Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
behandeln und aus ihm vielleicht einen Vorteil zu ziehen. Man hat ja schließlich auch seinen Stolz.«
»War es dein Stolz oder der Stolz von Mr March, der dich in der letzten Nacht dazu bewogen hat?«, fragte Emeline ein wenig spöttisch.
»Das ist doch jetzt ganz egal. Tatsache ist, dass ich heute Morgen ohne einen Klienten dastehe.«
»Keine Angst. Schon bald wird ein neuer Klient auftauchen.« Emelines sonniger Optimismus konnte manchmal recht irritierend sein, überlegte Lavinia.
»Wahrscheinlich«, meinte sie, »wird Mr March sich die Provision von seinem Klienten holen. In diesem Falle sollte er sie eigentlich mit mir teilen, findest du nicht auch?«
»In der Tat«, stimmte Emeline ihr zu.
»Ich glaube, ich werde ihm gegenüber diese Tatsache erwähnen.« Lavinia aß ihre Eier und lauschte abwesend dem Klappern von Hufen und dem Knarren der Wagenräder auf der Straße. »Weißt du, so schwierig er auch manchmal sein kann, so hat sich Mr March in dieser Sache doch auch als nützlich erwiesen. Immerhin hat er das Tagebuch des Kammerdieners entdeckt.«
Emeline betrachtete sie interessiert. »Woran denkst du, Lavinia?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Mir scheint, es könnte für Mr March und auch für mich sehr vorteilhaft sein, wenn wir in der Zukunft ab und an zusammenarbeiteten.« »Nun.« Ein eigenartiger Ausdruck trat in Emelines Augen. »Nun, ja. In der Tat. Ein faszinierender Gedanke.«
Der Gedanke einer zukünftigen Partnerschaft mit Tobias war erregend und auch sehr beängstigend, entschied Lavinia. Es war wohl besser, das Thema zu wechseln.
»Aber die wichtigsten Dinge zuerst«, erklärte sie entschlossen. »Heute müssen wir uns auf deinen Abend im Theater konzentrieren.«
»Auf unseren Abend im Theater.«
»In der Tat. Es war sehr freundlich von Lady Wortham, mich auch einzuladen.«
Emeline zog die Augenbrauen hoch. »Ich glaube, sie ist ziemlich neugierig auf dich.«
Lavinia runzelte die Stirn. »Ich hoffe, du hast ihr gegenüber keine meiner früheren Tätigkeiten erwähnt?«
»Nein.« .
»Ausgezeichnet.« Lavinia entspannte sich ein wenig. »Ich glaube nicht, dass Lady Wortham einen meiner Berufe angemessen finden würde.«
»In ihren Kreisen gibt es keine angemessenen Berufe für Frauen«, erklärte ihr Emeline.
»Sehr wahr. Heute Abend werde ich ihr einen Hinweis geben, dem sie entnehmen kann, dass ich ein bescheidenes, aber sicheres Erbe gemacht habe.«
»Das ist nicht wirklich ein Hinweis, Tante Lavinia. Das geht schon mehr in Richtung Lüge.«
»Ach was.« Lavinia winkte ab. »Also, vergiss nicht, dass wir unsere letzte Anprobe heute Morgen bei Madame Francesca haben.«
»Ich werde es nicht vergessen.« Eine Sorgenfalte erschien auf Emelins Stirn. »Tante Lavinia, ich hoffe, dass du für heute Abend nicht zu viel erwartest. Ich bin ganz sicher, dass ich nicht ankommen werde.«
»Unsinn. In deinem neuen Kleid wirst du wunderschön aussehen.«
Emeline grinste. »Nicht so schön wie Priscilla Wortham, und das ist natürlich auch der Grund dafür, dass ihre Mutter so freundlich zu mir ist, das weißt du ganz genau. Sie glaubt, wenn ich in der Nähe bin, wird Priscilla davon einen Vorteil haben.«
»Lady Worthams Pläne interessieren mich nicht einen Deut...« Lavinia hielt entsetzt inne. Dann räusperte sie sich und versuchte es noch einmal. »Mir ist es vollkommen egal, dass Lady Wortham plant, Priscilla im besten Licht erscheinen zu lassen. Als Priscillas Mutter ist das ihre Pflicht. Doch in diesem Zusammenhang hat sie uns eine einmalige Gelegenheit geboten, und ich habe die Absicht, sie auszunutzen.«
Die Tür des Frühstückszimmers öffnete sich ohne Warnung. Mrs. Chilton stand dort. Erregung blitzte in ihrem Blick auf. » Mrs. Dove ist hier, Ma'am«, sagte sie laut. »Empfangen Sie schon zu so früher Stunde Besucher?«
» Mrs. Dove?«
Panik stieg in Lavinia auf. Tobias hatte sich geirrt, als er ihr versichert hatte, dass es auf den Polstern der Kutsche keine Flecken gegeben hatte. In dem schwachen Licht war ihm zweifellos ein verräterischer Fleck entgangen. Sie fragte sich, ob Joan Dove wohl gekommen war, um Geld für den Schaden zu verlangen, den sie an ihrer teuren Equipage angerichtet hatte. Wie viel würde es wohl kosten, eines der Kissen der Kutsche zu ersetzen?
»Aye, Ma'am. Soll ich sie in das Wohnzimmer schicken oder in Ihr Arbeitszimmer?«
»Was möchte sie denn?«, fragte Lavinia vorsichtig. Mrs. Chilton sah sie erstaunt an.
»Nun, das weiß ich
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