Lautlose Jagd
wir auf allen Seiten von Verrätern umgeben sind.« Er wandte sich wieder an die versammelte Gruppe. »Treue Soldaten des Vaterlands, ich will nicht versuchen, unsere Lage schönzureden - sie ist in der Tat sehr ernst. Mit zwei Nodong 1, zwei Scud B und einer Scud C gehört Einheit sechs zu den letzten noch einsatzbereiten Raketenbatterien der Volksarmee. Ich habe versucht, alle übrigen Einheiten zu erreichen, aber nur diese hier hat sich gemeldet.
Aber es gibt auch gute Nachrichten Genossen: Ich habe Verbindung zu unserer Exilregierung in Peking gehabt«, fuhr der Hauptmann fort. »Wir haben Befehl, mit allen Mitteln zu versuchen, unsere Waffen möglichst weit nach Norden in die Provinz Chagang Do zu verlegen. Gelingt uns das, können wir mit Unterstützung der Volksbefreiungsarmee rechnen.« Diese Mitteilung wurde mit gedämpftem Jubel aufgenommen. »Wir werden Pionierarbeit leisten und in der fruchtbaren Flussebene am Tongno einen Zufluchtsort für loyale Kommunisten einrichten. Die Genossen in der Volksrepublik China werden uns helfen, die Provinz Chagang Do zu erobern und zu verteidigen. Wir werden sie innerhalb des neuen Koreas zu einem autonomen Gebiet machen — zu einem sicheren Zufluchtsort für alle, die den uns geraubten sozialistischen Traum wieder mit Leben erfüllen möchten.
Wie ihr alle wisst, war die Provinz Chagang Do unser Zentrum für die Entwicklung moderner Waffensysteme, darunter der Raketen, über die wir jetzt verfügen«, fuhr Kong fort. »Sie war zweifellos das Ziel schwerer Angriffe der Kapitalisten, die sie bestimmt auch besetzen wollen. Unsere Verlegung nach Chagang Do wird nicht leicht sein. Auf den Schutz der Volksbefreiungsarmee können wir erst zählen, wenn wir fast am Ziel sind. Deshalb müssen wir mit allen Mitteln versuchen, möglichst nahe an Kanggje heranzukommen, und dabei hoffen, dass unsere chinesischen Freunde intervenieren, wenn wir aufgehalten werden.
Damit wir dieses Ziel erreichen können, bin ich zu einem Ab-lenkungsangriff auf ausgewählte Ziele in Südkorea ermächtigt worden. Da er unsere Anwesenheit verraten wird, werden wir vor allem die militärischen Ziele angreifen, die vermutlich an der Suche nach uns beteiligt wären. Den größten Erfolg versprechen unsere Angriffe, wenn wir sie zeitlich koordinieren. Ich habe einen vom Verteidigungsministerium und dem Politbüro im Exil gebilligten Plan ausgearbeitet, der eine Verlegung unserer Einheiten in schon vermessene Feuerstellungen vorsieht. Auf Grundlage der jeweiligen Zielentfernungen errechnen wir die exakte Abschusszeit, um einen gemeinsamen Angriff zu ermöglichen. Fünf ballistische Raketen, die aus verschiedenen Richtungen wieder in die Erdatmosphäre eintreten, haben bessere Chancen gegen die Luftverteidigung der Kapitalisten als eine. Den ersten koordinierten Start habe ich in drei Tagen angesetzt. Danach verlegen die Einheiten, die nachladen können, in neue Stellungen und schießen weitere Raketen ab.«
Kong gab Listen mit geografischen Koordinaten, Ortshöhen, Entfernungen zu markanten Geländepunkten und astronomischen Daten für die Einstellung der Kurskreisel der Raketen aus.
»Dies sind die Feuer- und Ausweichstellungen, die wir für Ihre Einheiten bestimmt haben«, erklärte er dabei. »Manche werden Ihnen unbekannt sein. Ich habe viele unserer bisherigen Startpositionen gestrichen, weil ich befürchte, dass Deserteure sie den Kapitalisten verraten haben. Ihre Aufgabe ist es jetzt, diese neuen Stellungen zu beziehen. Arbeiten Sie sich mit Ihren GPS-Empfängern möglichst nahe an diese Punkte heran, damit die Kontrolle nach Geländepunkten dann schneller geht.
Es bleibt jeder Einheit überlassen, ein geeignetes Versteck zu finden«, fuhr Kong fort. »Tut euer Bestes, um ein gutes Versteck zu finden und zu sichern. Am Starttag bezieht ihr eure Feuerstellung, richtet die Rakete grob aus, speichert die Messwerte und bleibt betriebsbereit. Zur festgelegten Zeit nehmt ihr euer Aggregat in Betrieb, richtet die Rakete auf, richtet sie präzise aus und schießt sie ab. Denkt daran, euch unmittelbar nach dem Start in euer Versteck zurückzuziehen - bleibt nicht in der Feuerstellung, um dort nachzuladen. Im Idealfall weicht ihr zum Nachladen mehrere Kilometer nach Norden aus.
Alle von uns können mindestens einmal nachladen. Einheit zwölf hat sogar zwei zusätzliche Scud B; auch meine Einheit vierzehn hat zwei Nodong 1 in Reserve. Drei Tage nach dem ersten Einsatz versuchen wir, uns an dem Ort zu
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