Lautlose Jagd
jetzt an Präsident Martindale wandte. »Sir, überall in Nordkorea und China sitzen unsere Agenten in hohen und höchsten Positionen. Im vergangenen halben Jahr haben sie auf allen gesellschaftlichen Ebenen - im Staatsdienst, an den Universitäten und im Militär - ein weit gespanntes Netzwerk aus Spitzeln, Aktivisten, Propagandisten und Hilfswilligen aufgebaut. Sie sollen keineswegs nur Sabotageakte und Morde ausführen, obwohl wir auch die befehlen könnten, wenn wir wollten. In erster Linie dient das Netzwerk dazu, unseren nordkoreanischen Brüdern die Gewissheit zu geben, dass wir bereit sind, ihnen zu helfen, die Halbinsel und unser Volk wieder zu vereinigen.
Wir haben festgestellt, dass die Bevölkerung Nordkoreas auf unserer Seite steht«, fuhr Kang fort. »Die Revolution greift immer weiter um sich. Dabei handelt es sich nicht nur um eine politische Revolution, sondern auch eine ideologische, kulturelle und religiöse Umwälzung. Das kommunistische Regime versucht natürlich, sie zu unterdrücken, aber wie damals in Ostdeutschland und Russland gewinnt sie ständig neue Anhänger. Sie braucht nur noch einen Zündfunken. Diesen Funken kann die Republik Korea liefern, und der Zeitpunkt dafür ist jetzt gekommen.«
»Das ist unglaublich, absolut umwerfend«, sagte Chastain.
»Wir werden einige Zeit brauchen, um diese sensationellen Mitteilungen zu analysieren...«
»Zeit ist ein Luxus, den wir uns leider nicht gönnen dürfen«, unterbrach Kang ihn. »Der Norden kann jeden Augenblick zu einem Vernichtungsschlag ausholen.«
»Bedaure, Minister, aber wir können es uns nicht leisten, überhastet zu handeln«, wehrte der Präsident ab. Als der Dolmetscher das übersetzte, war unverkennbar, dass General Kim mit jeder Sekunde zorniger wurde. Martindale ignorierte ihn und sprach weiter: »Wir müssen die Meldungen Ihrer Aufklärungs- und Einsatzabteilung analysieren, sie selbst verifizieren und hier in Washington diskutieren. Daraus kann ein Plan entstehen, den die Spitzen beider Parteien in Abgeordnetenhaus und Senat billigen, für den sie Finanzierungszusagen geben müssen.« General Kim blaffte etwas Unverständliches und starrte Kang dann ungeduldig an. Der Außenminister reagierte nicht und ließ seinen Blick auf Martindale gerichtet, aber dass die beiden Koreaner unterschiedlicher Meinung waren, konnte niemand übersehen. »Sie haben noch etwas auf dem Herzen, Minister Kang«, stellte der Präsident leicht resigniert fest. »Also, heraus damit!«
»Wir haben unsere Karten auf der Tisch gelegt, Sir«, erwiderte Kang. »Ich verstehe Ihre Besorgnis und Ihren Wunsch, die erhaltenen Informationen zu überdenken und zu diskutieren. Deshalb möchten wir Sie nicht länger mit unserer Anwesenheit belästigen.
Ich danke Ihnen für Ihre Zeit und Ihre Aufmerksamkeit. Ich werde meine Regierung gern von Ihrer Besorgnis und Ihren Überlegungen in Kenntnis setzen.» »Wir würden gern hören, was General Kim dazu zu sagen hat, Minister«, stellte Martindale nüchtern fest.
Kim schüttelte energisch den Kopf. Kang wirkte erleichtert. »Der General scheint nichts hinzuzufügen zu haben, Mr. President. Ich möchte Ihnen deshalb nochmals dafür danken, dass Sie...«
»Augenblick!«, unterbrach der Präsident ihn. Er sprach Kim direkt an. »Falls Sie noch etwas auf dem Herzen haben, General, sollten Sie es jetzt sagen.«
Kang stand auf. »Danke für Ihre Gastfreundschaft, Sir.«
Im nächsten Augenblick explodierte Kim. Er schoss hoch und überschüttete erst Martindale, dann Chastain und zuletzt Kang mit einem Wortschwall. Kang fauchte ihn an, aber der General dachte nicht daran, sich den Mund verbieten zu lassen.
»Was hat er gesagt? Übersetzen Sie!«, befahl der Präsident.
»General Kim sagt, dass Sie den Chinesen gegenüber viel zu ängstlich geworden sind«, übersetzte der Dolmetscher. »Er sagt, dass Ihr Image und Ihre Wiederwahl Ihnen viel zu wichtig sind, als dass Sie beides riskieren würden, um Frieden und Freiheit des demokratischen Koreas zu verteidigen.« Er wandte sich an Chastain. »Der General sagt, dass Sie im sicheren Washington für Vorsicht und Zuwarten plädieren, während die freien Koreaner sich Sorgen wegen eines Atomkriegs machen. Und er sagt, dass Minister Kang nicht den Mut hat, den Amerikanern zu sagen, dass wir selbst tun werden, was für den Schutz unserer Heimat nötig ist, wenn Sie sich weigern, uns beizustehen. Minister Kang hat den General aufgefordert, den Mund zu halten, sonst sorgt
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