Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
einmal gesagt, dass eine der Eigenschaften, die ich an dir am meisten bewundere, deine optimistische Natur ist? Du hast ein richtig sonniges Gemüt.«
Tobias würdigte diese Bemerkung keiner Antwort. In Wahrheit hatte er schlechte Laune, und das wusste er auch. Der Grund dafür war nicht der dumpfe Schmerz in seinem Bein. Es war die Ahnung, dass etwas passieren würde, und das beschäftigte ihn.
Er war heute Morgen mit einem eigenartigen Gefühl aufgewacht, das ihn beunruhigte. Ein Mann in seinem Alter und mit seiner Erfahrung sollte seine Gefühle besser unter Kontrolle haben, sagte er sich. Sein Eifer, Lavinia wiederzusehen, passte wohl eher zu einem jungen Mann in Anthonys Alter, der sich auf einen Besuch bei seiner Freundin freute.
Sein Unbehagen wich erst Überraschung und dann offenem Ärger, als er die andere Mietkutsche bemerkte, die auf der Straße vor dem kleinen Haus stand.
Er blieb stehen. »Was zum Teufel hat sie denn jetzt schon wieder vor?«
Anthony grinste. »Wie mir scheint, hat deine neue Geschäftspartnerin für den heutigen Tag ihre eigenen Pläne.«
»Der Teufel soll mich holen, ich habe ihr heute Morgen eine Nachricht geschickt, in der ich ihr gesagt habe, dass ich um zwei Uhr hier sein würde.«
»Vielleicht mag Mrs. Lake es nicht, wenn du ihr befiehlst, zu warten, wenn es dir in den Sinn kommt«, meinte Anthony ein wenig zu hilfreich.
»Es war ihre Idee, noch einige andere Wachsmuseen zu besuchen.« Tobias ging auf die Treppe zu. »Wenn sie glaubt, dass ich ihr erlauben werde, die Eigentümer dieser Museen ganz allein zu befragen, dann hat sie sich verdammt noch einmal geirrt.«
Die Tür des Hauses Nummer sieben öffnete sich weit, gerade als Tobias und Anthony die unterste Treppenstufe erreicht hatten.
Lavinia, in ihrem wohl bekannten braunen Wollmantel und Halbstiefeln, erschien an der Tür. Sie wandte der Straße den Rücken zu und sprach mit jemandem im Haus.
»Pass auf, Emeline. Das ist das beste Stück von allen.«
Ohne den Kopf zu wenden, kam Lavinia vorsichtig aus der Tür. Tobias sah, dass sie ein großes Paket in der Hand trug, eingewickelt in Stoff.
Ein paar Sekunden später erschien auch Emeline. Ihr glänzendes dunkles Haar war zum Teil von einer blassblauen Haube verdeckt, die ihr hübsches Gesicht einrahmte. Sie mühte sich mit dem anderen Ende des langen, verhüllten Objektes ab.
»Es ist sehr schwer«, erklärte sie und blickte nach unten, um nicht zu stolpern. »Vielleicht sollten wir lieber eine der anderen verkaufen.«
Anthony zog scharf den Atem ein. Tobias fühlte, wie er neben ihm erstarrte.
Lavinia hatte die beiden Männer am Fuße der Treppe noch immer nicht bemerkt, sie fuhr fort, rückwärts die Treppe hinunterzugehen.
»Keiner der anderen wird uns so viel Geld bringen wie dieser hier«, sagte sie. »Tredlow hat angedeutet, dass er einen Sammler kennt, der eine hübsche Summe für einen Apollo in ausgezeichnetem Zustand bezahlen würde.«
»Ich meine noch immer, dass wir diese Statue nicht verkaufen sollten, nur um für das Geld ein paar Kleider zu kaufen.«
»Du musst die neuen Kleider als eine Art Investition ansehen, Emeline. Ich habe dir das heute doch schon ein paar Mal erklärt. Kein passender junger Mann wird dich bemerken, wenn du in einem alten, unmodernen Kleid ins Theater gehst.«
»Ich habe dir gesagt, dass jeder Mann, der nicht den Mensch hinter dem Kleid sieht, ein Mann ist, von dem ich gar nicht möchte, dass er mich bemerkt.«
»Unsinn. Du weißt sehr gut, dass du ruiniert sein wirst, wenn du zulässt, dass ein Mann den Mensch unter deiner Kleidung sieht, ehe du ordentlich verheiratet bist.«
Emeline lachte.
»Sie ist ein glitzernder Bach, der unter einem sonnigen Himmel tanzt«, flüsterte Anthony.
Tobias stöhnte auf. Er war ganz sicher, dass Anthony nicht Lavinia meinte.
Er sah den beiden Frauen zu, wie sie die Treppe hinunterkamen. Der körperliche Kontrast zwischen Tante und Nichte hätte nicht deutlicher sein können. Emeline war groß, anmutig und von eleganter Gestalt. Lavinia war beträchtlich kleiner und zierlicher in jeder Hinsicht. Es war erstaunlich einfach gewesen, sie in seinen Armen zu halten, so dass ihre Füße den Boden nicht mehr berührt hatten, überlegte er.
»Wo wollen Sie hin?«, fragte Tobias.
Lavinia schrie leise und erschrocken auf und wirbelte dann herum, um ihn anzusehen. Das mumienartige Paket auf ihrem Arm wankte gefährlich. Anthony machte heldenhaft einen Satz nach vorn und fing ihr Ende der
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