Lautlose Jagd
die Lage folgendermaßen aus«, begann er. »Die Republik Korea ist mit bis zu einem Dutzend Raketen mit Kernsprengköpfen, mehreren Dutzend Raketen mit biologischen und chemischen Gefechtsköpfen und mehreren hundert Kurzstreckenraketen mit normalen Gefechtsköpfen angegriffen worden.«
»Mein Gott«, murmelte Whiting, aber als sie zu Präsident Kwon hinüberblickte... sah sie ihn tatsächlich lächeln!
»Weiterhin muss ich melden«, fuhr Park fort, »dass die Republik Korea erschütternd hohe Verluste erlitten hat. Die Stadt Kangnung, eine Hafenstadt an der Ostküste mit über hunderttausend Einwohnern, dürfte völlig zerstört sein. In Kangnung war unsere größte Luftwaffendivision zum Schutz der Hauptstadt nach Osten stationiert. Die Stadt Suwon, fünfzehn Kilometer nördlich von uns, ist von einer einzelnen Kernwaffe getroffen worden. Das war kein Volltreffer - der Sprengkopf ist einige Kilometer östlich der Stadt, vermutlich genau über den Samsung-Werken detoniert -, aber die Zahl der Toten und Verletzten wird bereits auf über sechzigtausend geschätzt. Seoul wurde von drei, möglicherweise vier Raketen getroffen, die noch unbekannte Giftstoffe freigesetzt haben. Auch Inchon, Taejon und Taegu wurden von biologischen oder chemischen Waffen getroffen. Aus dem Raum Kunsan, rund fünfzig Kilometer südwestlich von Taejon, wird eine einzelne Atomexplosion gemeldet. Über die Zahl der Opfer liegen noch keine Angaben vor.«
Vizepräsidentin Whiting sah erneut zu Präsident Kwon hinüber und wollte ihren Augen nicht trauen - er lächelte nicht nur, sondern strahlte geradezu. »Entschuldigung, Herr Präsident«, sagte sie, »aber ich verstehe nicht, worüber Sie so... so glücklich sind. Ihr verrückter Angriff hat einen Gegenschlag ausgelöst, dem möglicherweise Hunderttausende von Zivilisten zum Opfer gefallen sind!«
»Glauben Sie mir, Madam Vizepräsidentin, ich bin keineswegs in Jubelstimmung«, versicherte Kwon ihr. »Aber Sie müssen verstehen: Die Kommunisten hatten genügend Feuerkraft zur Verfügung und in Bereitschaft, um alles Leben in Südkorea zehnmal auszurotten. Bewahrheiten sich die bisherigen Meldungen, dass wir nur von einigen Kernwaffen statt von möglicherweise Hunderten, nur von ein paar Dutzend chemischen und biologischen Waffen statt von buchstäblich Tausenden getroffen worden sind, heißt das, dass unsere Überzeugungsarbeit Erfolg gehabt hat. Der kleine Mann auf der Straße in Nordkorea, der Wehrpflichtige, die Arbeiter und Arbeiterinnen in den Fabriken haben sich dafür entschieden, mit uns gemeinsame Sache zu machen und ihr kommunistisches Joch abzuschütteln. Ein paar Kernwaffendetonationen, einige zehntausend Todesopfer - das ist ein geringer Preis für das Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft und die lange ersehnte Wiedervereinigung! Ein in der Tat geringer Preis.«
Lageraum des Weißen Hauses
(zur gleichen Zeit)
»Wir sehen natürlich auch, was sich dort abspielt, Herr Präsident«, sagte Präsident Kevin Martindale. Er befand sich in einer telefonischen Viererkonferenz mit ausländischen Spitzenpolitikern: dem chinesischen Verteidigungsminister Chi Haotian, dem russischen Präsidenten Jewgenij Maksimowitsch Primakow und dem japanischen Ministerpräsidenten Kazumi Nagai. Diese drei Männer hatten Martindale fast gleichzeitig angerufen, und die Nachrichtenzentrale des Weißen Hauses hatte sie ungefragt zu einer sofortigen Telefonkonferenz zusammengeschaltet.
»Präsident Martindale, hier ist Präsident Primakow«, sagte ein Dolmetscher. »Ich verlange Zusicherungen, dass dies nicht der Auftakt zu einem Großangriff auf Nordkorea ist! Darauf bestehe ich! Ich bitte um Ihre Antwort!«
»Ich versichere Ihnen, Herr Präsident, ich versichere Ihnen allen: Die Vereinigten Staaten haben keine Ahnung, was sich dort drüben in Korea abspielt - und wir sind in keiner Weise daran beteiligt«, sagte Martindale. In der kurzen Zeit seit Beginn der Telefonkonferenz war dies das dritte Mal, dass er diese Versicherung abgab. Außer Martindale waren im Lageraum Verteidigungsminister Arthur Chastain, Nationaler Sicherheitsberater Philip Freeman und Admiral George Balboa, der Vorsitzende der Vereinten Stabschef, mit ihren engsten Mitarbeitern und einigen Dolmetschern versammelt. Sie alle waren rasch in den Lageraum, einen gewöhnlich aussehenden Raum im Keller des Weißen Hauses, übergesiedelt, als die Telefonverbindung zu Vizepräsidentin Whiting abgerissen war.
»Amerikanische Soldaten
Weitere Kostenlose Bücher