LaVyrle Spencer
teilgenommen
hatte, mußte er verneinen.
Catherine und Clay Forresters Kind
wurde eine halbe Stunde später geboren, und Catherine wußte – ehe sie erschöpft
in einen erholsamen Schlaf glitt –, daß es ein Mädchen war.
Catherine öffnete die Augen und sah Clay in
einem Stuhl neben dem Bett sitzen. Er hatte den Kopf in eine Hand gestützt und döste vor sich hin.
Sein Haar war zerzaust, und er hatte sich nicht rasiert. Er sieht fantastisch
aus, dachte sie, vom Schlaf noch leicht benebelt – und ich liebe ihn noch
immer.
»Clay?«
flüsterte sie seinen Namen.
Er riß die Augen auf und beugte sich
sofort über sie. »Cat«, sagte er sanft, »du bist wach.«
Ihre Lider senkten sich. »Kaum. Ich
habe wieder etwas verkehrt gemacht, nicht wahr, Clay?« Sie spürte, wie er ihre
Hand nahm und sie gegen seine Lippen preßte.
»Du meinst,
weil es ein Mädchen ist?«
Sie nickte
kaum merklich.
»Das wirst
du nicht denken, wenn du sie erst mal siehst.« Catherine lächelte leicht.
»Clay?«
»Ich bin
bei dir.«
»Danke für
deine Hilfe.«
Sie schlief wieder ein. Ihr Atem
ging schwer und gleichmäßig. Die Ellbogen auf die Knie gestützt, saß er neben
ihrem Bett und hielt ihre Hand. Mit einem tiefen Seufzer legte er seine Stirn
auf ihre Finger und schloß die Augen.
Großmutter Forresters Gehstock kündete von
ihrer unmittelbar bevorstehenden Ankunft. Kaum stand sie in der Tür, sagte
sie: »Junge Dame, ich bin achtundsiebzig Jahre alt. Als nächstes erwarte ich
von dir einen Jungen.« Aber dann humpelte sie zum Bett und küßte ihre
Großenkelin.
Marie platzte fröhlich wie immer
herein und verkündete, daß sie und Joe endlich heiraten würden, sobald er in
ein paar Monaten mit der High-School fertig war. Sie fügte hinzu, daß sie zu diesem
Schritt durch ihre erfolgreiche Ehe mit Clay inspiriert worden seien.
Claiborne und Angela kamen täglich
und niemals mit leeren Händen. Sie brachten Kleider, die so
mit Rüschen besetzt waren, daß sich das Baby darin verlieren würde;
ausgestopfte Puppen, die größer waren als das Baby und eine Spieldose, die
»Edelweiß« spielte. Beide waren in Melissa vernarrt, doch Claibornes Zuneigung
war direkt rührend. Er konnte sich kaum von seiner Enkelin trennen und machte
ihr leise Versprechen wie: »Wenn du alt genug bist, um ein Dreirad zu fahren,
schenkt dir Opa das größte, das es in der Stadt gibt.« Oder: »Wartet nur, bis
sie laufen kann ...« Oder: »Du und Clay, ihr müßt bald mal ein Wochenende
allein verbringen. Dann könnt ihr Melissa bei uns lassen.«
Auch Bobbi kam. Sie stand vor dem
Fenster zum Kinderzimmer, hatte ihre Daumen in die Gesäßtaschen ihrer Jeans
gehakt und murmelte gerührt: »Sieht sie nicht süß aus? Und wenn ich bedenke,
daß ich daran beteiligt war ...«
Ada kam regelmäßig zu Besuch und
versprach, nach Catherines Rückkehr in ihre Wohnung, ein paar Tage bei ihr zu
bleiben. Herb war verschwunden.
Steve schickte ein riesiges Bukett
rosa Nelken und ein Glückwunschtelegramm.
Und natürlich war Clay immer da.
Zu jeder Tageszeit tauchte er vor Catherines
Bett auf, stand da und wußte nichts zu sagen. Clay, der die Rolle des liebenden
Vaters spielte, wenn andere anwesend waren. Der herzhaft lachte, wenn jemand
von den Schwierigkeiten mit heranwachsenden Töchtern sprach. Der sich gemeinsam
mit Catherine über die Flut von Geschenken freute. Der aber lange allein vor
dem Fenster zum Kinderzimmer stand und vergeblich versuchte, den Kloß
hinunterzuschlucken, der in seiner Kehle steckte.
Ada kam wie versprochen und half Catherine
drei Tage lang nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus. Während dieser Zeit schlief Ada auf der Couch im
Wohnzimmer. Für Clay war es die Hölle, neben Catherine liegen zu müssen. Während
der Nacht hörte er die leisen schmatzenden Geräusche, wenn Catherine Melissa
stillte, und wünschte sich sehnlichst, das Licht anzuknipsen und sie dabei
beobachten zu dürfen. Aber er wußte, daß es Catherine stören würde, also blieb
er still liegen und gab vor zu schlafen. Wie überrascht er gewesen war, als
Catherine angefangen hatte, das Kind zu stillen! Zunächst dachte er, es
geschähe nur aus reinem Pflichtgefühl, doch mit jedem Tag, der verging, mußte
er feststellen, daß alles, was Catherine für Melissa tat, aus tiefer
Mutterliebe heraus geschah.
Catherine begann sich zu verändern.
Manchmal überraschte er sie dabei,
wie sie ihr Gesicht an Melissas kleinen Körper preßte und leise, zärtliche
Worte
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