Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
waren ihre Nachforschungen vergeblich geblieben, und sie hatte eigentlich schon jede Hoffnung aufgegeben, dass ihnen heute mehr Glück beschieden sein würde.
Sie schaute sich in den Geschäftsräumen von Cork & Todd mit dem mittlerweile vertrauten Anflug von Unbehagen um.
Im Inneren sah es aus wie bei den anderen Perückenmachern, die sie und Tobias befragt hatten. Es lag daher nicht an diesem speziellen Laden, dass der Anblick der Reihen von Schaubüsten mit falschem Haar sie irritierte, weil die Modelle sie an abgeschnittene Köpfe erinnerten.
Die meisten Wachsbüsten bei Cork & Todd waren weiblich, doch gab es auch eine stattliche Anzahl von Männerköpfen mit eigens für Gentlemen entworfenen Perücken.
Hinter dem Ladentisch war niemand, doch aus dem Hinterzimmer war ein munteres Rascheln zu hören.
»Bin gleich zu Diensten.«
Tobias holte das zerrissene Stück Papier aus der Tasche und kontrollierte es mit grimmiger Aufmerksamkeit. »Nach diesem hier nur noch drei Läden, dann sind wir fertig. Gebracht hat es uns nichts. Fast drei Tage wurden damit vertrödelt, um herauszufinden, wer dem Mörder die blonde Perücke verkaufte. Und wir haben nichts vorzuweisen.«
»Vielleicht hatten Anthony und Emeline mehr Glück mit den Antiquitätenhändlern«, tröstete Lavinia.
Sie trat an einen der Ladentische, um eine kunstvolle Perücke näher zu betrachten.
»Vergiss nicht den ersten Perückenmacher, bei dem wir es heute versuchten, jener mit der Ankündigung im Fenster, dass der Laden den ganzen Monat über geschlossen ist. Was gedenkst du in diesem Fall zu tun?«
»Den erledige ich abends.«
Sie fuhr herum. »Du willst das Schloss öffnen?«
Er zuckte wortlos mit den Schultern.
Erregung erfasste sie. »Ich komme mit.«
»Ausgeschlossen.«
Seine mit Festigkeit geäußerten Worte klangen irgendwie automatisch, fast resigniert. Als wäre es reine Formsache.
Diese Partie ging an sie.
»Es wäre eine ausgezeichnete Möglichkeit, dich bei der Arbeit zu beobachten. Erst unlängst dachte ich mir, dass ich meine Einbruchsfertigkeiten schulen müsste. Du warst äußerst lax, was Demonstrationen betrifft.«
»Nicht lax. Vorsichtig.«
»Unsinn. Ich finde mich nicht damit ab, dass du mich daran hinderst, in sämtliche Geheimnisse unseres Berufes einzudringen. Vergiss nicht, dass wir Partner sind. Du musst dich zugänglicher zeigen.«
Sie sprach nicht weiter, als die Vorhänge, die den Eingang hinter dem Ladentisch verdeckten, geteilt wurden. Ein behäbiger Mann mittleren Alters in geblümter Seidenweste und dunkelbrauner Jacke, um den Hals eine extravagant geknüpfte Krawatte, trat hervor. Für einen Mann seines Alters ist sein Haar aber verdächtig dunkel, dachte Lavinia. In dem Gelock, das seinen Kopf üppig umgab, war keine Spur Grau zu entdecken.
»Ach, Sir, Madam.« Er strahlte sie durch eine goldgeränderte Brille an. »Willkommen, willkommen, willkommen in meinem Laden. J. P. Cork zu Ihren Diensten.« Als er seine Aufmerksamkeit Lavinia zuwandte, riss er erschrocken die Augen auf, um sie sodann mitleidig zusammenzukneifen. »Madam, bei mir sind Sie an den Richtigen geraten. Ich kann Sie aus Ihrer traurigen Lage befreien.«
»Nicht möglich«, murmelte Lavinia. Sie schenkte dem Ärger, der Tobias Augen verdunkelte, keine Beachtung.
Es war nicht das erste Mal im Verlauf der letzten zwei Tage, dass man sie so herzlich begrüßte. Jeder der befragten Perückenmacher hatte auf ihre rote Mähne mit Entsetzen reagiert und geschworen, sie vor dem zu bewahren, was dieser Berufsst a nd offenbar als ein Los schlimmer als der Tod ansah.
»Keine Angst, Madam.« Cork kam geschäftig hinter dem Ladentisch hervor und erfasste Lavinias behandschuhte Hände mit zwei gepolsterten Handflächen. »Wenn Sie heute dieses Geschäft verlassen, werden Sie eine neue Frau sein.«
»Das wäre sicher eine interessante Erfahrung«, sagte sie. »Aber leider sind mein Begleiter und ich nicht gekommen, um eine Perücke zu kaufen.«
Der Inhaber schnalzte mitfühlend mit der Zunge und schüttelte ernst den Kopf. »Wäre Ihre natürliche Haarfarbe braun oder schwarz, würden Toupet oder Chignon genügen, aber Ihr unglückliches Rot verlangt eine Ganzperücke. Nichts anderes vermag das eigene Haar komplett zu verdecken.«
Tobias rührte sich ein wenig, gerade so, dass er die Aufmerksamkeit des Perückenmachers auf sich lenkte. »Cork, mein Name ist March, ich möchte Ihnen ein paar Fragen über Ihre Perücken stellen.«
»Ich
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