Lautlose Jagd
Extremfall hätte sie sich von einem Krieg eine rasche Beendigung ihrer Leiden versprechen können. Selbst der Tod wäre erträglicher, weniger schmerzlicher gewesen, als zu Hause zu bleiben und zusehen zu müssen, wie die eigenen Kinder an Kälte und Hunger sterben.
Und hätte der Norden als Erster zugeschlagen, Madam Vizepräsidentin, hätten wir nach unseren Erkenntnissen den Verlust von Seoul und über fünf Millionen Tote beklagen müssen. Aber wenn wir ihm zuvorkommen und rasch zuschlagen, haben wir vielleicht eine Chance, der Viper den Kopf abzuschlagen, bevor sie zubeißen kann. Ist der Sicherheits- und Unterdrückungsapparat der Kommunistischen Partei erst zerschlagen, erhebt das Volk sich vielleicht und wirft das Joch seiner Gewaltherrscher endgültig ab.«
Vizepräsidentin Whiting schüttelte den Kopf. »Sie jagen einem Hirngespinst nach, Herr Präsident«, widersprach sie sichtlich erregt. »Sie setzen Ihr eigenes Leben, Leben und Freiheit Ihres Volkes und alles, was Sie über Jahrzehnte hinweg aufgebaut und erreicht haben, für eine Fantasie, ein Märchen aufs Spiel. Der Preis, den ein Fehlschlag fordern würde, ist fast unvorstellbar hoch.
Außerdem riskieren Sie das Leben von Tausenden von hier stationierten US-Soldaten, die nichts von Ihrem törichten Wunschtraum ahnen. Sie setzen Frieden und Sicherheit Asiens, der ganzen Welt aufs Spiel!«
»Niemand weiß besser als ich, was wir riskieren, Madam Vizepräsidentin!«, erwiderte Kwon aufgebracht. »Aber meine Regierung konnte nicht untätig abwarten, bis die Kommunisten ihre Armeen und Panzer und Raketen über die Grenze schicken. China hätte sicherlich eingegriffen, um sein Marionettenregime zu unterstützen. Ich würde lieber zu unseren Bedingungen als zu denen des Nordens kämpfen.«
»Das klingt genau wie etwas, das Nordkorea sagen würde, um einen Überfall auf Südkorea zu rechtfertigen!«, warf Admiral Allen spöttisch ein.
»Der Unterschied liegt darin, Admiral, dass wir den Norden nicht vernichten wollen - wir versuchen nur die unvermeidliche Revolution auszulösen, die das kommunistische Regime unserer Überzeugung nach irgendwann hinwegfegen wird. Wir sind uns bewusst, dass der Einsatz hoch ist, aber dieses Ziel ist für unsere Zukunft, unseren Frieden, unser Überleben so wichtig, dass wir sogar Frieden und Sicherheit ganz Asiens aufs Spiel setzen, um es zu erreichen.«
Kwon machte eine Pause und starrte Whiting durchdringend an. »Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, Madam, ob unsere amerikanischen Verbündeten ihren eigenen Frieden, ihre eigene Freiheit riskieren würden, um uns zu retten. Um eine weitere nukleare Konfrontation zu vermeiden, würde Präsident Martindale zusehen und abwarten, glaube ich, bis die nordkoreanischen Verbände weit auseinander gezogen sind und die Masse der rotchinesischen Truppen eingesetzt ist, und sich erst dann für oder gegen eine Intervention entscheiden. Bis dahin wäre mein Land verwüstet. Die gesamte Halbinsel, das gesamte koreanische Volk wäre versklavt. Unser Land würde wieder ein ständiges Schlachtfeld, auf dem sich die amerikanischen und chinesischen Hunde des Krieges um einen Knochen balgen.«
Als General Park den Präsidenten halblaut auf Koreanisch ansprach, drehte Kwon sich nach den Bildschirmen um. Special Agent Law flüsterte der Vizepräsidentin zu: »Ma'am, ich denke, wir könnten hier raus, wenn wir wollten, aber unter den jetzigen Umständen...«
»Sie haben Recht, Corrie«, sagte Vizepräsidentin Whiting.
»Vermutlich sind wir hier am sichersten.«
»Aber ich wünschte, wir könnten Verbindung mit Washington aufnehmen«, warf Admiral Allen ein.
»Das machen wir gleich«, stellte Law energisch fest. Sie trat an die Kommunikationskonsole und nahm den Telefonhörer ab. Eine Frauenstimme meldete sich auf Koreanisch. Law hielt Präsident Kwon den Hörer hin. »Sagen Sie ihr, dass ich sofort mit der Nachrichtenzentrale des Weißen Hauses verbunden werden möchte.«
»Mian hamnida. Tut mir Leid, Special Agent Law«, antwortete Kwon, »aber ich kann nicht zulassen, dass aus diesem Raum...«
Corrie Law hob ihre Mini-Uzi und zielt damit auf Kwons Gesicht. »Herr Präsident, Sie erleben nie mehr, ob Ihr riskantes Spiel Erfolg gehabt hat, wenn Sie nicht augenblicklich dafür sorgen, dass die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten mit dem Weißen Haus in Washington, D.C., verbunden wird. Ich lasse nicht zu, dass die Vizepräsidentin wie eine Null behandelt wird.«
Kwon war
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