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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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eine absolut krasse Idee. Er fragte sich, ob unsere Welt durch den Einfluss der Computer vielleicht zu einer magischen und verzauberten Welt zurückgefunden hatte. Computer verwandelten unsere Welt in einen Schauplatz wie aus den alten Büchern aus dem neunzehnten Jahrhundert, den Büchern von Washington Irving oder Edgar Allen Poe.
Die Legende von Sleepy Hollow, Das Haus mit den sieben Giebeln
und das ganze andere abgefahrene Zeug. Bevor es Computer gab, in der grauen Vorzeit der sechziger und siebziger Jahre, war das Leben erkennbar und verstehbar. Heute dagegen spielte sich alles im Verborgenen ab. Es gab das Netz und Programme und Bots und Elektronen und andere Dinge, die man nicht sehen konnte – genau wie Gespenster. Sie waren ständig um einen herum, sie konnten aus dem Nichts auftauchen, und sie konnten irgendetwas anstellen.
    Diese Gedanken jagten ihm eine höllische Angst ein, aber er zwang sich dazu, sie zu ignorieren und stur weiter durch die dunklen Gänge von St. Francis zu marschieren, in denen es nach modrigem Stuck roch und die gedämpften Gespräche und die Musik aus den Schülerzimmern immer leiser wurden, je weiter er sich vom Wohntrakt entfernte. Er schlich sich an der Turnhalle vorbei und verdrückte sich in die dunkleren Ecken des Gebäudes.
    Gespenster …
    Hör schon auf mit dem Quatsch!, ermahnte er sich.
    Denk lieber an Santana, denk daran, dass du gleich mit deinem Bruder losziehst, denk an den tollen Abend, der vor dir liegt.
    Denk an die Backstage-Ausweise.
    Dann stand er vor der Brandschutztür, die ihn vom Garten trennte.
    Jamie sah sich misstrauisch um. Keine Spur von Booty, kein Anzeichen von einem der anderen Lehrer, die gelegentlich wie die Aufseher in einem Kriegsgefangenenfilm durch die Korridore wanderten.
    Jamie Turner ließ sich auf die Knie nieder und musterte den Türriegel, so wie ein Catcher seinen Gegner mustert.
    Warnung: Öffnen der Tür löst Alarm aus.
    Wenn er den Alarm nicht ausschaltete, wenn er ihn bei dem Versuch, die Tür zu öffnen, versehentlich auslöste, gingen überall in der Schule helle Lichter an, und innerhalb von wenigen Minuten wimmelte es wahrscheinlich von Polizisten und Feuerwehrleuten. In diesem Fall musste er schleunigst in sein Zimmer zurück, und damit wäre der Abend gelaufen.
    Jamies Cracking-Programm hatte, mit freundlicher Unterstützung des Militärcomputers, Bootys Passcode gefunden. Das Tor zur Straße, hinter dem sein Bruder auf ihn wartete, war also kein Problem mehr. Aber zuerst musste er diese Hürde nehmen – die alarmgesicherte Tür, die zum Innenhof führte. Jamie entfaltete ein kleines Stück Papier, auf dem der Schaltplan der Alarmvorrichtung aufgezeichnet war, den der Serviceleiter des Türenherstellers ihm freundlicherweise gemailt hatte (genau genommen eigentlich dem Kundendienst in Oakland).
    Im Licht einer kleinen Taschenlampe prägte er sich die Schaltung noch einmal ein. Dann strich er fast zärtlich über das Metall der Alarmverriegelung, ertastete, wie der Auslöser funktionierte, wo die Schrauben saßen, wo die Stromversorgung versteckt war. Sein kluges Köpfchen baute das, was er vor sich sah, mit dem Schema, das er sich aus dem Netz heruntergeladen hatte, zusammen.
    Er holte tief Luft.
    Er dachte an seinen Bruder.
    Mit einer geübten Handbewegung streifte er die Schutzbrille über die unersetzlichen Augen, griff mit der anderen Hand in die Tasche und zog das Plastikkästchen mit dem Werkzeug heraus. Er wählte einen Philips Akku-Schrauber. Noch blieb mehr als genug Zeit, sagte er sich. Kein Grund zur Hast.
    Dann also los …

16 Kapitel 00010000
    Frank Bishop parkte den nicht gekennzeichneten, dunkelblauen Ford vor dem bescheidenen Haus im kalifornischen Kolonialstil, das noch auf einer Parzelle des alten Zuschnitts stand. Er schätzte das Grundstück auf etwa sechshundert Quadratmeter, und allein damit dürfte es über eine Million Dollar wert sein.
    Bishop fiel auf, dass in der Einfahrt eine helle Lexus-Limousine stand.
    Sie gingen zur Haustür und klopften an. Eine verlebte Frau Anfang Vierzig in Jeans und ausgeblichener Blümchenbluse machte die Tür auf. Der Geruch nach Fleisch und angebratenen Zwiebeln umwehte sie. Es war 18 Uhr, die übliche Abendessenszeit bei Familie Bishop, und sofort überfiel den Detective ein grimmiger Heißhunger, der ihn daran erinnerte, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte.
    »Ja?«, fragte die Frau.
    »Mrs. Cargill?«
    »Ja«, sagte sie misstrauisch. »Kann ich

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