Lauter Bräute
attraktiv. Fett, mit Brille. Ich glaube, Natalie begeht einen großen Fehler, wenn sie ihn heiratet. Ich hätte meine Nase nicht in ihre Sorgen stecken sollen. Aber ich sagte ja schon, ich langweilte mich.« Sie schürzte die Lippen. »Das Geld gebe ich natürlich zurück. Das kann ich nicht behalten.«
»Warum denn nicht? Das ist ein Geschenk von Mr. Harris, Ausdruck seiner Dankbarkeit für das, was du für das Glück seiner Tochter getan hast. Er versucht ja nicht, dich zu bestechen.« Noch während ich sprach, schoß mir eine großartige Idee durch den Kopf. Ich stopfte das Geld und den Brief zurück in den Umschlag, griff mir den großen, weißen Karton mit den vier Dutzend Rosen und eilte aus dem Zimmer.
»Wo willst du hin?« rief Suzanne hinter mir her.
»Keine Angst, ich bin gleich wieder da.«
Ich fand Kirkpatrick in Miederwaren, im Gespräch mit der neuen Einkaufsassistentin, Jane Byrd. Er wandte sich mir zu und fragte: »Ja, Miß Evans?«
»Ich hoffe, ich störe nicht. Ich habe hier etwas, das ich Ihnen gern zeigen würde.«
»Wir sprechen uns später, Miß Byrd«, sagte er. »Kommen Sie mit in mein Büro, Miß Evans.«
Ich folgte ihm. Sein Büro lag hinter den Fahrstühlen. Es war klein und bemerkenswert aufgeräumt; alles tipptopp — klar Schiff auf der ganzen Linie. »Setzen Sie sich«, sagte er, worauf ich erwiderte: »Es dauert nur einen Moment.« Wir blieben beide stehen. Er betrachtete den weißen Karton ohne jede Neugierde.
»Sie baten mich, darüber nachzudenken, inwieweit Miß Banville für die Abteilung von Wert ist«, sagte ich. »Diese Rosen sind zufällig gerade für sie angekommen. Das Geschenk eines Kunden.«
Er lächelte, als spielten wir beide eine Partie Schach, und ich hätte einen unerwarteten, klugen Zug getan. »Oh?«
»Dieser Brief kam mit den Rosen. Würden Sie so freundlich sein, ihn zu lesen?«
Er las, runzelte die Stirn ob der Zehn-Dollar-Noten und fragte dann ruhig: »Sehr nett. Wer ist Mr. Harris?«
»Der Mann, der neulich morgens in meinem Büro weinte.«
»Ich erinnere mich. Und was hat nun Miß Banville getan, um diesen Begeisterungsausbruch bei Mr. Harris hervorzurufen?«
»Sie hat den gestrigen — ihren freien — Tag mit Miß Harris verbracht. Die Hochzeit war abgeblasen. Es gelang ihr, eine Versöhnung zwischen Miß Harris und ihrem Verlobten zustande zu bringen. Alles in allem eine wunderbare Sache.«
»Ich bin nach wie vor der Ansicht, daß Miß Banville Ende der Woche gekündigt werden sollte«, erklärte er.
Ich war wie vom Donner gerührt. Das konnte er unmöglich ernst meinen.
»Doch — ich bin nicht beeindruckt durch diesen Brief. Wie ich Ihnen schon bei früheren Gelegenheiten sagte, haben wir hier keine Eheberatungsstelle. Darüber hinaus mache ich Sie jetzt darauf aufmerksam, daß Miß Banvilles freier Tag nicht mehr und nicht weniger ist als eben das: ihr freier Tag. Ein Tag also, an dem sie keinerlei Verpflichtung hat, für diese Firma tätig zu sein. Wenn sie ihn dazu benutzt, auszugehen und zerstrittene Brautpaare zu versöhnen, ist das ihre Sache. Wenn sie aber am nächsten Morgen eine halbe Stunde zu spät zur Arbeit kommt, ist das unsere Sache, und wir sind „ berechtigt, die entsprechenden Schritte zu unternehmen.«
Ich fand keine Antwort. Er war mir in diesem Schachspiel klar überlegen.
Er stand wieder da und dachte nach, in dieser seltsam entrückten Weise, wobei er in Gedanken die Karten durchblätterte auf der Suche nach der mit der richtigen Antwort. Ich wartete und beobachtete ihn. Er sah gut aus. Er besaß Stärke und Autorität. Aus einem nicht erfindlichen Grunde wurden mir die Knie weich.
Schließlich sagte er: »Gut, Miß Evans. Wir werden diesen Brief in Betracht ziehen, wie Sie wünschen. Zumindest ein Kunde ist zufrieden mit der von Miß Banville geleisteten Arbeit.«
»Dann bleibt sie also in meiner Abteilung?«
»Zumindest für den Augenblick.«
»Danke, Mr. Kirkpatrick.«
Er nickte kühl. Glücklich war er entschieden nicht — er meinte wohl, die Dinge glitten ihm aus den Händen.
Aber ich war glücklich. So sehr, daß ich ihm den weißen Karton hinhielt und fragte: »Möchten Sie eine von diesen schönen Rosen fürs Knopfloch?«
Er blinkerte ungläubig.
»Rot oder gelb«, fragte ich. »Wählen Sie.«
»Ah, hm«, meinte er unsicher. »Hm. Hm. Was meinen Sie?«
»Gelb.« Rot hätte sich entsetzlich mit seinen eigenen Farben gebissen.
»Sehr freundlich von Ihnen«, murmelte er.
Ich gab ihm eine gelbe
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