Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
habe ich mein Bestes getan. Aber alles ist so schwierig.«
»Das verstehe ich.«
»Ich mühe mich noch immer mit den vielen Investitionen und geschäftlichen Dingen ab, die er mir hinterlassen hat. Es ist alles recht obskur. Dennoch bin ich sicher, dass nichts, was ich seit seinem Tod getan habe, jemandem finanziell geschadet hat.«
»Verzeihen Sie mir, aber gibt es etwas in Ihrem persönlichen Leben, das hier eine Rolle spielen könnte?«
»Ich war sehr verliebt in meinen Ehemann, Mrs. Lake. Ich war ihm während unserer gesamten Ehe treu, und ich bin seit seinem Tod keinerlei romantische Bindung mehr eingegangen. Ich glaube nicht, dass es für jemanden einen persönlichen Grund geben könnte, mich zu bedrohen.«
Lavinia sah ihr in die Augen. »Dennoch ist eine Morddrohung etwas sehr Persönliches, nicht wahr? Persönlicher, wenn man darüber nachdenkt, als eine Erpressung, die doch wohl mehr in Richtung einer geschäftlichen Transaktion geht.«
»Ja.« Joan stand von ihrem Stuhl auf. Der wunderschön geschnittene Rock ihres Kleides brauchte nicht glatt gestrichen zu werden. Er fiel sofort in anmutige Falten. »Deshalb habe ich Sie ja auch gebeten, Ihre Nachforschungen fortzusetzen.«
Lavinia stand auch auf und ging um ihren Schreibtisch herum. »Ich werde Mr March sofort eine Nachricht schicken.« Joan ging zur Tür. »Sie und Mr March stehen einander recht nahe, nicht wahr?«
Ganz zufällig stieß Lavinia mit der Schuhspitze gegen den Rand des Teppichs. Sie stolperte und musste sich an ihrem Schreibtisch festhalten, um nicht zu fallen.
»Uns verbindet nur das Geschäft«, erklärte sie. Ihre Stimme klang ein wenig zu laut, stellte sie fest. Ein wenig zu energisch.
Sie reckte sich und ging eilig zur Tür, um sie zu öffnen. »Sie überraschen mich.« Joan sah verwirrt aus. »Als ich Ihre Besorgnis um seine Sicherheit und sein Wohlergehen am gestrigen Abend sah, nahm ich an, dass Sie beide sowohl Persönliches als auch Berufliches verbindet.«
Lavinia riss die Tür auf. »Meine Sorge um ihn ist nicht mehr als ein Gefühl, das jeder für seinen Geschäftspartner entwickeln würde.«
»Ich verstehe.« Joan ging hinaus in den Flur und blieb dort noch einmal stehen. »Ach, übrigens, beinahe hätte ich das vergessen. Mein Kutscher hat mir heute Morgen gesagt, dass er auf dem Sitz der Kutsche etwas gefunden hat.«
Lavinias Mund wurde ganz trocken. Ihre Hand klammerte sich um den Türgriff. Sie wusste, dass ihr Gesicht wahrscheinlich hochrot angelaufen war, doch sie konnte nichts dagegen tun.
»Auf dem Sitz, sagen Sie?«, fragte sie schwach.
»Ja. Ich glaube, es gehört Ihnen.« Joan öffnete ihre Tasche und holte ein gefaltetes Tuch aus Musselin heraus. Sie hielt es Lavinia hin. »Mir gehört es ganz sicher nicht.«
Lavinia starrte auf das Stück Stoff. Es war das Schultertuch, das sie am gestrigen Abend getragen hatte. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie es verloren hatte. Sie hob die Hand an den Hals.
»Danke.« Schnell nahm sie Joan das Schultertuch aus der Hand. »Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich es verloren hatte.«
»In einer Kutsche muss man immer vorsichtig sein.« Joan zog den Schleier von ihrem Hut vor das Gesicht. »Ganz besonders in der Nacht. In den Schatten kann man oft nur sehr schwer sehen. Es ist leicht, dort etwas Wertvolles zu verlieren.«
Nur Minuten nachdem Joan in ihrer eleganten Kutsche weggefahren war, schickte Lavinia Tobias eine Nachricht.
Lieber Sir,
unsere frühere Klientin hat mir einen neuen Auftrag angeboten. Sie wünscht, dass wir in ihrem Auftrag weitere Nachforschungen durchführen. Sie hat mir ihr festes Versprechen gegeben, dass sie sich strikt an die Regeln halten wird. Sind Sie interessiert daran, Ihre Stellung als mein Geschäftspartner wieder aufzunehmen ? Ihre Mrs. L.
Seine Antwort kam eine Stunde später.
Liebe Mrs. L.,
seien Sie versichert, ich bin begeistert, jegliche Position in dieser Angelegenheit einzunehmen, die Sie mir zuteilen werden, Madam. Ihr M.
Lavinia betrachtete die Nachricht lange. Schließlich schloss sie, dass es besser wäre, wenn sie nicht versuchen würde, irgendeine verborgene Bedeutung aus dem, was Tobias geschrieben hatte, herauslesen zu wollen. Er war kein Mann, der im Umgang mit ihr Spitzfindigkeiten und Nuancen benutzen würde.
Der Mann war kein Poet.
»Zerstört, sagen Sie?« Neville schien über die Neuigkeit sehr verwirrt zu sein. »Verdammte Hölle. Vollkommen verbrannt?«
»Ich würde an Ihrer
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