LaVyrle Spencer
eingewickelt. Sie kann sehr gut mit Worten umgehen, aber
hat sie wirklich gesagt, daß ich mit ihr geschlafen habe, oder hat sie es nur
angedeutet?«
»Du hast es ihr erzählt!« wütete
Catherine weiter. »Du hast ihr erzählt, daß ich dich aus deinem Bett vertrieben
habe, dabei hast du es vorgezogen, auf der Couch zu schlafen. Du hattest kein
Recht, ihr die intimsten Dinge über unsere Ehe zu erzählen!«
»Ich habe ihr nur erzählt, daß wir
Probleme haben. Den Rest hat sie wohl erraten.«
»Wozu nicht viel Scharfsinn gehört,
nicht wahr? Nicht, wenn ein Mann mit einer anderen Frau schläft, während die
eigene im Krankenhaus liegt.«
Clay fuhr sich mit der Hand durchs
Haar und fluchte finster: »Verdammte Jill!« Dann streckte er bittend die Hand
aus. »Catherine, es ist nicht wahr. Ich habe sie am zweiten Abend, als du im
Krankenhaus warst, gesehen. Als ich nach Hause kam, wartete sie im Auto und
folgte mir ins Haus.«
»Sie war hier?« Catherines
Stimme steigerte sich zu einem schrillen Kreischen. »Hier, in meinem Haus?«
»Ja. Sie sagte, sie müsse mit mir
sprechen. Sonst haben wir nichts getan.«
Aber Catherine war es müde, weiter
mit ihm zu diskutieren. »Wenn du gehen willst, dann geh. Wenn nicht, dann packe
ich. Wofür entscheidest du dich?«
Während sie auf Clays Antwort
wartete, mahnte eine leise Stimme in Catherines Herz: »Warum tust du ihm das
an? Warum behandelst du ihn so, wenn du ihn liebst? Warum kannst du ihm nicht
verzeihen? Warum kannst du ihm nicht entgegenkommen und ihn bitten, gemeinsam
mit dir neu anzufangen? Ist das Leid, das du auf seinem Gesicht siehst? Wenn du
dich nicht überwindest und ihn fragst, wird er gehen, und du wirst die Wahrheit
nie erfahren.« Sie stand vor ihm, sehnte sich danach, von ihm
geliebt zu werden, konnte aber in ihrer übergroßen Liebe zu ihm den Gedanken
nicht ertragen, von ihm eines Tages verlassen zu werden.
»Mein Anwalt wird dir die
Scheidungspapiere zuschicken«, war alles, was er sagte. Dann holte er seine
Koffer aus dem Schrank.
Catherine versteckte sich in der
Küche, während Clay packte und die Koffer ins Auto trug. Um die aufsteigende
Übelkeit zu unterdrücken, preßte sie ihren Magen fest gegen die Kante der
Theke. Sie hörte, wie Clay ein letztes Mal zu Melissa hineinging. Sie sah ihn
vor sich, wie er sich über das Kinderbettchen beugte, und kam sich herzlos und
grausam vor. Sie schluckte die Tränen hinunter und preßte sich so fest gegen
die Theke, daß ihre Hüftknochen schmerzten.
Er kam zur Küchentür und sagte: »Im
Auto haben nicht alle meine Sachen Platz. Ich muß den Rest ein andermal holen.«
Mit dem Rücken zu ihm nickte sie nur.
»Auf Wiedersehen, Catherine«, sagte
er sanft.
Sie hob die Hand und hoffte, daß er
nicht merkte, wie schwer es ihr fiel, die Tränen zurückzuhalten.
Gleich darauf fiel die Haustür
hinter ihm ins Schloß.
Er brauchte zwei Tage, um alle seine
Sachen zu holen. Zwei Tage später erhielt sie die Scheidungspapiere. Nach einer
Woche rief Angela an, die offensichtlich sehr betrübt über ihre Trennung war.
Catherine brauchte eineinhalb Wochen, ehe sie den Mut aufbrachte, Ada zu
besuchen und es ihr zu erzählen.
Aber es dauerte weniger als eine
halbe Stunde, da vermißte Catherine ihn bereits.
Die Tage, die folgten, waren die
schlimmsten in Catherines Leben. Voller Schuldgefühle wanderte sie oft
stundenlang durchs Haus, das mehr ihm als ihr gehörte. Sosehr sie einmal Angst gehabt hatte, es zu verlassen,
so sehr fürchtete sie sich jetzt davor zu bleiben. Überall spürte sie Clays
Gegenwart, hörte seine Stimme und wurde auf Schritt und Tritt an seine
Abwesenheit erinnert. Sie dachte daran, wieviel Spaß sie gehabt hatten,
miteinander einzukaufen und die Mahlzeiten in der perfekt eingerichteten Küche
zuzubereiten. Sie hatte keine Lust mehr zum Kochen. Wenn sie morgens ihre Tasse
Kaffee trank, sah sie Clay dasitzen und Zeitung lesen. Wie oft hatte er mit
irgendeiner witzigen Bemerkung versucht, sie aus ihrer Morgenmuffeligkeit zu
holen. Sie mußte sich eingestehen, daß es sehr schwierig gewesen sein mußte,
mit ihr auszukommen, und konnte im nachhinein nur Clays Geduld und
Freundlichkeit bewundern, mit der er ihre morgendliche schlechte Laune
ertragen hatte.
Ada die Neuigkeit überbringen zu
müssen war für Catherine eine Qual. Ihre Mutter sank in sich zusammen, als wäre
sie geschlagen worden.
»Mom, bitte nimm's nicht so schwer.
Es ist nicht das Ende der Welt.«
»Aber, Cathy, warum
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