Lautloses Duell
Sanchez. »Das heißt, er hat keine Ahnung, dass wir ihm auf der Spur sind.«
In diesem Augenblick versteifte sich Stephen Miller, der immer noch den Hörer am Ohr hatte, und ein Lächeln zog über sein Gesicht. »Pac Bell hat ihn!«, sagte er. »Er sitzt im Bay View Motel. In Freemont!«
Bishop zückte sein Handy, rief die Zentrale an und setzte das Sonderkommando in Bewegung. »Lautloser Zugriff«, befahl er. »Ich möchte die Leute in fünf Minuten dort haben. Wahrscheinlich sitzt er vor dem Fenster, sieht, wer sich dem Motel nähert, und hat den Wagen mit laufendem Motor auf dem Parkplatz stehen. Geben Sie das an die SWAT-Teams weiter.« Dann rief er Huerto Ramirez und Tim Morgan an und beorderte sie ebenfalls zu dem Motel.
Für Tony Mott schien die Gelegenheit günstig, endlich mal richtig Polizist spielen zu können. Und Bishop überraschte ihn mit seiner Anweisung: »Also gut, Officer, diesmal kommen Sie mit. Aber Sie halten sich im Hintergrund!«
»Jawohl, Sir«, nickte der junge Polizist ernst und zog eine Ersatzschachtel Patronen aus seinem Schreibtisch.
Bishop wies mit dem Kinn auf Motts Gürtel. »Ich glaube, die beiden Magazine reichen vollauf, Officer.«
»Klar. Bestimmt.« Trotzdem stopfte sich Mott, als Bishop sich wegdrehte, eine Hand voll Patronen in die Tasche seiner Jacke.
Bishop wandte sich an Gillette: »Sie kommen mit mir. Wir machen kurz bei Bob Shelton Halt und nehmen ihn mit. Es liegt auf dem Weg. Und dann schnappen wir unseren Killer.«
Detective Robert Shelton wohnte in einem eher bescheidenen Viertel von San Jose, nicht weit von der Schnellstraße entfernt.
Überall in den Vorgärten der Häuser lag Kinderspielzeug herum, in den Auffahrten standen Autos der mittleren Preisklasse: Toyotas, Fords und Chevys.
Frank Bishop parkte auf der Straße. Er stieg nicht gleich aus, sondern schien sich etwas zu überlegen. Schließlich sagte er: »Eins nur kurz vorab … Bobs Frau … Ihr Sohn ist doch bei diesem Autounfall ums Leben gekommen. Sie ist nie richtig darüber hinweggekommen. Sie trinkt gelegentlich ein bisschen zu viel. Bob behauptet, sie sei krank, aber dem ist nicht so.«
»Hab schon kapiert.«
Sie gingen mit raschen Schritten auf das Haus zu. Bishop drückte auf die Klingel. Von drinnen war kein Klingelton zu hören, dafür aber gedämpfte Stimmen. Erregte Stimmen.
Dann ein Schrei.
Bishop schaute Gillette an, zögerte einen Augenblick und drehte vorsichtig am Türknauf. Er war nicht verriegelt. Mit der Hand an der Pistole, schob Bishop die Tür auf. Gillette folgte ihm ins Haus.
Drinnen herrschte heilloses Durcheinander. Schmutziges Geschirr, Zeitschriften und Kleidungsstücke lagen kreuz und quer im Wohnzimmer herum. Es roch leicht säuerlich nach Schnaps und ungewaschenen Kleidern. Auf dem Tisch stand eine kaum angerührte Mahlzeit für zwei Leute – erbärmlich aussehende Käsesandwiches. Es war halb eins, Mittagszeit, aber Gillette wusste nicht genau, ob das Essen von heute war oder noch ein Überbleibsel von gestern. Zu sehen war niemand, aber aus einem Zimmer weiter hinten ertönte ein Krachen, und dann hörten sie Schritte.
Sowohl Bishop als auch Gillette erschraken bei dem kurz darauf ertönenden, lauten Geschrei einer Frau: »Mir geht’s, verdammt noch mal, gut! Du denkst wohl, du kannst über mich bestimmen! Ich weiß nicht, wie du darauf kommst …
Du
bist doch der Grund dafür, dass es mir so beschissen geht!«
»Aber das ist doch …« Bob Sheltons Stimme. Aber seine Worte gingen im nächsten Scheppern unter, mit dem etwas zu Boden fiel – oder vielleicht auch von seiner Frau zu Boden geschleudert wurde. »Mein Gott«, murmelte er. »Sieh nur, was du jetzt schon wieder angerichtet hast.«
Der Hacker und der Detective standen hilflos im Wohnzimmer. Da sie unbeabsichtigt Zeugen dieser heiklen häuslichen Szene geworden waren, wussten sie nicht, was sie jetzt tun sollten.
»Ich räum alles wieder auf«, nuschelte Sheltons Frau.
»Nein, lass nur, ich …«
»Lass mich einfach in Ruhe! Du verstehst überhaupt nichts. Du bist nie zu Hause. Wie könntest du das auch verstehen?«
Gillette warf einen Blick durch die offene Tür in das Zimmer nebenan und blinzelte. Es war dunkel in dem Zimmer. Es war das Zimmer, aus dem der unangenehme muffige Geruch kam. Was jedoch seine Aufmerksamkeit erregte, war nicht der Gestank, sondern das, was direkt neben der Tür stand. Eine rechteckige Metallkiste.
»Sehen Sie mal, dort drüben.«
»Was ist das?«, fragte
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