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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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musterte den Mann von oben bis unten, bis sein Blick an den übergroßen Schuhen mit den schweren Absätzen hängenblieb. »Ziehen Sie die Schuhe aus«, befahl er auf deutsch.
    Gusew bückte sich sehr langsam. Seine rechte Hand begann, den rechten Schuh auszuziehen, dann riß er mit einer blitzschnellen Bewegung den Absatz herum und zog die kleine Bayard-9-Millimeter-Automatic aus dem präparierten Absatz und wirbelte mit einer Drehung herum, der man mit den Augen kaum folgen konnte. Zwei Schüsse ertönten, und Gusew taumelte auf das Drahtgitter zu, an dem sich seine Hände festkrallten. Springer sah ihn an. Den Browning, mit der er die beiden Schüsse abgegeben hatte, hielt er noch in der Hand. Und in seinem abgedunkelten Abteil betrachtete Hackmann den makabren Anblick seines Killers Gusew, der ihn direkt anzustarren schien. Die Hände Gusews klammerten sich noch immer am Drahtgitter fest, als er langsam auf den Betonfußboden sank und zusammenbrach.
    Der ›Käfig‹ wurde sofort geöffnet, um die übrigen Reisenden auf den Bahnsteig zu lassen. Rudi Bühler stieg ein, ohne behelligt zu werden. In seinem Abteil saß Scharpinsky in der Gestalt Waldo Hackmanns und dachte voller Bestürzung nach. Er hatte so sehr darauf gebaut, daß Gusew einen Weg finden würde, um sich Zugang zu dem letzten Schlafwagen zu verschaffen und Marenkow zu töten. Jetzt blieb ihm nur noch Rudi Bühler, und der war alles andere als ein ausgebildeter Killer. Und Nicos Leonides, den er vorhin zum erstenmal gesehen hatte – denn er hatte gewußt, in welchem Fenster des Wagens er zu suchen habe, als er mit seinem Gepäckkarren an dem Expreß entlanggegangen war –, besaß nicht mehr das Vertrauen des KGB-Obersten. Wäre Leonides zuverlässig, hätte er seinen Auftrag schon längst erledigt.
    Als der Expreß aus dem Baseler Bundesbahnhof hinausrollte und auf den Badischen Bahnhof zufuhr, traf Scharpinsky eine Entscheidung. Jetzt gab es nur noch eine mögliche Lösung: Die Geiger-Gruppe mußte den gesamten Atlantik-Expreß zerstören und mit ihm Marenkow.

24. Deutschland, Amsterdam, Den Haag
     
     
     
    »Mein Gott, sieh dir das an – Crufts Hundeschau!«
    Elsa stand neben Matt Leroy und starrte verblüfft die Szene auf dem schneebedeckten Bahnsteig an, als der Zug in Basel, Badischer Bahnhof, hielt. Auf dem Bahnsteig standen vierzig Schäferhunde, jeder mit einem Hundeführer. Die Tiere zerrten an den Leinen, als könnten sie es nicht erwarten, in den Zug zu kommen.
    »Ich kapiere das nicht«, erwiderte Matt Leroy, als die Türen der drei Schlafwagen aufgingen und die Tiere in den Zug sprangen. Hauptmann Franz Wander vom Bundesnachrichtendienst, ein breitschultriger Mann mit einem lächelnden Gesicht, dessen Englisch einen leichten Cambridge-Akzent hatte, erklärte Julian Haller und Wargrave seine Taktik. Im Nachbarabteil bewachte Elsa Marenkow.
    »Es ist gerade Mitternacht vorbei. Bei der Fahrt durch die Bundesrepublik wird es meist überwiegend dunkel sein – und das bedeutet, daß die Leute kaum einen Grund haben werden, durch den Zug zu laufen. Durchschnittlich drei Hunde könnten pro Wagen eingesetzt werden, um im Gang aufzupassen. Das wird die Reisenden in den Abteilen halten. Ich wünsche eine totale Kontrolle aller Fahrgäste, bis Sie die holländische Grenze erreicht haben.«
    »Sie könnten ein paar Beschwerden kriegen«, bemerkte Haller mit einem trockenen Lächeln.
    »Mit Beschwerden werde ich schon fertig.« Trotz seiner massigen Figur wirkte Wander recht elegant in seinem grauen Tagesanzug. Er grinste breit. »Wir werden den Leuten erzählen, es habe eine Bombendrohung gegeben – und daß die Hunde hier sind, um den eventuell versteckten Sprengstoff aufzuspüren.« Er sah Wargrave an. »Irgendwelche Einwände, Harry?«
    »Keine.« Wargrave breitete die Hände aus. »Das nenne ich brillant. Wir könnten nachts vielleicht sogar mal wieder schlafen…«
    »Einige Leute in den normalen Waggons werden vielleicht den Waschraum aufsuchen wollen«, bemerkte Haller.
    »Wir werden ihnen ein prachtvolles Geleit geben, hin und zurück – mit je einem Hund…«
     
     
    In der Öffentlichkeit ist noch immer nicht allgemein bekannt, daß die meisten Terrororganisationen, die im Westen arbeiten, vom KGB oder vom GRU finanziert – und oft genug auch bewaffnet werden; mögen die Verbindungen auch noch so indirekt sein. Die Kontakte laufen häufig über Ost-Berlin.
    Für die Sowjetunion zahlt sich diese Politik in hohen Dividenden aus.

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