Lautlose Jagd
sie den größten Coup des jungen Jahrtausends absegneten. Vizepräsident Whiting hätte nie daran gedacht, dem Abzug der in Korea stationierten US-Truppen zuzustimmen, bevor die Vereinigten Staaten der Überzeugung waren, die neue koreanische Regierung sitze fest im Sattel und sei weder durch innere noch äußere Feinde gefährdet. Aber allein ihre Anwesenheit signalisierte jetzt die Zustimmung ihrer Regierung. Nicht anders verhielt es sich mit den Regierungen Chinas, Japans und Russlands.
Von einer Sekunde zur anderen war die amerikanische Militärpräsenz in Korea beendet.
Kujang, Provinz Pjongan Pukdo,
Vereinigte Republik Korea (ehemals Nordkorea)
(kurze Zeit später)
»Da habt ihr euren Beweis«, sagte Hauptmann Kong Hwan-li erbittert, während er das Kurzwellenradio ausschaltete. »Ein Propagandatrick im Zusammenwirken mit Luftangriffen. Jeder ungebildete Bauernlümmel in der Volksarmee ist darauf reingefallen.
Das widert mich an!«
Kong ging vor einem kleinen Lagerfeuer auf und ab, an dem mehrere weitere Offiziere der nordkoreanischen Volksarmee saßen. Er sprach nur halblaut, und die Gruppe schwieg, weil sie fürchtete, ihre Stimmen könnten in der ländlichen Stille allzu weit tragen; das Feuer war absichtlich so klein, damit es nicht leicht entdeckt werden konnte.
Kurze Zeit später brachte ein Wachposten einen weiteren Soldaten ans Lagerfeuer. Der Mann baute sich vor Hauptmann Kong auf und grüßte zackig. »Genosse Hauptmann, Stabsfeldwebel Kim Jong-ku, Einheit sechs, fünfundvierzigstes Regiment, sechste Brigade. Ich melde mich bei Ihnen auf Befehl meines Batteriechefs, Leutnant Choi Jeon-sam.«
»Wo ist der Leutnant?«, fragte Kong.
»Genosse Hauptmann, er ist auf dem Weg zu diesem Treffen von marodierenden Deserteuren gefangen genommen, gefoltert und als tot liegen gelassen worden«, meldete Kim. »Das ist ungefähr einen Kilometer vom Versteck unserer Einheit entfernt passiert. Feldwachen unserer Einheit haben seine Hilferufe gehört, aber wir konnten ihn nicht rechtzeitig erreichen. Vor seinem Tod hat der Leutnant mir noch von diesem Treffen erzählt und mir eingeschärft, wie wichtig es sei, dass jemand von unserer Einheit daran teilnimmt. Er hat gesagt, dies sei die einzige Möglichkeit, unsere strategischen Streitkräfte zusammenzufassen, um die Invasoren wieder zu vertreiben.«
Hauptmann Kong zog seine Pistole und zielte damit auf den Unteroffizier. »Wer sagt uns, dass Sie nicht einer der Deserteure sind?«, fragte er scharf. »Wer sagt uns, dass Sie Choi diese Informationen nicht selbst unter der Folter abgepresst haben und hier aufgekreuzt sind, weil Sie hoffen, die Kapitalisten oder ihre amerikanischen Oberherrn zu uns führen zu können?«
Kim nahm erneut Haltung an. »Ich bin natürlich kein Offizier, Genosse Hauptmann«, sagte er steif, »aber ein loyaler und pflichtbewusster Soldat und Diener des Vaterlands und unseres Geliebten Führers. Ich bin nicht nach China geflüchtet, als die Verräter und Deserteure unsere Einheit verlassen haben - ich habe auf meinem Posten ausgeharrt und unbeirrt weiter meine Pflicht getan. Als Diebe und Plünderer unsere Einheit angegriffen haben, habe ich sie abgewehrt. Und als mein Batteriechef ermordet wurde, habe ich seinen Tod gerächt. Halten Sie mich noch immer für einen Vaterlandsverräter, gestatte ich Ihnen, mein Leben zu beenden. Ich verdiene nicht zu leben, wenn ich dem Vaterland oder der Volksarmee nicht dienen kann.«
Kong ließ seine Waffe sinken. Ihm war aufgefallen, dass der Stabsfeldwebel weiter die Uniform der Volksarmee trug. Das besagte viel, denn wer heutzutage in dieser Uniform angetroffen wurde, wurde auf der Stelle erschossen. Noch wichtiger war die Tatsache, dass die Einladung zu diesem Treffen den Kommandeur von Einheit sechs erreicht hatte, die in seiner Planung eine entscheidend wichtige Rolle spielte. Kong steckte die Pistole ins Halfter zurück.
»Wir heißen Sie willkommen«, sagte er. »Sie werden Ihren Diensteifer und Ihre Tüchtigkeit unter Beweis stellen müssen, und falls Sie tatsächlich ein Vaterlandsverräter sind, sollen Ihre Vorfahren Ihren Namen auf ewig verfluchen. Sie sind jetzt Leutnant Kim Jong-ku, der Kommandeur von Einheit sechs. Wie viele Männer haben Sie in Ihrer Einheit?«
»Fünf, Genosse Hauptmann«, meldete Kim. »Drei Starttechniker, der Chef der Wartungsmannschaft und ein Lokführer.«
»Kaum genug, um unseren Auftrag auszuführen«, sagte Kong.
»Aber wir werden ihn ausführen, auch wenn
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