Lautlose Jagd
buddhistischen Tempel in Kangnung, liegt nur vier Kilometer vom Hauptmarkt entfernt südlich von Anmok Beach an der Küste. Wo sich heute ein moderner Tempel erhebt, stand früher ein 2000 Jahre alter Tempel, aus dem zwei sitzende Marmorbuddhas stammen, die unbezahlbare nationale Kulturschätze darstellen. Die eine Statue ist jetzt im Städtischen Museum Kangnung ausgestellt, die andere steht in Seoul im Nationalmuseum.
Auch wenn diese nationalen Kulturschätze allen Koreanern wichtig waren - noch wichtiger war jetzt der auf dem Kangnung Airport zwischen dem Tempel Hansong-Sa und dem Japanischen Meer stationierte fliegende Verband. Im Fall eines Kriegs mit dem Norden hatte die Fünfte Luftwaffendivision den Auftrag, die rückwärtige Flanke Südkoreas zu schützen, während das Gros der Land- und Luftstreitkräfte zur Verteidigung der Hauptstadt eingesetzt wurde. Die Fünfte Division hatte in Kangnung drei Geschwader stationiert: das 15. Jabogeschwader mit fast 100 von der U.S. Air Force ausgemusterten leichten Erdkampfflugzeugen A-37B Dragonfly, das 21. Jabogeschwader mit 48 leichten Jagdbombern des britischen Baumusters Hawk Mk60 und das 17. Jagdgeschwader, das den Jäger F-5E/F Talon aus amerikanischer Produktion flog.
Dem nur etwa 50 Kilometer südlich der Entmilitarisierten Zone liegenden Standort Kangnung fiel die wichtige Aufgabe zu, Seoul vor einem Angriff aus der rückwärtigen Flanke zu schützen und zu verhindern, dass kommunistische Truppen sich in den Taebaek-Bergen festsetzten. Einige der blutigsten Schlachtfelder des Koreakriegs - darunter der Old Baldy, die Punchbowl und die Heartbreak Ridge - lagen knapp nordwestlich von Kangnung. Die Koreaner und ihre amerikanischen Verbündeten hatten in Kangnung starke Luftstreitkräfte aufgebaut, um dieses wichtige Gebiet im Nordosten sicher beherrschen zu können.
Alles das stand kurz davor, vom Erdboden zu verschwinden.
Von den 152 ballistischen Raketen Nodong 1 und 2, die in Nordkorea einsatzbereit waren, wurden an diesem Morgen nur zwölf gestartet. Die maximale Reichweite dieser Raketen betrug über 2000 Kilometer, aber keine flog weiter als 650 Kilometer. Alle Raketen im Anflug auf Seoul wurden ebenso von amerikanischen Fla-Raketen PAC-3 Patriot abgeschossen wie die, die für den US-Stützpunkt Kusan bestimmt waren. Ein Kernsprengkopf detonierte keine zehn Kilometer westlich von Inchon und richtete in dieser wichtigen Hafenstadt beträchtlichen Schaden an.
Eine Nodong 1 verfehlte das vorgesehene Ziel um über drei Kilometer, aber bei einem Gefechtskopf mit 50 Kilotonnen Sprengkraft spielte das keine große Rolle. Er detonierte über dem Hauptmarkt von Kangnung, legte alle Gebäude in fünf Kilometer Umkreis flach und verursachte einen gigantischen Feuersturm, der das gesamte Gebiet zwischen der Kwandong-Universität im Süden und dem Kyongpo-See im Norden verwüstete. Was sich auf dem Flughafen Kangnung über dem Erdboden befand, wurde ins Meer geschleudert oder explodierte in einem Feuerball, der nur Asche zurückließ, die aufs Japanische Meer hinausgeweht wurde.
Die von Hauptmann Kong bei Sunan abgeschossene Rakete Nodong 1 von Einheit 20 flog nur 240 Kilometer weit, kaum lange genug, um den Treibstoffvorrat ihrer ersten Stufe zu verbrauchen, bevor sie ihren Gefechtskopf abstieß. Auch sie verfehlte ihr vorgesehenes Ziel um mehrere Kilometer - aber sie traf rund 30 Kilometer südlich von Seoul den Stadtrand von Suwon und vernichtete einen der größten Industriekomplexe Südkoreas: die riesigen Werksanlagen der Firma Samsung Electric im Südosten der Stadt.
Obwohl die Druckwelle den Flugplatz südlich von Suwon weitgehend verfehlte, zerstörte oder beschädigte sie weitere wichtige Industrieanlagen und die Universität. Der Gefechtskopf mit 50 Kilotonnen Sprengkraft detonierte in 6000 Meter Höhe, riss einen 30 Stockwerke tiefen Krater und ließ im Umkreis von fünf Kilometern um den Nullpunkt augenblicklich alles verglühen. Fast 15000 Menschen - die meisten im Samsung-Komplex - waren sofort tot; weitere 30000 Menschen starben durch die Druckwelle und den ungeheuren Feuersturm. Überall in Südkorea heulten die Luftschutzsirenen, aber nur wenigen Glücklichen gelang es noch, sich in einen Atombunker zu flüchten.
Obwohl der Nullpunkt über 15 Kilometer weit entfernt lag, hatten die Menschen im Kontroll- und Lagezentrum auf dem Flugplatz Osan südlich von Suwon den Eindruck, einen Volltreffer abbekommen zu haben. Der gesamte Bau schwankte und
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