Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
ich eine Schachpartie gewonnen.«
»Was für eine Schurkerei!«
»Er schrieb auch, dass ich ein würdiger Gegner sei. Die letzte Zeile lautete: >Das Jagdfieber ist es, das ich am meisten vermissen werde.«<
»Ein richtiges Ungeheuer.«
»Ich muss gestehen«, sagte Tobias leise, »dass ich seine Jagdleidenschaft zuweilen nur allzu gut verstehen kann.«
»Tobias!«
»Wenn ich auf eine Fährte stoße, überkommt mich ein ganz starkes Gefühl. Dieses Geschäft bringt unleugbar eine gewisse dunkle Erregung mit sich.« Er sah sie über die Kerze hinweg an. Im Licht der flackernden Flamme glühten seine Augen wie die eines großen Nachttieres. »Eiland sagte einmal, er und ich hätten seiner Meinung nach sehr viel gemeinsam. Er könnte Recht gehabt haben.«
»Hör sofort auf, Tobias.« Sie drückte heftig seinen Arm. »Wage ja nicht anzudeuten, dass du und Eiland euch nur annähernd ähnlich seid. Die Jagd befriedigend zu finden ist eines, aber etwas ganz anderes ist es, dem Tod etwas abzugewinnen. Wir beide wissen, dass du das nie könntest.«
»Nachts frage ich mich manchmal, ob der Unterschied zwischen Eiland und mir nur ein gradueller ist.«
»Verdammt, Tobias, ich dulde dieses dumme Gerede nicht. Hast du mich verstanden ... Sir?«
Er lächelte humorlos. »Ja, Mrs Lake, habe ich.«
»Ich bin deinem alten Bekannten zwar nie begegnet, doch kann ich dir versichern, dass du und Zachary Eiland euch unterscheidet wie Tag und Nacht.«
»Bist du dir da ganz sicher, Lavinia?«, fragte er sie viel zu leise.
»Ich bin hundertprozentig sicher. Wie du weißt, ist meine Intuition sehr ausgeprägt.« Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt. »Du bist kein Mörder, Tobias March.«
Tobias sagte kein Wort, sein Blick aber war beunruhigend starr. Zu spät fiel ihr ihr letzter Fall ein, jener, den sie in ihrem Tagebuch »Affäre des irren Hypnotiseurs« genannt hatte.
Sie räusperte sich. »Ja, es mag im Laufe der Jahre einen oder zwei unglückliche Zwischenfälle gegeben haben, doch waren es Unfälle.«
»Unfälle«, wiederholte Tobias neutral.
»Nein, keine Unfälle«, berichtigte sie sich sofort. »Verzweiflungstaten, die großen Mut erforderten und unumgänglich waren, um Leben wie meines zu retten. Ganz sicher keine kaltblütigen Morde. Das ist ein gewaltiger Unterschied, Tobias.« Sie atmete tief durch. »So, und jetzt genug von diesem Thema. Sag mir lieber, was Aspasia Gray mit der Affäre zu tun hat.«
»Aspasia?« Er furchte die Stirn. »Sagte ich das nicht?«
»Nein.«
»Sie war Zacharys Geliebte.«
»Eilands Geliebte? Ich verstehe. Das erklärt wohl einiges.«
»Sie begegneten einander im Frühling vor Waterloo. Aspasia entbrannte in glühender Leidenschaft für Eiland und er schien ihr ebenso verfallen. Sie dachten an Heirat. Als Zachary in jenem Sommer wieder als Spion tätig wurde, nutzte er Aspasias gesellschaftliche Kontakte, um sich Zutritt zu gewissen einflussreichen Leuten zu verschaffen. Wir nehmen an, dass er diese Beziehungen nicht nur brauchte, um sich Nachrichten zu verschaffen, er gewann auf diese Weise auch private Klienten.«
»Du lieber Himmel!«
»Eines Abends entdeckte Aspasia, wie Eiland sich tatsächlich sein Geld verdiente, und flüchtete voller Entsetzen vor ihm. Ich fragte mich oft, ob der wirkliche Grund, dass er sich die Kugel gab, nicht seine Entlarvung durch mich war, sondern der Verlust der Frau, die er liebte.«
»Mir fällt es ziemlich schwer zu glauben, dass ein Mörder über so viel romantische Empfindsamkeit verfügt«, murmelte Lavinia.
»Merkwürdig ist freilich, dass Eiland auf seine Weise sowohl dramatische als auch romantische Züge besaß. Er erinnerte mich an einen Maler oder Dichter, der nach Erfahrungen lechzt, die ihn die höchsten Gipfel an Gefühl und Empfindung erreichen lassen.«
»Ohne Rücksicht auf den Preis, den er bezahlen muss?«
»Für Eiland zählte das alles nicht. Er lebte nur für den nächsten Moment höchster Erregung.«
»Was machte Aspasia, als sie erfuhr, dass er sich das Leben genommen hatte?«
»Sie war völlig am Ende. Es war das einzige Mal, dass ich sie in einem solchen Zustand sah. Eiland war der einzige Mann, den sie jemals echt geliebt hatte. Sie war untröstlich. Es war nicht nur die Tatsache, dass er sich das Leben nahm, die sie so tief traf.«
»Sondern der Umstand, dass sie ihn geliebt hatte und sein wahres Wesen nicht durchschaute?«
»Ja. Als erfahrene Frau von Welt hielt Aspasia sich für zu intelligent und
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