Lauter Bräute
zu Hilfe zu kommen, die auf den Teppich spie. Miß James und Mrs. Wissock versuchten, unsere Vorführpuppe zu retten, doch es gelang einem der schwarzgewandeten Mädchen, sich des Kopfputzes zu bemächtigen, mit dem es, einer Geistererscheinung gleich, in Richtung auf Modeschuhe flüchtete, unsere beiden Sicherheitsdamen ihr auf den Fersen. Ben McMahon machte Anstalten, das hysterisch gewordene Mädchen im Sessel zu beruhigen und wurde beinahe enthauptet, als es plötzlich ausschlug wie ein Pferd, wobei es ihn mit der Schuhspitze am Kinn traf. Es war das reine Tollhaus.
In den ersten Sekunden dieses Riesenspektakels bin ich wohl tausend Tode gestorben, doch dann begann mein Gehirn wieder zu arbeiten, Alice kauerte neben einem der großen Spiegel; ich rief ihr zu: »Holen Sie ein paar Pappkästen aus dem Lager«, da ich es nicht mit ansehen konnte, wie unser prächtiger, nilgrüner Teppich ruiniert wurde. Wenn einige dieser gepflegten Mädchen sich übergeben wollten, konnten sie das hygienisch in einen unserer weißgoldenen Verpackungskartons tun. Dann eilte ich hinüber zu den beiden Bräuten, die im Foyer gewartet hatten — sie waren grün vor Angst — und sagte: »Bitte, beunruhigen Sie sich nicht. Es ist nichts — nur eine Art Probe.« Wieso sie das beruhigen konnte, weiß ich zwar nicht, aber es schien zumindest teilweise zu wirken. Dann rief ich Patsy zu: »Sie können hier nicht liegen bleiben, wir müssen sie aus dem Foyer schaffen.«
Damit lief ich bereits zu den Anprobekabinen und schickte Mrs. Hazel, Miß de Wild und Mrs. Hatfield als Verstärkung für die Sicherheitstruppen hinaus; ich brach in die Schleierwerkstatt ein und scheuchte Margot Barry hinaus; und schließlich stürzte ich in den Raum der Beraterinnen, wo Mrs. Buckingham friedlich über der New York Times saß. »Mrs. Buckingham! Sie sind da! Und sie sind alle blau wie die Strandhaubitzen!«
»Tatsächlich?« entgegnete sie und faltete die Zeitung sorgfältig zusammen. »Genau das habe ich erwartet, meine Liebe. Soll ich mit dem Riechsalz kommen?«
»Ja, ich glaube, das werden wir brauchen.«
Leise vor sich hin lächelnd, folgte sie mir.
Es war geradezu lächerlich, aber Mrs. Buckinghams und meinen vereinten Anstrengungen gelang es nicht, etwas mit Marion Carroll anzustellen. Wir konnten sie keinen Zentimeter vom Boden aufheben. Sie war wie ein Sack Kartoffeln, schlaff und klumpig, und sie schien mindestens zehn Zentner zu wiegen. Schließlich kamen Ben McMahon und Ted Norrish uns zu Hilfe. Ben nahm sie bei den Schultern, Ted an den Füßen, während Mrs. Buckingham und ich ihren Kopf hielten.
Der sicherste Ort für sie war fraglos mein Büro. Wir stolperten hinein, setzten Marion auf den Stuhl am Fenster, und Ted und ich hielten sie eisern fest, während Ben in Mrs. Snells Büro eilte und mit zwei Stühlen und einigen Schaumgummikissen zurückkehrte. Wir legten Marion quer über die drei Stühle, ließen sie dann in Mrs. Buckinghams Obhut und eilten zurück ins Foyer, um bei der Verteilung der übrigen Horde Hand anzulegen.
Sie mußten alle in die große Anprobe, entschied ich. Das war nicht leicht denn inzwischen hatten wir drei leblos scheinende weibliche Wesen die getragen werden mußten. Die Hysterische auf dem Sessel mußte von Patsy Cullen und Mrs. Wissock mit vereinten Kräften zur Ruhe gebracht werden. Das Mädchen, das sich übergeben hatte, wurde — vor sich hin stöhnend — von Mrs. Hatfield und Miß James hinausgeführt; Margot Barry und ich übernahmen eine nach der anderen die restlichen Damen. Das Mädchen mit dem Schluckauf konnte auf seinen eigenen zwei Beinen gehen. Diejenige, die das Schleiergesteck von der Vorführpuppe gerupft hatte, wurde jetzt merkwürdig grün im Gesicht und war kein Problem. Doch die Maikönigin wollte noch immer Blumen im Salon verstreuen, bis es Margot und mir schließlich gelang, uns gleichzeitig auf sie zu stürzen und sie einzufangen. Da brach sie zusammen und begann zu weinen.
Ich bat Mrs. Hazel und Miß de Wild, das Foyer in Ordnung zu bringen, und Miß Caswell erbot sich, edel wie immer, das Notdürftigste zur Säuberung des Teppichs zu tun. Ich schickte Ben McMahon und Ted Norrish in die Kantine, um so viel schwarzen Kaffee und Eiswürfel heraufzuholen, wie sie tragen konnten. Ich rief Lorna Field, die Einkaufsassistentin von Parfümerien an, und sagte: »Lora, wir haben hier eine Notsituation. Ich brauche zwei große Flaschen Kölnisch Wasser — die offizielle Anforderung
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