Lautlose Jagd
der Minister dafür, dass er aus dem Amt gejagt wird. Der General sagt, dass er seine Truppen zum Sieg über die Kommunisten führen wird, ohne sich darum zu kümmern, ob die amerikanischen Schwächlinge ihm dabei helfen oder nicht.«
Die erregten Stimmen waren nach draußen gedrungen, sodass in diesem Augenblick Secret-Service-Agenten mit gezogenen Pistolen hereinstürmten. Zwei von ihnen wollten sich über den Präsidenten werfen, um ihn mit ihren Körpern zu schützen. »Nein!«, wehrte er ab. »Nicht nötig!«
Kang rief Kim etwas zu, aber der General war bereits zur offenen Tür unterwegs. Weitere Secret-Service-Leute standen bereit, um ihn notfalls mit Gewalt aufzuhalten. »Lässt ihn gehen!«, befahl der Präsident ihnen. Sobald seine Leibwächter, die den Dolmetscher mitnahmen, den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatten, wandte er sich an den Außenminister. »Minister Kang, ich will sofort Präsident Kwon sprechen. Falls Sie ernstlich an Krieg gegen Nordkorea denken, müssen Sie damit warten, bis ich Gelegenheit gehabt habe, mit ihm zu sprechen.«
»Ich versichere Ihnen, dass wir an keinen Krieg gegen den Norden denken«, antwortete Kang. »Viele Mitglieder meiner Regierung sind äußerst besorgt, aber wir stimmen darin überein, dass wir nichts Besseres tun können, als mit der Macht und dem Einfluss der Vereinigten Staaten im Rücken die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die aggressive Haltung des Nordens zu lenken. Aber wir müssen die Gewissheit haben, dass Amerika uns in diesen Bemühungen unterstützt.«
»Ich werde Präsident Kwon bestätigen, dass die Vereinigten Staaten auch in Zukunft die Schutzmacht Koreas bleiben«, sagte Martindale. »Aber hören Sie mir jetzt bitte gut zu: Wir dürfen uns nicht mit Scheuklappen vor den Augen in einen Krieg treiben lassen, nur weil einige Hitzköpfe in Ihrer Regierung wie General Kim glauben, sie könnten die Chinesen ignorieren und die Nordkoreaner über Nacht zum Kuschen bringen. Wir stehen Ihnen in jeder Krise als treue Verbündete bei, aber wir wollen, dass das eine Partnerschaft ist. Anders kann ich dem amerikanischen Volk unser Engagement nicht verkaufen.«
Kang war zutiefst verletzt und darüber gekränkt, dass der Präsident dem amerikanischen Volk seine Absicht, Südkorea vor einem Überfall zu schützen, »verkaufen« musste. »Ja, ich verstehe, Mr. President«, antwortete er mit grimmiger Miene. Er verbeugte sich tief. »Tut mir sehr Leid, dass ich Sie belästigt und den Frieden dieses berühmten Orts gestört habe. Ich bitte persönlich um Entschuldigung und übernehme die volle Verantwortung für General Kims Benehmen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen...« Er verließ das Oval Office, ohne aufzusehen oder sich von jemandem mit Handschlag zu verabschieden.
Martindale, Whiting, Chastain und Hale starrten sich wie benommen an. »Was zum Teufel war das?«, fragte der Verteidigungsminister ungläubig.
»Also, was ist davon zu halten, Leute - haben die Südkoreaner irgendwas vor?«, fragte der Präsident. »Werden Sie diese Ziele wirklich angreifen?«
»Ich denke, was diesen Punkt betrifft, sollten wir uns von der CIA beraten lassen«, schlug Chastain vor, »aber mein Eindruck ist, dass die koreanische Regierung dazu neigt, in nächster Zeit irgendwie aktiv zu werden. Kim hat sich aufgeführt, als wollte er am liebsten gleich selbst durch die Entmilitarisierte Zone stürmen.«
»Trotzdem ist ausgeschlossen, dass Präsident Kwon sich einbildet, er könnte den Norden erfolgreich angreifen, wenn wir nicht hundertprozentig hinter ihm stehen und zum Eingreifen bereit sind«, stellte Vizepräsidentin Whiting fest. »Er weiß genau, dass er allein keine Chance hätte. Die nordkoreanischen Streitkräfte sind dreimal stärker als die des Südens. Und China hat vermutlich mehr Militärköche als Kwon Soldaten in seinen Streitkräften. Ich denke, dass dieser Zwischenfall mit den Atombomben sie nervös gemacht hat. Kim war die Stimme der Hitzköpfe, die Vergeltung fordern - Kang war die Stimme der Vernunft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Krieg geben soll.«
»Stellen Sie keine Mutmaßungen an, Mr. President«, riet Jerrod Hale ihm. »Rufen Sie Präsident Kwon an. Fragen Sie ihn geradeheraus. Sagen Sie ihm, was Sie von dieser Sache halten. Zeigt sich, dass er Krieg will, fordern Sie ihn auf, noch zu warten, und schlagen eine friedliche Alternative vor. Falls er noch Wert darauf legt.«
In diesem Augenblick
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