Lautlose Jagd
Kommandeure vom Dienst sie studieren konnten.
»Voraussichtliche Ziele?«, fragte General Park Yom, der Generalstabschef der Luftwaffe der Vereinigten Republik Korea. Er tat hier Dienst, seit die amerikanische Vizepräsidentin das Kontrollund Lagezentrum Osan an dem Tag besucht hatte, an dem ihre Luftangriffe auf Ziele in Nordkorea den Weg zur Wiedervereinigung geebnet hatten. Seit jenem schicksalsträchtigen Morgen hatte Park kein Tageslicht mehr gesehen, aber das störte ihn nicht.
Mochten seine Landsleute ruhig feiern; er wusste, dass Korea noch in Gefahr war.
»Eine... nein, zwei Flugbahnen nach Seoul«, meldete der Controller. »Eine davon könnte auf Inchon zielen. Je eine Flugbahn nach Kunsan und Pusan. Eine Flugbahn... eine führt übers Japanische Meer hinaus zu einem Ziel in Japan.«
»Zweifellos die Revanche für Japans Unterstützung unserer Revolution«, sagte General Park. »Kennen wir die Startorte schon?
Wissen wir, wo die Raketen herkommen?«
»Die Flugbahnen sind sehr unterschiedlich, General«, antwortete der Controller. »Die nach Seoul gerichtete hat ein sehr niedriges ballistisches Profil. Das Gleiche gilt für die Flugbahn nach Inchon.«
»Soll das heißen, dass die Raketen irgendwo auf der koreanischen Halbinsel gestartet sind?«
»Richtig, General. Wir sind dabei, die wahrscheinlichen Startpunkte zu errechnen.«
»Die müssten Sie längst haben. Beeilung!« Sein rotes Telefon klingelte. »General Park.«
»Hier ist der Präsident, General«, sagte Kwon Ki-chae. »Was ist passiert? Überall in Seoul heulen die Luftschutzsirenen.«
»Haben Sie einen Schutzraum aufgesucht, Herr Präsident?«
»Ja. Ich bin mit mindestens fünftausend Menschen auf dem total überfüllten U-Bahnhof an der Universität«, antwortete Kwon. »Vielleicht ersticke ich oder werde totgetrampelt, bevor ich bei einem Luftangriff sterbe. Was ist passiert?«
»Zwei Raketen sind im Anflug auf die Hauptstadt«, meldete Park. »Kunsan und Pusan werden ebenfalls angegriffen. Eine weitere Rakete ist nach Japan unterwegs.«
»Verdammt«, murmelte Kwon. Er schwieg einen Augenblick, dann fragte er: »Angegriffen werden offenbar militärische Ziele, nicht wahr?«
»Ja, Herr Präsident - bis auf Pusan.«
»Wo kommen die Raketen her? Ich will, dass die Startorte sofort bombardiert werden.«
»Zumindest einige der Raketen scheinen aus dem Norden der Halbinsel zu kommen«, antwortete Park. »Wir tippen auf mobile Abschussrampen der ehemaligen Volksarmee. Augenblick... Herr Präsident, eben wird gemeldet, dass die für Seoul bestimmten Raketen offenbar abgefangen werden konnten... Jetzt kommt die Meldung, dass in den Außenbezirken von Kunsan ein Gefechtskopf mit dem Nervengas Vx detoniert ist.«
»Gibt es schon Verlustmeldungen?«
»Nein, Herr Präsident«, sagte Park. »Dafür ist es noch zu früh.
Aber in den meisten Fabriken dürfte nur die Nachtschicht gearbeitet haben. Ich rechne mit einigen tausend Toten - vielleicht auch weniger, wenn die meisten Leute rechtzeitig Schutzräume aufgesucht haben. Und wie Sie wissen, ist der größte Teil unserer Bevölkerung gut mit dem Gebrauch von Gasmasken und Schutzanzügen vertraut. Andererseits sind in den dortigen militärischen Einrichtungen viele Flüchtlinge aus dem Norden untergebracht, von denen wir nicht wissen, ob sie ebenso ausgerüstet waren.«
»Woher kommen diese Raketen, verdammt noch mal?«
»Wir kennen jetzt den ungefähren Startort der Rakete, die auf Japan abgeschossen wurde, Herr Präsident«, antwortete Park mit einem Blick auf seinen Computermonitor. »Er liegt bei Toandonggu im Süden der Provinz Janggang Do. Da es sich vermutlich um eine Abschussrampe handelt, die auf Schienen bewegt wird, werden wir uns bei unserer Suche auf die Bahnlinien im dortigen Gebiet konzentrieren.«
»Aus China kann die Rakete nicht gekommen sein?«
»Höchst unwahrscheinlich. Das gilt auch für die anderen Raketen. Ihre Bahnhöhe ist zu gering, als dass... Augenblick, Herr Präsident ... eben wird die Detonation einer C-Waffe drei Kilometer nordöstlich von Tonghae gemeldet. Vermutlich wieder ein Angriff mit dem Nervengas Vx.«
»Giftgas?«, ächzte Kwon. »Das kann nicht sein! Gegen Pusan?
Aus welcher Richtung kommt der Wind?«
»Wir haben Nordwind... Herr Präsident, der Gefechtskopf dürfte östlich der Kyejwan-Berge detoniert sein«, fuhr Park fort, indem er sich bemühte, sich nicht durch den Gedanken an die möglichen Opfer in einer der schönsten Städte Koreas
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