LaVyrle Spencer
gewesen waren: Geduld,
Freundlichkeit, Zärtlichkeit, Fröhlichkeit und mütterliche Fürsorge.
Sie taten alles gemeinsam: nahmen
Sonnenbäder auf der Terrasse, schwammen im Pool, duschten – wobei Melissa zum
erstenmal laut lachte – aßen Babynahrung aus der Flasche – einen Löffel für
Melissa, einen Löffel für Mammi –, besuchten Ada, gingen einkaufen und meldeten
Catherine fürs folgende Semester an. Aber Catherine beging nicht den Fehler,
Melissa nachts zu sich ins Bett zu nehmen, wie tröstlich ihre Gegenwart auch
gewesen wäre. Melissa schlief in ihrem Bettchen, während Catherine allein in
dem riesengroßen Bett schlief und an die wenigen Nächte dachte, die Clay neben
ihr gelegen hatte. Sie fragte sich oft, ob er bei ihr geblieben wäre, wenn sie
mit ihm geschlafen hätte. Catherine konnte sich jetzt freimütig ihre Fehler
eingestehen, denn diese Selbsterkenntis half ihr dabei, sich und Clay besser zu
verstehen. Und durch Melissa lernte sie, daß es befriedigender ist, Wärme und
Liebe zu geben, anstatt kalt und abweisend zu sein.
Sie erfuhr auch, wie reich man
beschenkt wurde, wenn man Liebe gab.
Ende August kam Steve nach Hause. Als er
erfuhr, daß sich Catherine und Clay scheiden lassen würden, machte er seiner
Schwester bittere Vorwürfe, weil sie nicht versucht hatte, diesen Mann zu
halten, der alles für sie getan hatte.
»Ich kenne dich, Cathy. Ich weiß,
wie verdammt halsstarrig du sein kannst und keinen Millimeter nachgibst, wenn
du einmal eine Entscheidung getroffen hast. Du brauchst mir nicht zu sagen, daß du Clay nicht
geliebt hast, weil ich dir das nicht abnehme. Ich möchte nur wissen, warum du
dich hinter deinem verletzten Stolz verschanzt und nicht um ihn gekämpft
hast.«
Er war der einzige, der die wahren
Gründe für Catherines Streitsucht und Eigensinnigkeit kannte – diese Mühlensteine,
an denen Clay gescheitert war. Steve war der erste, der es aussprach und ihr
Vorwürfe machte, und Catherine gab ihm zu seiner Überraschung recht. Steve
mußte sich eingestehen, daß Catherine sich seit ihrer Ehe sehr verändert hatte
und endlich erwachsen geworden war.
Im September nahm Catherine ihr
Studium an der Universität wieder auf und ließ Melissa tagsüber in der Obhut
eines Babysitters. Catherine mußte mit Clay wegen der Collegegebühren
Verbindung aufnehmen. Er fragte, ob er ihr den Scheck bringen und gleichzeitig
Melissa besuchen dürfe.
In dem Augenblick, als Catherine Clay die Tür
öffnete, erkannte er, daß sie sich verändert hatte. Mit ungewohnter Offenheit
lächelte sie ihn an. Melissa auf ihrem Arm sah ihn neugierig an.
»Hallo, Clay, komm rein.«
Überrascht rief er aus:
»Allmächtiger, ist sie groß geworden!«
Catherine lachte, drückte einen
schmatzenden Kuß auf Melissas Kinn und ging ihm voran ins Wohnzimmer. »Sie hat
viele Speckröllchen, die man liebkosen kann, nicht wahr, Lissy?« Dann fügte sie
hinzu: »Im Augenblick hat sie ihre schüchterne Phase, also wird es eine Weile
dauern, bis sie zutraulich wird.«
Während Clay Catherine folgte,
betrachtete er ihre schlanke Gestalt. Sie war wieder schmal und zierlich, und
als sie sich zu ihm umdrehte, bemerkte er, wie sonnengebräunt ihr Gesicht war.
»Setzt euch, ihr zwei, und freundet
euch an, während ich etwas zu trinken hole.«
Sie setzte Melissa in eine
Babyschaukel, die mitten im Zimmer stand, und verschwand in der Küche. Melissa
spürte sofort, daß sie mit einem Fremden allein gelassen worden war, und verzog
schmollend den Mund.
»Hast du ihr nicht erzählt, daß ich
komme und sie sich von ihrer besten Seite zeigen soll?« rief Clay.
»Doch. Ich sagte ihr, du seist der
Mann, der unsere Rechnungen bezahlt und daß sie lieb zu dir sein müße.«
Melissa begann zu quengeln, wurde
aber sofort wieder still, als Catherine zurückkam. Sie gab Clay ein Glas mit
Cola und setzte sich neben Melissa auf den Boden.
»Oh, ehe ich es vergesse – hier.«
Clay zog einen Scheck aus der Tasche und reichte ihn Catherine.
»Danke. Es
war mir peinlich, dich darum zu bitten.«
»Du hast ihn verdient«, sagte er
gedankenlos. Aber Catherine schien daran keinen Anstoß zu nehmen, sondern
erzählte ihm von dem jungen Mädchen, das sich in ihrer Abwesenheit um Melissa
kümmerte.
»Darüber mache ich mir keine Sorgen,
Catherine. Ich weiß, daß es Melissa bei dir an nichts mangelt.«
»Sie ist ein liebes Kind, Clay. Sie
hat dein Temperament geerbt.« Dann schüttelte Catherine fröhlich den Kopf. »Was
bin ich
Weitere Kostenlose Bücher