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LaVyrle Spencer

LaVyrle Spencer

Titel: LaVyrle Spencer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Getrennt von Tisch und Bett
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unter den Papierstoß zurück. Er stützte seine Ellbogen auf die
Schreibmaschine und preßte die Hände gegen seinen Mund. Mit geschlossenen Augen
versuchte er den Kloß in seiner Kehle hinunterzuschlucken. Wie konnte ein
Vater seine Tochter so behandeln? Wie konnte er diesen Schrei nach Liebe nicht
hören? Seine Gedanken wanderten zu dem Abend zurück, an dem er erfahren hatte,
daß Catherine sein Kind erwartete. Jetzt erst konnte er verstehen, warum sie
sich so starrsinnig geweigert hatte, etwas von ihm anzunehmen. Und jetzt
verstand er auch ihre überzeugende Haltung während der Hochzeit und dem
anschließenden Empfang. Ich zeig's ihnen! Ich zeig's ihnen allen! Plötzlich
empfand er ein neues und erdrückendes Gewicht von Verantwortung, das er bisher
nicht gekannt hatte. Er erinnerte sich an ihre Aversion gegen seine Berührungen,
ihre abwehrende Haltung und erkannte, warum sie diese Barriere um sich herum
aufbauen mußte. Er stellte sich ihr Gesicht in den wenigen Augenblicken vor,
als sie wirklich glücklich gewesen war, verstand die Gründe für ihre abrupten
Stimmungswechsel und warum sie so hart darum kämpfte, unabhängig von ihm zu
bleiben.
    Seine Ellbogen schmerzten. Es wurde
ihm bewußt, daß er lange reglos an ihrem Schreibtisch gesessen hatte. Er
öffnete die Augen und blinzelte in das helle Licht. Schwerfällig stand er auf,
knipste die Lampe aus, ging ins Schlafzimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen.
Dort lag er und wartete auf ihre Rückkehr.
    Clay hörte sie hereinkommen, setzte sich auf und fragte sich,
wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Ein seltsames Gefühl, denn jetzt galt seine
Fürsorge ausschließlich ihr und nicht mehr ihm. Als er ins Wohnzimmer trat, saß
sie noch im Mantel auf der Couch. Ihr Kopf ruhte mit geschlossenen Augen an der
Rücklehne.
    »Hallo«,
sagte er und blieb in der Tür stehen.
    »Hallo«,
antwortete sie, ohne die Augen zu öffnen.
    »Ist etwas passiert?« Ihr Haar war
vom Wind zerzaust. Sie hüllte sich fest in ihren Mantel und preßte ihr Kinn in
den Kragen.
    »Das Baby
ist gestorben.«
    Wortlos durchquerte er das Zimmer,
setzte sich neben sie auf die Couch und legte seine Hand leicht in ihren
Nacken.
    Schweigend duldete sie die
Berührung, unterdrückte jedoch den Kummer und die Angst, die in ihr brodelten.
Sanft streichelten seine Finger ihren Hals. Es war eine Geste der wortlosen
Kommunikation mit ihr. Sie schluckte krampfhaft. Er wünschte sich verzweifelt,
vor ihr niederzuknien, seinen Kopf in ihren Schoß zu legen und sein Gesicht
gegen ihren Leib zu drücken. Statt dessen flüsterte er nur: »Das tut mir leid.«
    »Sie sagten, die Lungen wären
unterentwickelt gewesen, und bei einer Frühgeburt besteht immer die Gefahr ...«
Der Satz blieb unbeendet. Ihre Augen weiteten
sich, sie starrte gebannt zur Decke, aber kein Schluchzen
linderte ihr stummes Leid. Er umfaßte ihren Nacken mit sanftem Druck, eine
Einladung, ihren Kummer mit ihm zu teilen. Er
spürte, wie sehr sie Halt und Trost brauchte, aber sie überwand ihre Schwäche,
sprang auf und riß sich wütend den Mantel vom Körper.
    Er trat hinter sie, umfaßte ihre
Oberarme und erwartete, daß sie sich von ihm losreißen würde. Aber sie tat es
nicht. Ihr Kopf fiel nach vorn, als hätte sie plötzlich nicht mehr die Kraft,
ihn hochzuhalten.
    »Es bedeutet nicht, daß unser Kind
in Gefahr ist«, versicherte er ihr. »Reg dich nicht auf, Catherine.«
    Jetzt riß sie sich los und drehte
sich zu ihm um. »Ich soll mich nicht aufregen? Wofür hältst du mich eigentlich?
Wie kann ich ruhig bleiben, wenn ich eben
Grover gesehen habe, die um ein ungewolltes Kind weinte! Weißt
du überhaupt, wie sie schwanger wurde? Nun, dann will ich es dir erzählen. Ein Junge von der High-School hat sie
verführt, weil er eine Wette abgeschlossen hatte, daß er
sie rumkriegen würde. So passierte es! Und sie dachte, sie hasse das Ding, das
in ihr wuchs, und jetzt weint sie darum,
als wolle sie selbst sterben. Da sagst du, ich soll mich nicht aufregen. Ich
verstehe einfach nicht, wie die Welt so schlecht sein kann!«
    Ehe sie wieder vor ihm davonlaufen
und ihr Leid hinter einer Maske aus Zorn verbergen konnte, legte er schnell die
Arme um sie und
drückte sie fest an sich. Er drückte ihren Kopf gegen seinen Hals, bis ihr Zittern
aufhörte und sie endlich nachgab. Sie legte ihre Arme um ihn und grub ihre
Fingernägel in seinen Sweater. Dann
trommelte sie voller Verzweiflung mit ihren Fäusten auf seinen Rücken,

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