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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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mir gewesen war, indem er es weit von sich wies, auch nur den kleinsten Garten anzulegen, da dachte ich so bei mir: >Ach, kein gleichgesinntes Wesen im weiten Rund...< Aber auf einmal sah ich etwas ganz Allerliebstes. Können Sie sich vorstellen, Miss Field, was ich sah?«
    Lucia machte ein betretenes Gesicht. Die gute Dame hatte vermutlich den Busfahrer gesehen, der allerdings auch bei allergrößtem Wohlwollen nicht gut als >allerliebst< angesehen werden konnte. Glücklicherweise aber wartete Carmen die Antwort nicht ab, sondern rief in hellem Entzücken:
    »Ich sah Präsident Kennedy!«
    Lucia zuckte zusammen. Kein Zweifel, die Alte hatte den Verstand verloren. »Jawohl, in einer schönen schlanken Blumenvase neben dem Steuerrad prangten ein Kennedy und ein Bacchus nebeneinander. Ein reizendes Paar.«
    Lucia hatte den Einwand auf der Zunge, gewiß könne der Präsident auf einsamer Fahrt moralischen Auftrieb geben, wohingegen Bacchus in dieser Hinsicht nicht ganz zuverlässig erscheine. Aber inzwischen hatte sie begriffen, daß Carmen von einer Rosenvase sprach, und sie fand es nicht ratsam, Scherze mit etwas zu machen, das offensichtlich von andern als etwas Heiliges verehrt wurde. So lächelte sie nur verlegen und meinte: »Wie reizend; aber leider bin ich keine Gärtnerin, und wenn ich nun meine Marken haben dürfte...«
    »Noch sind Sie keine Gärtnerin, mein Kind«, erklärte Carmen mit unheilschwangerer Entschiedenheit. »Aber Sie werden eine werden; ganz bestimmt!«
    »Aber nun, meine Damen«, verkündete der Fahrer, indem er sich weitere Krümel vom Anzug wischte und seine Schirmmütze ergriff, »muß ich leider fahren. Vielen Dank für den Tee, und auf Wiedersehen!«
    Gern wäre Lucia mit ihm entwischt, aber dann hätte sie ohne Marken gehen müssen. Unwiderstehlich schob Carmen sie an der offenen Tür des kleinen Postamtes vorbei und drängte sie in einen kleinen Wohnraum, der von riesigen Ölgemälden buchstäblich überquoll.
    »Das Werk meines lieben Großvaters!« Unter Tränen lächelnd winkte Carmen Mills mit der Hand. »Ich versuche, in seine Fußstapfen zu treten, aber... ach, ich fürchte... ich bleibe weit hinter ihm zurück.«
    Schlecht gelaunt kehrte Lucia zur Tankstelle zurück.
    »Tausend Blumen habe ich gesehen und zweitausend Bilder«, berichtete sie, während sie sich an den Tisch setzte und die Schuhe von den Füßen schleuderte. »Und meilenweit bin ich marschiert.«
    »Ich habe Ihnen ja gleich gesagt, Sie sollten nicht hingehen«, erwiderte Len besänftigend. »Sie ist nun einmal so! Sie redet einfach zu viel.«
    »Reden!« fuhr Lucia auf. »Der schreckliche Busfahrer habe Sterne in den Augen! hat sie geschwärmt. Und pausenlos hat sie von einer Rose namens >Perle des Orients< oder so geschwafelt. Sterne in den Augen! Ich selbst habe Sterne gesehen, nachdem ich mir alle die Bilder angesehen hatte, kann ich Ihnen sagen!«
    Len lachte.
    »Auf ihren Großvater ist sie nun einmal über die Maßen stolz! Und mußten Sie auch all die großartigen Namen ihrer Blümchen im Garten anhören?«
    »Das kann man wohl sagen!« schimpfte Lucia. »Aber Ihnen wird das Lachen noch vergehen, Len: Sie sagt nämlich, wir müßten hier auch einen Garten anlegen, und Sie müßten den Boden umgraben!«
    »Kommt nicht in Frage, Luce! Wenn ich umgraben muß, bekomme ich... wie heißt doch noch die neumodische Krankheit? Ach ja, dann schlägt es mir auf die Bandscheibe!«
    »Alles Zittern und Zagen hilft Ihnen nichts. Übrigens: sollten wir wieder einmal Marken brauchen, dann müssen Sie sie holen... oder Rosie! Meinen Sie nicht, wir könnten sie zu solchen Botengängen abrichten?«
    Beim Klange ihres Namens sprang der Hund freudig auf und drängte sich schweifwedelnd an sie.
    »Donnerwetter!« schrie Lucia auf. »Ich glaube gar, sie versucht zu lächeln! Sehen Sie nur, was für fürchterliche Zähne sie hat!«
    »Wild sieht sie aus!« bestätigte Len. »Ich möchte mal den Bösewicht sehen, der sich da noch herantraut. Außerdem, Luce, gibt es hier keine Mörder; unsere Kunden sind anständige, nette Leute.«
    »Es beruhigt mich sehr, das zu hören«, ertönte eine angenehme, aber dennoch spöttische Stimme. »Wenn unsere Freunde von der Polizei mit ihren Untersuchungen beginnen, werden wir ihnen sofort mitteilen, daß sie die Tankstelle >Zum Kreuzweg< mit gutem Gewissen aussparen können.«
    Lucia fuhr herum. Schon wieder Philipp Ross! Wie üblich hatte er sich unmerklich herangeschlichen. Eiskalt schaute sie

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