Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
bittest du mich, heute mit dir zu kommen?«
Er aß noch einen Bissen Toast, dann sah er sie eindringlich an. »Der Grund dafür ist der, wenn ich das Glück habe, Sally zu finden, möchte ich mit ihr reden. Ich gehe davon aus, dass sie viel eher mit einer Frau reden möchte als mit einem Mann.«
»Ich habe es doch gewusst.« Lavinia verspürte Zufriedenheit. »Du bist heute Morgen nicht hierhergekommen , weil du als Partner mit mir arbeiten willst, sondern weil du meine Hilfe brauchst, um deine eigenen Nachforschungen anzustellen. Was erwartest du von mir? Soll ich Sally in Hypnose versetzen und sie dazu bringen, frei zu sprechen?«
»Musst du meine Motive denn immer in Frage stellen?«
»Wenn es um dich geht, Sir, ist es mir lieber, wenn ich mit Vorsicht vorgehe.«
Er lächelte schwach, und seine Augen blitzten. »Nicht immer, Lavinia. Ich weiß, dass du bis jetzt ein oder zwei Ausnahmen von der Regel gemacht hast.«
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18. Kapitel
Das Haus war sehr schmal, mit zwei Etagen oben und der Küche unten. Die Nachbarschaft war nicht die Beste, dachte Lavinia, doch es war wenigstens weit weg vom Bordell.
Es dauerte nicht lange, um festzustellen, dass Sally Johnson nicht zu Hause war. Tobias hatte sich auf diese Möglichkeit vorbereitet.
Lavinia stand neben ihm vor der Küchentür, die unterhalb des Niveaus der Straße lag, und sah zu, wie er das Ende eines Metallstückes zwischen die Küchentür und den Rahmen steckte.
»Neville scheint Sally gegenüber nicht besonders großzügig gewesen zu sein«, stellte Lavinia fest. »Das ist kein sehr großartiges Haus.«
Holz und Metall ächzten, als Tobias das Metallstück zur Seite bog.
»Neville hat sie aus dem Bordell geholt, da ist ihr dieses Haus sicher wie ein Herrenhaus erschienen«, meinte er.
»Ja, ich denke, das stimmt.«
Die Tür sprang auf.
Lavinia schlang den Umhang noch fester um sich und blickte in den dunklen Flur. »Ich hoffe nur, dass wir nicht noch einmal über eine Leiche stolpern. Davon habe ich genug.« Tobias ging in das Haus voran. »Wenn Sally das gleiche Schicksal erlitten hat wie ihre beiden Vorgängerinnen, wird man ihre Leiche sehr wahrscheinlich im Fluss finden und nicht hier.«
Lavinia erschauerte und folgte ihm über die Schwelle. »Das ergibt keinen Sinn. Warum sollte dein Klient seine Geliebten ermorden?«
»Auf eine solche Frage gibt es keine vernünftige Antwort.«
»Selbst wenn er sich dieser Frauen wirklich entledigt hat, was hat das mit der Todesdrohung zu tun, die Mrs. Dove bekommen hat, oder mit dem Blue Chamber?«
»Das kann ich noch nicht sagen. Vielleicht nichts. Vielleicht eine ganze Menge.«
Lavinia blieb mitten in der Küche stehen und rümpfte die Nase beim Geruch nach faulem Fleisch. »Dir ist doch hoffentlich klar, was du da sagst? Dass dein Klient ein Lügner und ein Mörder ist.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass alle Klienten lügen.« Tobias öffnete den Gemüsekorb und blickte hinein. »Das ist einer der vielen Gründe, warum es klug ist, einen Vorschuss zu verlangen, wenn man einen Auftrag annimmt.«
»Ich werde in Zukunft daran denken.« Sie öffnete einen Schrank und blickte hinein. »Aber du musst doch eine Theorie haben, warum Neville seine Geliebten umbringt.«
»Eine Möglichkeit wäre die, dass er verrückt ist.«
Sie erschauerte. »Ja.«
»Doch es gibt noch ein anderes mögliches Motiv.« Tobias ließ den Deckel des Korbes wieder fallen und sah Lavinia an. »Ein Mann, der eine Frau weit weg in einem kleinen Haus wie diesem versteckt, tut das, weil er eine ganze Menge seiner Zeit in ihrer Gesellschaft verbringen möchte.«
Lavinia verzog das Gesicht. »Wahrscheinlich viel mehr Zeit, als er in der Gesellschaft seiner eigenen Frau verbringt.«
»Genau.« Tobias warf ihr einen rätselhaften Blick von der Seite zu. »Wenn man bedenkt, dass die meisten Ehen in der höheren Gesellschaftsschicht aus finanziellen und gesellschaftlichen Gründen geschlossen werden, so ist es wohl kaum überraschend, wenn ein Mann feststellt, dass die Beziehung zu seiner Geliebten in vieler Hinsicht wesentlich intimer ist als die, die er mit seiner Frau hat.«
Jetzt endlich begriff Lavinia. Sie wirbelte herum und runzelte die Stirn. »Glaubst du wirklich, dass Neville, wenn er seiner Geliebten überdrüssig wird, sie umbringt, weil er fürchtet, dass sie zu viel über ihn wissen? Was für Geheimnisse hat er denn, die ihn dazu bringen, drei Frauen umzubringen, nur um sich ihres Schweigens zu
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