Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Canaan.«
»Dann verstecken sie sich also die meiste Zeit hinter ihren Büchern, oder?«, sagte Mack.
»Wahrscheinlich. Und mühen sich brav am Alten Testament ab.«
Mack lächelte. »Wo genau liegt es?«
»Einfach die Straße weiter – die Route 44 in Richtung Canaan. Nach gut sieben Kilometern auf der rechten Seite. Großer Eingang, Steinsäulen mit Löwen drauf. Eisentor und eine lange Auffahrt. Man sieht das Internat noch nicht mal von der Straße aus.«
Mack nahm sich vor, es sich am folgenden Morgen anzusehen. Davor aber stand eine lange Nacht an. Er zog sich auf sein Zimmer zurück, duschte heiß und warf einen kurzen Blick auf den TV-Nachrichtensender. Er nahm ganz richtig an, dass die übliche Nachrichtenabfolge, bestehend aus Sprengstoffanschlägen, Morden, Schießereien, unterlassener medizinischer Hilfeleistung, Krebs, Vergewaltigung, Not, Elend und Leid, die üblicherweise von aufgehübschten, immer an den falschen Stellen lächelnden Schönheitsköniginnen präsentiert wurde, ihn wie immer deprimieren würde.
Das Hotel war ein warmer, heiterer Ort. Nur mit einem offenen Hemd und seinem hellen Blazer bekleidet, machte er sich auf zum Abendessen. An der Bar bestellte er sich ein Bier und ließ sich dann zu seinem von ihm so sehr geliebten gegrilltenSchwertfischsteak nieder, zu dem Pommes und Spinat serviert wurden. Zum Nachtisch gab es Obstsalat, garniert mit einer Kugel Vanilleeis. Dann nippte er eine halbe Stunde lang an einem großen schwarzen Kaffee und sah sich noch das Ende des Playoffs der Yankees an. Als treuer Red-Sox-Fan hoffte er auf eine Niederlage der Yanks, musste aber miterleben, wie sie 9 zu 1 gewannen.
Um 23 Uhr kehrte er auf sein Zimmer zurück und schlüpfte wieder in seine Outdoor-Sachen, denen er noch Handschuhe und einen Navy-Schal hinzufügte. Er wartete, bis der Gang im ersten Stock leer war, verließ sein Zimmer, eilte über die Hintertreppe nach unten und durch die Hintertür hinaus; er wollte nicht dabei beobachtet werden, wie er wie ein Deserteur der Bergwacht verstohlen ins Freie schlüpfte. Nicht heute Nacht.
Mack warf den Nissan an und fuhr los, überquerte den Blackberry River und passierte die Einfahrt zur Mountainside Farm. Statt anzuhalten, fuhr er weiter, bis er einen schmalen Weg fand, der, wie er mutmaßte, an der Westseite des Anwesens hochführte. Als er meinte, etwa auf gleicher Höhe mit dem Haus zu sein, fuhr er gut 500 Meter weiter und stellte den Nissan zwischen einigen Büschen ab, sodass der Wagen auch aus nächster Nähe so gut wie unsichtbar war.
Erneut hing er sich sein Fernglas um, zog den Parka zu, unter dem er seinen Schal trug, und ging auf dem Weg zurück, den er gekommen war. Dann trat er zwischen die dunklen Bäume und marschierte durch den Wald, ohne allzu sehr auf seine Geräusche zu achten. Er ging davon aus, dass er allein war.
Am Waldrand öffnete sich vor ihm ein weites Feld. Er richtete das Fernglas auf die Lichter, die in der Ferne, etwa 800 Meter weiter, auszumachen waren. Vor ihm lag das Farmhaus.
Es war eine bitterkalte Nacht, er meinte spüren zu können, wie sich der Frost auf das Gras legte. Mit knirschenden Schritten ging er zu einem großen Baum, lehnte sich gegen den Stamm und richtete erneut das Fernglas aus.
Niemand war zu sehen. Er konnte keine Wachen erkennen. Die Scheunentore waren geschlossen. Aber im Erdgeschoss des Hauses brannte Licht, dazu einige Lichter in den Zimmern oben, wo jetzt, wie er mutmaßte, auch der Typ lag, der ihn am Nachmittag angegriffen hatte. Der arme Kerl.
Es ging auf Mitternacht zu. Mack beschloss, dass es keinen besseren Zeitpunkt gab, um einen Blick auf die Farm zu werfen und herauszufinden, ob sich seine Verdächtigen dort aufhielten. Ganz offensichtlich konnte er schlecht mit einer Feuer speienden Maschinenpistole ins Haus stürmen. Zumindest nicht in dieser Nacht, hatte er doch keine Schusswaffe dabei. Nichtsdestotrotz könnte er sie einzeln eliminieren, falls sie sich allein auf dem Hof blicken ließen. Die einzige Waffe, die er bei sich trug, in einer Scheide hinten in seiner Hose, war das SEAL-Kampfmesser, das sich im Ilkley Moor in England als so nützlich erwiesen hatte.
Das weite Feld vor ihm war ohne jeden Bewuchs, keine Deckung. Also marschierte er unter dem Sternenhimmel und dem hellen Mond einfach drauflos. Er wusste, vom Haus aus würde er so gut wie unsichtbar sein, da das Mondlicht eine trügerische Helligkeit vorgaukelt: Es ist nie so hell, wie man denkt, und taucht
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