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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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in letzter Zeit schon Alpträume zu verursachen.«
    Zum erstenmal an diesem Tag sah Phil ihn lächeln. Dann trat Glenn Morris einen Schritt zurück und berührte Phil flüchtig an der Schulter. »Ich gebe Ihnen vier Wochen Zeit, Lieutenant.«
    Danach ging er, groß, eckig und aufrecht. Die Bananenkombi schimmerte fettiggelb im Licht der Deckenstrahler. Und Philipp konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dieser Mann dort drüben bedaure, daß sich der Krieg abermals um einen kleinen Betrag von ihm entfernen würde.
    Als er sich im Konturensessel zurechtrückte, zog es wie Wetterleuchten über die durch Bildschirme simulierten Kabinenfenster. Dann hellten sie sich ganz auf. Es wirkte wie eine sehr schnelle Morgendämmerung hinter den milchigen Schleiern des Frühnebels. Und den Lieutenant der Air Force Philipp McBruns überkam ein Gefühl, wie es wohl ein Nichtschwimmer haben muß, wenn ihn jemand in das Wasser eines reißenden Flusses gestoßen hat.
     
    Diesen Tag, den ersten wirklichen im Dienst der Air Force, begann er mit dem Studium der Gerätedokumentation. Er saß stundenlang und versuchte sich die Begriffe, Daten und Zusammenhänge einzuprägen. Als er schließlich feststellen mußte, daß er sich nur noch mit Mühe auf die fachspezifischen Termini zu konzentrieren vermochte, aktivierte er den Simulatorblock und wechselte hinüber auf den Pilotensitz.
    Das Startmanöver lief, nachdem er Höhe, Geschwindigkeit und Flugrichtung eingegeben hatte, vollautomatisch ab. Es war so beeindruckend, daß das Fehlen der Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte, die sich lediglich durch Lageänderungen des Sessels bemerkbar machten, kaum ins Gewicht fiel.
    Der simulierte Jagdbomber hob, vom Nachbrenner auf 2,4 g beschleunigt, nach extrem kurzer Rollstrecke ab, flog eine weite Kurve, wobei auch die Querstabilisation automatisch geregelt wurde, und ging, ständig an Höhe gewinnend, auf vorgegebenen Kurs. An den Kabinenfenstern glitten kurzzeitig Nebel- und Wolkenschwaden vorbei und ließen für einige Sekunden die rotierenden Klarsichter anlaufen. Gleich danach sanken die Wolken zurück, und von da an lag unter der Maschine eine weite, fast unbewegliche Fläche, die aussah wie ein von Riesenhänden geformtes, schneebedecktes Gebirgsmassiv. Er unternahm mehrere Kurvenflüge, die sich außer auf den Instrumenten auch durch Verschiebungen seines Sessels und durch seitliches Abkippen der Schneeberge dokumentierten.
    In einer Steilkurve, die er wahrscheinlich mit zu geringer Geschwindigkeit angegangen hatte, schmierte die Maschine ab und überschlug sich mehrmals, bevor die Automatik eingriff und die Fluglage stabilisierte. Ihm war klar, daß er den Flugrechner überforderte, sobald ihm Steuerfehler unterliefen, die durch die Automatik nicht sofort als solche zu identifizieren waren.
    Nach dem Manöver war er in Schweiß gebadet, und er ahnte, daß ihn die vor ihm liegende Zeit bei der Air Force nicht nur, wie er angenommen hatte, psychisch, sondern auch in hohem Maß physisch fordern würde.
    Der Vorgang erinnerte ihn an eine gewisse Art von Träumen, wie er sie früher in seiner Jugendzeit in Calman’s Edge hin und wieder erlebt hatte. In solchen Träumen hatte er manchmal Dinge tun können, zu denen er in wachem Zustand nicht annähernd in der Lage gewesen wäre. Er hatte beispielsweise die Gunslinger aus der Luft anzugreifen vermocht, einer Schwalbe gleich in lautlosem, blitzschnellem Gleitflug über ihre behelmten Köpfe hinwegrasend und dabei selbstgebastelte Bomben werfend, von denen er eine erstaunlich große Menge in seinen Hosentaschen unterbringen konnte und die immer wie kleine Bierbüchsen aussahen.
    Häufig war in diesen Träumen, die sich stets in zwei gleichbleibenden Varianten abgespielt hatten, alles gut gegangen, er hatte seine Bomben geworfen, selbst erstaunt über deren vernichtende Wirkung, und war dann mit ausgebreiteten Armen in Richtung südlicher Ebene abgedreht, wobei er sehr niedrig zwischen den Stämmen der leuchtenden alten Kiefern hindurchgehuscht war. Diese Variante seines Traumes hatte immer auf dem Hexenstuhl geendet, den er von unten her, von der Geröllhalde aus, auf der man den verunglückten Lehrer gefunden hatte, angeflogen war. Danach hatte sich regelmäßig eine Phase tiefen Schlafes eingestellt. Am Morgen danach war er jedesmal mit dem Gefühl erwacht, die ganze Welt einreißen zu können.
    Völlig anders aber war es gewesen, wenn in diesen Träumen etwas schiefgegangen war, was stets

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