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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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bekommen Sie nachgeliefert. Okay?« Sie antwortete: »Okay«, und ich schickte Alice hinunter ins Hauptgeschoß, die Flaschen zu holen.
    Die große Anprobe sah aus wie eine Rote-Kreuz-Station nach einer Großkatastrophe. Die drei bewußtlosen Mädchen lagen auf dem Fußboden, und von den übrigen fanden zwei, daß sie es bequemer haben würden, wenn sie sich ebenfalls auf den Boden legten. Wir schoben ihnen Kartons unter die Köpfe; wir zogen ihnen die Schuhe aus; wir lockerten ihnen die Kleidung. Inzwischen fühlten sie sich alle sterbenseiend, und so sahen sie auch aus. Ich fragte das Mädchen mit dem Schluckauf, was das alles ausgelöst habe, und sie antwortete jämmerlich: »Wir haben im Alten Kolonialklub zu Mittag gegessen — hick — zu Ehren von Marion — hick — und natürlich fingen wir — hick — mit Martinis an, aber dann bestand Marion darauf — hick — daß wir zu Grünen Dragonern übergingen, und die — hick — haben uns den Rest gegeben.«
    »Was, um alles in der Welt, sind Grüne Dragoner?«
    Mit Tränen in den Augen antwortete sie: »Cognac und Scotch — hick — und obendrauf Crème de Menthe. Marion hat sechs getrunken. Wird sie’s überleben?«
    »Das kann man noch nicht sagen«, erwiderte ich.
    Ben McMahon und Ted Norrish kamen mit riesigen Kannen voll schwarzem Kaffee, Pappbechern und einem großen Beutel Eiswürfel. Männer konnten wir nun nicht mehr gebrauchen; die Abteilung Brautausstattungen sah aus, als habe sie sich in eine gynäkologische Massenbehandlungsstation verwandelt, und ich bat die Herren höflich, sich davonzuscheren, mit dem Zusatz, daß ich es begrüßen würde, wenn sie die Ereignisse dieses Nachmittags als schwarzes Geheimnis tief in ihrer Brust bewahren würden. Ted meinte etwas beklommen, sie müßten einen offiziellen Bericht darüber einreichen, und ich erwiderte: »Es wird keinen offiziellen Bericht darüber geben. Vergessen Sie einfach, daß Sie heute überhaupt hier in der Abteilung waren.«
    »Warum?« fragte Ben; worauf ich ihnen zuflüsterte, wer Marion Carroll war. Beiden blieb der Mund offenstehen, und ich machte, daß ich davonkam.
    Ich füllte einen Zellophanbeutel mit Eiswürfeln, einen Pappbecher mit Kaffee, schärfte Patsy Cullen ein, die Tür der großen Anprobe verschlossen zu halten, und eilte in mein Büro. Marion lag noch unverändert über die drei Stühle gestreckt; ihr Gesicht war blaß und schweißbedeckt, und sie atmete geräuschvoll. Gleichmütig fächelte Mrs. Buckingham ihr mit einer Ausgabe von Harper’s Bazaar Luft zu.
    »Wie geht es ihr?« fragte ich.
    »Sie atmet noch, meine Liebe. Und das ist für gewöhnlich ein gutes Zeichen.«
    »Ich habe Eis und schwarzen Kaffee mitgebracht.«
    »Reizend von Ihnen. Ich lechze nach einem Kaffee. — Sehr hübsch ist das Mädchen nicht, oder? Sehen Sie die Augenbrauen an. Und diese Schenkel! Kein Wunder, daß George mit Effie davonlief. Ich bin sicher, ihr Verlobter, Charlie Wells, würde sich auch spornstreichs mit einem anderen Mädchen davonmachen, wenn er sie jetzt sähe.« Sie kicherte leise bei dem Gedanken.
    »Sie haben Martinis und Grüne Dragoner hintereinander getrunken«, erklärte ich. »Deshalb sind sie alle in dieser Verfassung.«
    »Wie ordinär«, sagte Mrs. Buckingham. »Aber diese modernen Mädchen mischen alles mit allem. Zu meiner Zeit — «
    »Wollen wir versuchen, sie aufzurichten, Mrs. Buckingham?«
    »Probieren wir es.«
    Wir bemühten uns, doch das Mädchen kippte zur Seite wie ein Sack. Wir hielten sie beide mit eisernem Griff fest, und irgendwie gelang es mir, den Reißverschluß ihres Kleides zu öffnen. In diesem Augenblick läutete mein Telefon. Ich angelte um meinen Schreibtisch herum nach dem Hörer, während ich mit der anderen Hand Marion festhielt, und sagte gelassen: »Brautausstattungen, Miß Evans.«
    Es war wieder Miß Keeler. Ihre Stimme klang wildwütend. »Miß Evans! Ist Miß Carroll noch immer nicht da?«
    »Tut mir leid, nein.« Das war nur eine bedingte Lüge. Miß Carrolls Körper mochte zwar da sein, doch ihr Geist war fern.
    »Mr. Carroll macht sich große Sorgen ihretwegen.«
    »Oh, das ist sicher nicht nötig. Sie wissen doch, wie Mädchen sind, wenn sie zusammen beim Essen sitzen. Bitte, sagen Sie Mr. Carroll, daß ich ihn benachrichtigen werde, sobald Miß Carroll ein trifft.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
    Vor der nächsten Störung bekamen wir es fertig, Marion das Kleid auszuziehen. Diesmal klopfte es an die Tür, und als ich

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