Lauter Bräute
daß er fast über seine eigenen Füße fiel. Es war allerdings auch ein Anblick, der für die Nachwelt hätte festgehalten werden sollen: acht bildhübsche Brautjungfern aus Connecticut, alle mit geöffneten Hüfthaltern, die meisten langausgestreckt auf dem Fußboden, einige mit den Köpfen über die weiß-goldenen Pappschachteln des Brautsalons gebeugt, dazu als Hilfsmannschaften drei Weiblichkeiten von der Sicherheit und vier Beraterinnen der Abteilung, die sie mit schwarzem Kaffee labten und ihnen Eiswürfel auf die heißen Stirnen drückten.
Höflich fragte ich: »Möchten Sie hineingehen und mit ihnen sprechen, Mr. Kirkpatrick? Vielleicht muntert sie das auf.«
»Um Gottes willen, nein.«
»Machen Sie die Tür zu, Patsy«, sagte ich. »Und schließen Sie wieder ab «
Die Tür wurde energisch geschlossen. Kirkpatrick und ich standen dicht voreinander.
»Wer sind diese Mädchen genau?« fragte er mit nicht ganz sicherer Stimme.
»Freundinnen von Miß Carroll. Sie sollen ihre Brautjungfern werden. Sie heiratet im Juni.«
»Und wie, um alles in der Welt, sind sie in einen derartigen Zustand geraten?«
»Sie haben ihr ein Essen im Alten Kolonialklub gegeben.«
»Feines Mittagessen.«
»Oh, das passiert alle Tage«, sagte ich leichthin.
»Wollen Sie sagen, daß Sie oft Gruppen von Mädchen haben, die in einem solchen Zustand ankommen?«
»So viele auf einmal waren es noch nie. Das war heute wohl ein Rekord.«
»Er brütete eine Weile darüber. Schließlich sagte er: »Haben diese Mädchen das Kleid von unserer Mannequinpuppe gerissen?«
»Ja.«
»Das ist ein Original von Giachino für 695 Dollar, nicht wahr?«
Erstaunlich, daß er das wußte. »Ja.«
»Wer bezahlt den Schaden?«
»Miß Carroll oder ihrem Vater können wir das nicht in Rechnung stellen. Die Abteilung wird die Kosten übernehmen.«
»Es ist also ein Totalverlust?«
»O nein. Wir werden es in unserer Änderangswerkstatt reparieren lassen und als Muster verwenden.«
»Was ist mit dem beschmutzten Teppich im Foyer?«
»Der ist imprägniert, Mr. Kirkpatrick. Die Hausverwaltung kann alle Flecken leicht beseitigen.«
Ich hatte das merkwürdige Gefühl, daß er mich mit diesen Fragen auf die Probe stellte. Er wollte im Grunde nicht die Antworten von mir hören, sondern nur herausfinden, ob ich sie wußte.
Er fragte: »Glauben Sie, daß Sie die Situation jetzt im Griff haben?«
»Ja. Ich glaube, wir haben alles unter Kontrolle.«
»In Ordnung. Sagen Sie Bescheid, wenn es irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte.« Er wandte sich halb ab — dann fiel ihm etwas ein. »Wie die Dinge liegen, haben Sie wahrscheinlich durchaus recht, sie von Mr. Carroll fernzuhalten.«
Mir schoß das Blut ins Gesicht. Er hatte mir noch ein Kompliment gesagt.
Dann fiel ihm noch etwas ein. »Was, sagten Sie, haben die Mädchen getrunken?«
»Martinis und Grüne Dragoner.«
»Grüne Dragoner? Was ist das?«
»Cognac und Scotch, obendrauf Crème de Menthe.«
»Mein Gott«, sagte er und schüttelte sich.
Marion saß aufrecht, als ich in mein Büro zurückkam. Ihr Büstenhalter war wieder an seinem Platz, der Hüfthalter halb geschlossen, und sie saß vornübergebeugt, die Finger beider Hände gegen die Schläfen gepreßt.
»Es geht ihr viel besser«, sagte Mrs. Buckingham.
»Das sehe ich. Hallo, Miß Carroll.«
»Hallo«, sagte sie, ohne aufzublicken.
»Ich bin D’Arcy Evans.«
»Der Name klingt bekannt, aber an das Gesicht erinnere ich mich nicht.«
»Sie waren um halb drei mit mir verabredet, um sich Brautkleider anzusehen.«
»Mir schwant sowas. Was ist mit meinen Freundinnen?«
»Wir kümmern uns um sie.«
»Gute-Samariter-Abteilung, was? «
»Nicht freiwillig.«
»Bitte, reden Sie nicht so viel. Mir platzt der Kopf.«
»Mochten Sie noch Kaffee?«
»Nein. Der schmeckt wie Schlamm. Besorgen Sie mir einen doppelten Martini. Extra dry und ohne Olive.«
»Tut mir leid, wir haben hier keine Bar.«
»Dann schicken Sie jemanden, der was holt. Geld finden Sie in meiner Tasche.«
»Tut mir leid, aber ich habe niemanden zum Schicken. — Miß Carroll, ich versprach Ihrem Vater, ihn wissen zu lassen, wenn Sie eintreffen. Er möchte herunterkommen und Sie begrüßen.«
»Machen Sie Witze?«
»Er hat mich angewiesen, ihn anzurufen.«
»Wie kann ich ihm so unter die Augen treten?«
»Sie werden sich in Kürze wesentlich besser fühlen. Wie wäre es, wenn ich ihn anriefe und sagte, daß Sie mich verständigten, Sie würden in einer halben
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