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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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an den langen Abenden des Herbstes, die eigentlich keine Abende waren, denn in dieser Jahreszeit ging der Tag innerhalb von zwanzig Minuten in die Nacht über. Er trank hier allabendlich seinen Whisky, denn die platten Unterhaltungssendungen der Televisionsstationen, zumeist Quiz-Veranstaltungen oder Music-Shows, minütlich unterbrochen von den blödsinnigsten Reklamen, ödeten ihn an oder brachten ihn in Rage.
    Als er sein Glas eben aus der Hand gestellt hatte, setzte sich der Verwalter neben ihn an den Tresen und begann sofort ein Gespräch über die Angewohnheiten und Unsitten der Leute, deren Häuser er zu betreuen hatte.

    Phil antwortete, wenn überhaupt, dann sehr einsilbig, es war ihm unangenehm, die kleinen Schwächen seiner Mitmenschen zur Kenntnis nehmen zu müssen. Was interessierte ihn schon, daß Mrs. Phyllis’ Pekinese Löcher in den Rasen buddelte, um seine spärliche Notdurft unterzubringen, oder daß die Tochter von Barbers auf den Strich ging. »Mit Offizieren vor allem!« wie der Verwalter nicht ohne einen Anflug von Bosheit hinzusetzte.
    »Sie sind nicht gerade gesprächig, Lieutenant«, fuhr er nach einer kleinen Pause fort. »Typisch Ire, würde ich sagen.«
    Phil war sofort hellwach. »Wieso Ire?«
    Der Verwalter winkte ab. »Ist nur so eine Vermutung. Die Iren sollen sehr schweigsam sein.«
    »Reden Sie keinen Unsinn, Mann! Ich bin Amerikaner!«
    »Und dazu Nationalist, wie?«
    »Nein, Amerikaner! Nicht mehr und nicht weniger.« Phil spürte, daß er sich zu ereifern begann.
    »Schon gut!« sagte der Mann neben ihm. »War ja nicht so gemeint. Trinken Sie einen Whisky mit mir, Lieutenant?«
    Phil schüttelte stumm den Kopf, warf ein Zweidollarstück auf den Tresen und ging, wütend auf die eigene, unbeherrschte Reaktion. Über die Schulter zurückblickend, sah er, daß der Verwalter ihm höhnisch nachgrinste.
    Von dem Tag an ging er dem Mann mit der Werkzeuglade aus dem Weg und suchte die Bar am Südende ebenfalls nicht mehr auf.
    An den nächsten beiden Abenden legte er sich nach dem Essen, das er sich direkt in der Dose zubereitet hatte, auf die Couch und las. Aber da nun auch das leere Haus, in dem es bis auf das leise Summen der Servicegeräte totenstill war, seine Nerven strapazierte, ging er am dritten Tag doch wieder aus. Er verließ Wilker’s Beach, ging durch Straßen, in denen er bisher noch nie gewesen war, hinunter zum Meer und bummelte auf der Strandpromenade in die sinkende Nacht hinein. Als sich vor ihm aus dem Schatten eines Palmenstammes eine Gestalt löste, schrak er zusammen.
     Es war eine junge Frau, deren große, hungrige Augen in der Dämmerung zu leuchten schienen, und wieder witterte er Gefahr. Dabei hätte er zu jeder anderen Zeit keinerlei Zweifel über ihr Metier gehegt, der kurze Lederrock und die Trippelschritte ihrer überlangen Beine wären ihm Markenzeichen genug gewesen.
    Als sie ihn ansprach, wandte er sich um und ging mit hastigen Schritten den Weg nach Wilker’s Beach zurück. Das Mädchen rief ihm ein paar Worte nach, die er nicht verstand, er war vollauf damit beschäftigt, sich einzureden, daß er mit Frauen ihres Gewerbes nichts zu tun haben wolle.
    Vorfälle solcher und ähnlicher Art begegneten ihm während der Zeit, in der er in Wilker’s Beach wohnte, ohne seinen Dienst bereits angetreten zu haben, mehr als ein dutzendmal. Der kleine Vorort schien überzuquellen von Leuten, die ihn beobachteten, verfolgten, ausspionierten. Und immer wieder sagte er sich, daß es sich um ganz normale Begegnungen handele, hinter die er, voller Besorgnis, enttarnt zu werden, Absichten projiziere, die nicht vorhanden waren.
    Sie ereigneten sich auch später noch, aber nachdem er täglich seinem Dienst nachging, berührten sie ihn nicht mehr.
     
    Während der Anfahrt zur Basis hielt er sich genau an die Weisung, die ihm tags zuvor von einem Boten überbracht worden war. Er stellte seinen gemieteten Kleinwagen auf dem Parkplatz einer Raststätte südlich von Hollywood ab und benutzte von dort aus einen der basiseigenen Wagen. Es war ein älteres ziviles Fahrzeug, das von einem Mann in Farmerkleidung gesteuert wurde.
    Wahrscheinlich, sagte er sich, hofften die Sicherheitsleute, eventuelle Beobachter des Gegners könnten solche Fahrten für die normalen Ausflüge der in dieser Gegend ansässigen Farmer halten, wenn auch der Umstand, daß außer dem Fahrer alle Insassen Uniform trugen, nicht dazu angetan war, eine solche Annahme zu rechtfertigen. Doch die verschlungenen

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