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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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typische Armeeausbilder aussahen. Einer trug schulterlanges Haar, geflochtene Sandalen, Shorts und ein zerknittertes T-Shirt. Der andere war ein wenig konservativer gekleidet und frisiert, zeichnete sich jedoch durch reichlich Body-Piercing aus – und sein militärischer Kurzhaarschnitt war grün gefärbt. Die beiden Burschen waren Teil eines »Tiger Teams«, eine Gruppe ehemaliger bösartiger Hacker, die der dunklen Seite abgeschworen hatten (vor allen Dingen, nachdem sie erkannt hatten, wie viel Geld sich verdienen ließ, wenn man Firmen und Regierungseinrichtungen vor den ehemaligen Kollegen schützte).
    Zu Anfang war Backle diesen Punks gegenüber sehr skeptisch eingestellt gewesen, hatte sich dann aber doch von ihrer Genialität und ihrer Fähigkeit, prinzipiell unverständliche Themen wie Verschlüsselung und Hacken auf einfache und allgemein verständliche Weise auszudrücken, mehr als beeindruckt gezeigt. Ihre Vorträge waren die artikuliertesten und verständlichsten gewesen, die er während der ganzen sechs Jahre bei der Criminal Investigation Division des Verteidigungsministeriums vorgesetzt bekommen hatte.
    Backle wusste, dass er kein Fachmann war, doch auf Grund dieses Kurses konnte er Gillettes Treiben wenigstens ansatzweise folgen. Jedenfalls schien es nichts mit dem Standard-12-Verschlüsselungssystem des Verteidigungsministeriums zu tun zu haben, doch Mr. Grünhaar hatte ihnen ausführlich erklärt, dass man Programme tarnen konnte. So war es beispielsweise möglich, um Standard-12 einen Mantel zu legen, der es wie eine völlig andere Programmart aussehen ließ– vielleicht sogar wie ein Spiel oder eine Textverarbeitung. Deshalb beugte er sich jetzt weiter vor, tat sein Misstrauen mit dem kratzenden Geräusch der metallenen Stuhlbeine auf dem Fußboden kund, starrte auf den Bildschirm vor Wyatt Gillette und fragte sich, ob der Hacker womöglich in diesem Augenblick genau diesen Trick anwandte.
    Gillettes Schultern versteiften sich, er hörte auf zu tippen. »Ich muss mich hier wirklich tierisch konzentrieren«, sagte er zu dem Agenten. »Wenn Sie mir ständig über der Schulter hängen, lenkt mich das unheimlich ab.«
    »Wie heißt dieses Programm noch mal, das Sie da gerade laufen haben?«
    »Wie kommen Sie auf ›noch mal‹? Ich habe seinen Namen mit keiner Silbe erwähnt.«
    Wieder dieses feine Grinsen. »Dann verraten Sie ihn mir doch jetzt. Ich bin wirklich neugierig.«
    »Das ist ein Chiffrier- und Dechiffrierprogramm, das ich mir von der Hacker-Schnäppchen-Site runtergeladen und ein wenig modifiziert habe. Es ist Freeware, also habe ich mich wohl keiner Copyright-Verletzung schuldig gemacht. Außerdem wäre das ohnehin nicht Ihr Zuständigkeitsbereich. Möchten Sie vielleicht mehr über die Algorithmen erfahren, mit denen es arbeitet?«
    Backle antwortete nichts, sondern starrte weiterhin auf den Bildschirm.
    »Ich sage Ihnen eines, Backle«, meinte Gillette. »Ich muss das hier wirklich so schnell wie möglich durchziehen. Wie wär’s, wenn Sie uns einen Kaffee kochen und aus der Kantine, oder was das dort hinten für eine Bude ist, ein paar Donuts mitbringen und mich hier meine Arbeit machen lassen?« Gut gelaunt fügte er hinzu: »Wenn Sie wollen, dürfen Sie es sich hinterher genau ansehen und mich wegen ein paar anderer falscher Anschuldigungen wieder festnehmen.«
    »Oh, wir sind wohl leicht reizbar, was?«, entgegnete Backle. »Ich mache hier nur meine Arbeit.«
    »Genau das versuche ich auch.« Mit diesen Worten widmete sich der Hacker wieder dem Computer.
    Backle zuckte die Achseln. Das Verhalten des Hackers trug nicht gerade dazu bei, seinen Verdacht zu zerstreuen, aber der Vorschlag mit den Donuts hatte etwas für sich. Der Agent stand auf, streckte sich und schlenderte den Gang hinunter, immer dem Kaffeegeruch nach.
    Frank Bishops Wagen schlingerte mit quietschenden Reifen in den Parkplatz des Stanford-Packard Medical Center. Er sprang aus dem Crown Victoria, ohne den Motor auszuschalten oder die Tür zuzuschlagen.
    Erst auf halbem Weg in die Empfangshalle fiel ihm ein, was er unterlassen hatte, er blieb abrupt stehen und drehte sich um. In diesem Augenblick hörte er die Stimme einer Frau rufen: »Gehen Sie weiter, Boss! Ich hab alles im Griff!« Linda Sanchez. Sie, Bob Shelton und Tony Mott waren Bishop in dem nicht gekennzeichneten Dienstwagen gefolgt, weil er so Hals über Kopf zu seiner Frau davongestürmt war, dass er die CCU verlassen hatte, ohne auf den Rest des Teams

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