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Laurins Vermächtnis (German Edition)

Laurins Vermächtnis (German Edition)

Titel: Laurins Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Biegert
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Jacques Brel zum Teufel zu wünschen und den Wagen zu verlassen. Und doch blieb sie. Dieser Mann hatte nichts Falsches. Möglicherweise war er sogar jemand, dem man vertrauen konnte.
    „Wie - mich?“
    „Sie als Person ... als Mensch ... als Protagonistin. Meine Geschichte handelt von Ihnen, sie ist nicht vollständig ohne Sie.“
    Greta schwieg. Sie schwieg sehr lange und schaute nach vorne, durch die Windschutzscheibe auf die Straße, auf der Matthias vor einer Viertelstunde aus Ihrem Blickfeld verschwunden war. Und sie dachte nach. War eine Protagonistin nicht eine Handelnde?
    Plötzlich drehte sie sich nach links, schaute Jacques Brel an, der sie keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte, und sagte:
    „Warten Sie hier. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“
    Sie stieg aus, lief über die Straße und verschwand hinter der Tür des Jägerhofes. Sie ging hoch in Matthias‘ und ihr gemeinsames Zimmer, telefonierte kurz und schrieb ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier.
    „So, Jacques Brel“, sagte Greta, als sie wieder in das lila Auto eingestiegen war, „ich möchte gerne, dass wir jetzt gemeinsam nach Bozen fahren und meine Freundin Daniela besuchen. Sie ist eine sehr alte Freundin, die viel von mir weiß, und wir haben dort unbegrenzt Zeit und Ruhe zu reden. Abgesehen davon sollte Ihr Auto mal von dieser ausgesucht blöden Stelle verschwinden. Wenn Sie ein wirklich guter verdeckter Ermittler wären ... oder wie auch immer man das in Ihrer Branche nennt ... dann würden sie ein anderes Auto fahren und es woanders parken.“
    Jacques Brel, der Greta wortlos zugehört hatte, lächelte, offenbar hoch erfreut über den Verlauf des überraschenden Gesprächs, startete den Motor, wendete und steuerte sein lila Auto Richtung Westen.
    „Aber abgesehen davon“, sagte Greta lächelnd, „könnte ich mir vorstellen, dass wir beide vielleicht ein gutes Team werden.“
    Ja, dachte sich Matthias, während das Abendrot auf dem Rosengarten hinter seinem Rücken immer feuriger wurde, er musste sich Klarheit verschaffen. Alles andere war überhaupt keine Option. Trotz ihres Streits vom Vorabend freute er sich auf Greta. Er erhob sich von dem Mäuerchen, auf dem er minutenlang still gesessen hatte, und ging hinein.
    Das Zimmer war leer, von Greta nichts zu sehen. Doch während er sich aus seiner Lederkombi schälte, fielen ihm das weiße Blatt auf dem Schreibtisch und Gretas Handschrift ins Auge:
    „Hallo Mattes, ich bin bei Daniela und werde dort wahrscheinlich auch über Nacht bleiben. Mir geht‘s gut. Vielleicht können wir morgen noch mal in Ruhe miteinander reden. Ich liebe Dich.
    Greta.“
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6. Kapitel
    Das dreimalige kurze Klopfen an der Tür schreckte Matthias auf.
    Er lag seit zehn Minuten halb wach und hing seinen Gedanken nach. So viel er auch in den vergangenen Tagen gesehen und gehört hatte, konnte er nicht noch immer beschließen, alles zu ignorieren und sein prima Leben weiterleben? Er wusste in dem Moment, in dem er diese Möglichkeit im Kopf formulierte, dass er das nicht tun würde, er hatte nur einfach das Bedürfnis, festzustellen, dass es, technisch gesehen, diese Option gab, dass er noch nichts faktisch Unumkehrbares getan hatte. Aber was spielte das für eine Rolle? Was einmal in den Kopf hineingeraten war, ging nicht wieder hinaus. Er sollte das jetzt wohl endlich zur Kenntnis nehmen, sich vor Augen halten, dass es etwas zu tun gab und heute damit beginnen.
    „Matthias bist Du da?“
    Das war Rainers Stimme.
    Matthias fühlte sich durch die bloße Tatsache, dass sein Bruder vor der Tür stand, ertappt. Er hatte vorauseilendes schlechtes Gewissen, wie ein Mann, der mit dem Gedanken spielt, seine Frau zu betrügen.
    „Ja, ich bin da ... Moment.“
    Er sprang aus dem Bett, zog sich schnell seinen Bademantel über und öffnete. Rainer stand in Anzug und Krawatte und einem Trenchcoat vor ihm.
    „Matthias, ich muss weg, aus geschäftlichen Gründen. Ganz kurzfristig, geht leider nicht anders.“
    „Aber ...“
    „Ich weiß, Nonnas Beerdigung. Bis spätestens Freitag Vormittag werde ich wieder da sein. Anna bereitet alles vor. Vielleicht kannst Du ihr ja ein bisschen helfen.“
    „Ja, klar. Was gibt‘s denn so Dringendes?“
    „Kann ich jetzt nicht erklären, mein Taxi steht schon vor der Tür. Geschäftskram halt. Wenn Du einfach ein wenig ein Auge darauf hast, dass alles läuft.“
    Mit einem Mal wurde Matthias klar, wie gut sich das fügte, dass sein Bruder für zwei Tage aus dem Haus

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