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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Gedankenwege der Abwehrexperten waren nur schwer zu durchschauen, manchmal schien ihm, daß eins ihrer beliebtesten Arbeitsmittel das Erzeugen ungesteuerter Konfusionen war.
    Neben ihm im Fond saß ein Major, der seinen Gruß nur mit einem kurzen Kopfnicken beantwortet hatte und ansonsten tat, als sei er viel zu tief in Gedanken versunken, als daß er sich mit jemandem hätte unterhalten können.
    Er hatte angenommen, die Kontrollen am Passierpunkt würden sich diesmal auf das Notwendigste beschränken, aber dem war nicht so. Man unterwarf ihn genau der gleichen Zeremonie mit Hauttest, Leibesvisitation und Blutentnahme wie bei seinem Antrittsbesuch. Und auch diesmal hatte er sich lange zu gedulden, ehe die Auswertung abgeschlossen war und die Passage endlich freigegeben wurde.
    Daß es sich um einen alltäglichen Vorgang handelte, stellte er spätestens fest, als er den Zuführer bestieg. Gleich nach ihm erschien der Major und nahm in der Nachbarkabine Platz. Sie lächelten sich durch die doppelten Fensterscheiben zu, aber es war kein Lächeln, das eine wie auch immer geartete Verbindung geschaffen hätte. Der Captain wies ihn persönlich ein. Glenn Morris war diesmal mit einer Bananenkombi bekleidet, einem jener einteiligen Overalls, wie sie von den Frontberatern während der Kampfhandlungen in und um Nikaragua getragen worden waren. Sie bestanden aus einem sehr dichten und dabei leichten Stoff, der mit grüngelbem Tarnmuster versehen war und angeblich über hervorragende thermische Eigenschaften verfügte.
    Bei den Beamten des Verteidigungsministeriums standen solche Relikte unrühmlich verlaufener Auseinandersetzungen nicht gerade hoch im Kurs, vielleicht weil sie wachhielten, woran man sich nur ungern und mit einem Gefühl der Ohnmacht erinnerte. Ein Volk, das sich seiner neugewonnenen, selbstbewußten Identität rühmte, litt unter Rückschlägen naturgemäß mehr als Völker mit kontinuierlicher Entwicklung.
    Als Philipp die Stube des Captains betrat, erhob sich Morris vom Datenterminal, auf dessen Bildschirm grünliche Ziffernkolonnen glommen, und reichte ihm wortlos die Hand. In seinem enganliegenden Kampfanzug wirkte er ungewöhnlich groß und knochig, und Philipp fragte sich, ob Leute von solchem Körperbau im Cockpit einer normalen Maschine wohl ausreichend Platz fänden, um ihre überlangen Beine in, wie es im Reglement hieß, lockerer Haltung auf den Reglern der Querstabilisatoren unterzubringen.
    Die Kammer war klein, kaum größer als die der subalternen Offiziere. Sie wirkte sehr sauber und war äußerst spartanisch eingerichtet. Zwei Einbauschränke, zwei Stühle, wirklich Stühle, keine Sessel, ein großer Schreibtisch, das Datensichtgerät als einziger, allerdings unabdingbarer Glanzpunkt und ein Wandklappbett, auf dem Decke und Kopfkissen mit Riemen festgezurrt waren.
    Der Captain gab sich sehr schweigsam. Mehr als die zwei Worte: »Gehen wir!« sagte er vorerst nicht. Und auch während der Fahrt zum Leitstand, die sie ebenfalls im Zuführer absolvierten, brachte er keine Bemerkung über seine schmalen Lippen. Er saß neben Philipp, bequem zurückgelehnt und mit ausgestreckten Beinen, die großen Hände zwischen den Knien gefaltet. Er sah aus, als grüble er über einem schwer zu lösenden Problem.
    Das Leitgerät erwies sich als Fernsteueranlage für halbautomatische, unbemannte Flugkörper. Das Neueste und gleichzeitig Wesentlichste daran war die Rückkopplungseinrichtung, die nicht nur die visuellen Eindrücke des Fluges übertrug, sondern Teile des Flugverhaltens auch in Bewegungen der gesamten Anlage umsetzte. Das Gerät erinnerte ihn bestürzend an das Innere eines Cockpits, mehr als ein Drittel der Instrumente, Displays und Bedienungselemente vermochte er im ersten Moment nicht eindeutig zuzuordnen.
    Er mußte sich sagen, daß genau das eingetreten war, wovor er sich gefürchtet hatte: Er sah sich mit einer Anlage konfrontiert, deren Bedienung ihm, legte man seine fiktive Ausbildung zugrunde, zumindest annähernd geläufig sein mußte, von der er aber in Wirklichkeit nur wenig mehr wußte als ein Bankangestellter von der statischen Berechnung des Gebäudes, in dem er beschäftigt war.
    Morris blieb am Eingangsschott stehen und überflog die Instrumente mit einem Blick, in dem sich Hochachtung und Distanz die Waage hielten. »Damit werden wir die Risiken der verdeckten Einsätze wesentlich einschränken können«, sagte er. »Der Gedanke, sie könnten einen von uns lebend fangen, begann mir

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