Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Highways meiden. Er riet ihm, nachts zu fahren. Wenn möglich, solle er sich stets zu diesem Zeitpunkt, gegen 23 Uhr, bei ihm in Bradford übers Festnetz melden. Der Scheich ließ sich von Ibrahim für den absoluten Notfall die Handynummer geben. Er würde sich einen Plan überlegen, sie aus den USA herauszuholen.
Danach ging es Ibrahim besser. Er betrat das Restaurant und kaufte Cheeseburger mit Pommes, die er und Yousaf draußen auf dem Parkplatz verdrückten. Erneut machten sie sich auf den Weg in den Norden, überquerten südlich von Nashua die Grenze zu New Hampshire und fuhren in die White Mountains.
In einem kleinen Motel verbrachten sie die Nacht, erneut zahlten sie in bar. Sie standen früh auf, schlugen wieder die Richtung zur Atlantikküste ein und fuhren auf der Route 2 durch die hügelige Landschaft nach Bangor.
Ohne Zwischenfall erreichten sie die Stadt, wo sie einen großen Supermarkt ansteuerten. Sie nahmen ihre Taschen mit, ließen die Kalaschnikows in ihrem Versteck unter der Ladefläche und suchten das Restaurant im Supermarkt auf. Yousaf bestellte an der Theke Kaffee und Süßgebäck, Ibrahim kaufte in der Zeitschriftenabteilung einen Straßenatlas mit Touristeninformationen für die USA, Kanada und Mexiko.
Ibrahim verschluckte sich fast an seinem Kaffee, als er herausfand, wie unmöglich es war, von Maine nach Kanada zu gelangen. Ihm war die I-95 bekannt, an deren Grenzübergang Zollbeamte sowie die kanadische Einwanderungsbehörde und die Polizei Dienst schoben. Viele Terroristen hatten versucht, hier über die Grenze zu kommen. Zu viele waren dabei geschnappt worden.
Ibrahim brütete über der Karte. Es gab eine Fähre von Portland, Maine, nach Nova Scotia, aber mittlerweile waren sie bereits gut 150 Kilometer nördlich der größten Stadt von Maine, und keiner von ihnen beiden wollte wieder in den Süden zurück. Ibrahim kam zu dem Schluss, dass ihre einzige Chance die Fähre nach Yarmouth, Nova Scotia, war, die jeden Morgen von Bar Harbor auslief.
Ibrahim war erleichtert. Er nahm sich ein zweites Gebäck und bat Yousaf, zwei Becher Kaffee zu holen. Eine halbe Stunde später traten sie den letzten Abschnitt ihrer langen Reise zur Küste von Maine an. Sie griffen sich ihre Taschen und wollten bereitsden Supermarkt verlassen, als Ibrahim wie angewurzelt stehen blieb. Draußen auf dem Parkplatz, genau hinter ihrem Dodge, standen zwei Streifenwagen. Zwei Bundespolizisten mit Notizblöcken schrieben etwas auf.
Ibrahim zog Yousaf zurück, griff sich einen Einkaufswagen und legte beide Ledertaschen hinein. Dann füllte er den Wagen mit Gemüse, Kohl, Kartoffel- und Salatpackungen.
Damit stellte er sich in eine der Schlangen vor den Kassen und packte das Gemüse auf das Förderband. Es dauerte zehn Minuten, bis sie den vollbeladenen Wagen nach draußen schieben konnten. Die beiden Bundespolizisten aber waren noch immer da, nur sprach jetzt einer in sein Funkgerät. Eines war Ibrahim klar: Er und Yousaf standen definitiv auf der Fahndungsliste der Polizei.
Auf dem Parkplatz befanden sich zwei- bis dreihundert weitere Fahrzeuge, die Polizisten aber waren nur an einem interessiert, dem, der von zwei bekannten Terroristen gesteuert wurde, die jetzt ganz offensichtlich von der Bundespolizei im Zusammenhang mit einem Sprengstoffanschlag und dem versuchten Mord an 1300 Menschen gesucht wurden.
Offensichtlich war das Fahrzeugkennzeichen der Polizei bekannt; es würde nicht mehr lange dauern, und die Polizisten würden die beiden AK-47 entdecken.
»Los, setz dich in Bewegung«, sagte Ibrahim. »Ganz langsam, schieb den Wagen, wie es alle anderen auch tun. Weg vom Pick-up und den beiden Bullen. Tu so, als würdest du zu deinem eigenen Auto gehen.«
Yousaf sah ihn zweifelnd an, tat aber, wie ihm gesagt wurde. Sie näherten sich dem Ende des Parkplatzes und waren damit so weit wie möglich vom Streifenwagen entfernt, ohne direkt den Parkplatz zu verlassen.
Nun eröffneten sich ihnen eine Menge Möglichkeiten, die ihnen aber allesamt nicht sonderlich gefielen. Sich mitsamt den Taschen ein Taxi suchen? Aussichtslos. Mit den Taschen eine Bushaltestelle finden? Noch schlimmer. Die Straße zur Küste ausfindig machen und versuchen, dorthin zu trampen? Lächerlich. Zu einer Autovermietung? Verrückt. Einen Wagen klauen? Besser. Aber nur mitsamt Fahrer. Denn dann hatten sie ein paar Stunden gewonnen, bevor er vermisst wurde. Im anderen Fall, wenn sie sich nur den Wagen schnappten, hätten sie innerhalb von
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