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Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Titel: Lauschangriff - Im Visier der Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Robinson
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Sie konnten den Anruf nur irgendwo in den Berkshire Hills lokalisieren, wahrscheinlich irgendwo entlang der Interstate 90.
    Aber mehr brauchte es gar nicht, denn das Handysignal hatte seinen Ursprung etwa 40 Kilometer von der Canaan Academy entfernt, wo nicht ganz eine Stunde zuvor ein Sprengsatz hochgegangen war. Nun war unbestreitbar, dass ein Zusammenhang bestehen musste. Zehn Minuten später war die Bundespolizei von Connecticut und Massachusetts davon überzeugt, dass die beiden bekannten Terroristen unterwegs nach Boston waren.
    Auch Ibrahim war nun alarmiert. In gewisser Weise hatte er sich durch sein Telefonat verraten. Er hatte keine Ahnung, woher die US-Polizei von ihm oder seiner Rolle bei dem Anschlag wissen sollte. Aber schließlich waren es Amerikaner, die wussten alles.
    Ibrahim wurde von Minute zu Minute nervöser. Yousaf hatte sich völlig in sich zurückgezogen, saß regungslos da und starrte auf die Berkshire Hills. Aber er sah nicht die goldenen Herbsthänge kurz vor dem ersten Schneefall. Er hatte nur die heißeLandschaft des östlichen Kubas vor sich, das verdorrte Gras, die braune Vegetation, die das Gefängnis in der Guantanamo Bay umgab.
    Er sagte nichts und spürte lediglich, dass er Ibrahim irgendwie helfen sollte. Als auf der Gegenfahrbahn plötzlich zwei Streifenwagen auftauchten, die ihnen mit Sirene und Blaulicht entgegenrasten, wurden sie jedoch unsanft in die Wirklichkeit zurückbefördert.
    Yousaf setzte sich auf. »Sie suchen doch nicht nach uns, oder?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Ibrahim. »Noch nicht. Aber ich verlasse sofort den Highway.«
    Er fuhr beim Exit 3 vor Springfield vom Turnpike ab, schlug die Richtung nach Norden ein und gondelte auf Nebenstraßen, auf denen der Pick-up eher zu Hause war als auf dem Highway, durch die Berkshires. Die generelle Richtung war Nordosten, zur Küste weit nördlich von Boston.
    Ibrahim war sich seines Zieles nicht ganz sicher, aber während seiner zwei Semester in Harvard war er mit anderen Studenten zum Angeln oder zum Wandern oft an die Küste von Maine gefahren. Wie viele Bostoner Studenten liebte er die ungezähmte Landschaft, die Einsamkeit, das Gefühl, man befinde sich dort in einem längst vergangenen Zeitalter. Maine galt als rückständig, nach Meinung vieler aber war es ein Rückschritt in bessere, liebenswertere Zeiten. Daher wollte Ibrahim nach Maine, wo er nicht nur nachdenken konnte, sondern wo es auch eine 800 Kilometer lange Grenze zu Kanada gab.
    Ibrahim wusste nichts über die Abgeschiedenheit des hufeisenförmigen Grenzverlaufs, nichts über die wenigen Straßen oder Highways, das schlechte Wetter und die Unmöglichkeit, über die Berge nach Kanada zu kommen. Im Moment war er vollauf damit beschäftigt, die richtigen Straßen zu finden, die ihn nördlich von Boston bringen würden; ständig fuhr er von den großen, in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung verlaufendenFernstraßen ab und wich auf Landstraßen aus, was die Fahrt enorm verlängerte.
    Als die Dunkelheit über Neuengland hereinbrach, steuerte er einen Rastplatz an und bat Yousaf, aufzutanken und in bar zu zahlen. Er selbst ging zu einer etwas ruhigeren Stelle vor dem Restaurant und rief seinen alten Herrn im muslimischen Bradford an, Scheich Abdullah Bazir.
    In England war es 23 Uhr. Der Scheich hatte die Moschee verlassen und hielt sich in seinem Büro im Kellergeschoss auf. Ibrahim erklärte ihm, dass seine US-Mission gescheitert sei und nahezu alle Beteiligten bei der Explosion ums Leben gekommen waren.
    Scheich Abdullah, der selbst sehr gut mit Sprengstoffen umzugehen wusste, zuckte innerlich zusammen, als er erfuhr, welche Menge Ammoniumnitrat verwendet worden war. »Sie hatten nicht die geringste Chance«, sagte er über die Männer im Bus. Er drückte sein tiefstes Bedauern zum Tod von Ben al-Turabi und Abu Hassan aus und versicherte Ibrahim, dass er heute noch für sie beten und Allah bitten wolle, sie als Märtyrer seiner Sache anzusehen und sie im Paradies willkommen zu heißen.
    Dann erzählte er Ibrahim, was dieser am meisten zu hören wünschte: Er wolle ihn und Yousaf aus den USA holen. Er werde umgehend Shakir Khan in Islamabad verständigen, damit er die Schläferzellen im amerikanischen Nordosten aktiviere. Falls Zahlungen nötig seien, würden sich die heiligen Männer in Riad über ein verschlungenes Netzwerk von Anwaltskanzleien in Großbritannien und den USA darum kümmern. Ibrahim solle auf jeden Fall auf dem Land bleiben und Städte und

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