bin Journalist, genauer gesagt, Chefreporter des Miroir. Das, was im vergangenen Sommer bei den French Open passiert ist, war wirklich außergewöhnlich. Gerüchte über Ihren familiären Hintergrund hatte es schon seit Jahren gegeben, und Sie selber sind abgetaucht, haben kein einziges Wort der Erklärung gesagt. Na, und dann habe ich eben angefangen zu recherchieren.“
    Greta fühlte sich nackt. Sie saß neben einem Mann, der ihr ganzes Leben kannte, in manchen Details aus der Geschichte möglicherweise sogar besser als sie selbst.
    „Na gut, Sie sind Journalist und haben Ihre Arbeit gemacht. Ich kann zwar nicht behaupten, dass mir das besonders angenehm ist, aber ich kann nichts dagegen tun, und es ist ja auch Ihr gutes Recht. Aber: Die Geschichte ist geschrieben, meine Familiengeschichte bekannt, meine Karriere beendet. Was wollen Sie denn jetzt noch?“
    „Ich will ... verzeihen Sie, es soll nicht anzüglich klingen ... ich will Sie!“
    Greta blieb die Luft weg. Niemand hätte sie gehindert,

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